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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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bleicher, als er voll Entsetzen den Zug der Priester betrachtete, welche ihre Gesänge unterbrachen und teils mit abweisender Strenge, teils mit Neid auf das gottverlassene Volk blickten, welches zu seiner Belustigung lief.
    Der Torero machte sich mit seinen Gefährten bereit, das Barett abzunehmen. Nur der »Nacional« tat nichts dergleichen. »Zum Teufel,« rief Gallardo, »herunter mit der Mütze, du Ketzer!« Und er schaute ihn wütend an, als wollte er ihn prügeln, im unklaren Gefühl, daß diese Auflehnung für ihn die schwersten Folgen haben könne. Sie mußten lange Zeit stehen bleiben, um den Leichenzug vorbeizulassen. »Schlechte Vorbedeutung«, murmelte Gallardo mit vor Zorn zitternder Stimme. »Das fehlte uns noch, einem Leichenzug vor dem Stierkampf zu begegnen. Ich sagte ja schon, heute wird es etwas abgeben«. Der Andere lächelte und zuckte mit den Schultern: »Aberglauben und dummes Gerede. Gott und die Natur kümmern sich nicht um solche Dinge«.Diese Worte, welche Gallardo noch mehr in Zorn setzten, weckten die anderen Toreros aus ihren Gedanken und sie fingen an, sich über ihren Nachbarn lustig zu machen, was immer geschah, wenn er seine beliebte Phrase »Gott und die Natur« hören ließ.
    Als der Zug vorüber war, griffen die Maultiere tüchtig aus und der Wagen rollte schnell zwischen den anderen Fuhrwerken dahin. Beim Zirkus angelangt, wendete er sich nach links zur Pforte, durch welche man zu den Ställen und Gehegen gelangte. Hier erhielt Gallardo eine neue Ovation, als er mit seinen Banderillos vom Wagen stieg. Mit Händen und Ellbogen suchte er die Berührung mit den mehr oder weniger reinlichen Zuschauern abzuwehren. Er grüßte mit einem Lächeln und versteckte seine rechte Hand, welche alle fassen wollten. »Laßt mich durch, Caballeros. Danke sehr!«
    Der weite Platz zwischen den Tribünen und den Stallgebäuden des Zirkus war von dem Publikum erfüllt, welches sich vor Beginn des Kampfes die Stiere anschauen wollte. Über den Köpfen der Menge tauchten die Picadores (Lanzenstecher) und die Alguacilen (Polizisten) in ihrer altmodischen Tracht des XVII. Jahrhunderts auf. Auf der einen Seite des Platzes erhoben sich einstöckige Gebäude aus Ziegeln mit Weinranken über den Türen und Blumentöpfen in den Fenstern. Es waren Büros und Werkstätten, worin die Stallburschen, Zimmerleute und das übrige Gesinde des Zirkus hauste.
    Der Stierkämpfer bahnte sich mühsam einen Weg durch die vielen Leute. Sein Name ging von Mund zu Mund, begleitet von allen möglichen Ausrufen der Begeisterung.Er aber ging zufrieden und voll Selbstbewußtsein weiter, als ob er ein ihm zu Ehren veranstaltetes Fest beehren würde.
    Zwei Arme legten sich um seinen Hals und gleichzeitig verspürte er einen starken Weingeruch. Es war ein gut gekleideter Mann, offensichtlich ein Bürger, der mit seinem Freunde gefrühstückt hatte und welcher nun sein Haupt an die Schulter des Stierkämpfers lehnte. Er blieb in dieser Stellung als wollte er vor lauter Begeisterung an der Brust des berühmten Mannes einschlafen. Die Freunde Gallardos machten dieser endlosen Umarmung ein Ende, worauf der Betrunkene, der sich so von seinem Idol verdrängt sah, vor Begeisterung in laute Hochrufe auf die Toreros ausbrach.
    Gallardo durchschritt einen großen, weißgetünchten, kahlen Saal, in welchem seine Kollegen unter Gruppen begeisterter Anhänger standen. Er drängte sich durch die Leute, welche die Tür verstellten, und sah sich hierauf in einem kleinen, dunklen Raum, in welchem Lichter brannten. Er stand in der Kapelle. Ein altes Marienbild nahm die Stirnseite des Altars ein, verwelkte Blütenzweige wurden in irdenen Blumentöpfen von den Motten zerfressen.
    Die Kapelle war voll von Andächtigen. Die Freunde der Toreros aus den niedrigeren Volksschichten drängten sich hinein, um hier noch vor dem Kampfe ihre berühmten Männer zu sehen. Sie standen entblößten Hauptes im Dämmerlichte da, einige knieten in den ersten Bänken, andere saßen, doch fast alle blickten zum Gnadenbilde empor. Einige schauten zur Tür, um dann einen Namen zu nennen, wenn ein Lichtstrahl das Dunkel teilte. Die Banderillosund Picadores, arme Teufel, welche so, wie ihre berühmteren Kameraden, ihr Leben aufs Spiel setzten, erhoben bei Gallardos Eintritt kaum ein leises Gemurmel. Da plötzlich summte ein Name von Mund zu Mund: »Fuentes, da ist Fuentes«. Der elegante Torero ging mit seiner fast aristokratischen Schönheit, den Mantel über die Schulter
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