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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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hin, um dich zu überzeugen ... Ach, wenn mein armer Junge lebte! Erinnerst du dich an Pepiyo und an die Nacht, in der er starb?«
    Gallardo legte schnell den Duro in ihre magere Hand und bemühte sich, ihrem Geschwätz zu entfliehen. Verdammte Alte! Sie mußte ihn auch gerade am Tage des Stierkampfes an den Kameraden seiner ersten Jahre, den armen Lechuguero erinnern, den er an den Folgen eines Hornstoßes, der ihm die Brust durchbohrt hatte, auf derPlaza de Lebrija hatte sterben sehen, als sie beide noch Anfänger waren. Verdammte Alte! Er schob sie zur Seite, doch sie wechselte unvermittelt ihr Thema und begann eine Lobrede auf die wackeren Burschen, die Toreros, welche das Geld der Zuschauer und die Herzen der Frauen gewinnen. Die lauten Bemerkungen der Alten und ihre begeisterten Apostrophen verursachten unter den Angestellten des Gasthofes eine allgemeine Heiterkeit und ermutigten dadurch eine Menge Neugieriger und Bittsteller, welche die Gegenwart des Toreros angelockt hatte. Sie stürzten sich alle, Kellner und Angestellte des Hauses beiseite drückend, in das Vestibül, die Straßenjungen mit ihren Zeitungspaketen unter den Armen schwenkten die Mützen und grüßten Gallardo mit einer Begeisterung, in welche sich auch eine gewisse Vertraulichkeit mischte. »Hoch Gallardo, hoch die Stierkämpfer!« Die Kühnsten haschten nach seiner Hand, faßten und schüttelten sie nach allen Richtungen, wobei sie nur den Wunsch hatten, dieses Zusammensein mit dem berühmten Nationalhelden, den sie so oft in den Zeitschriften abgebildet gesehen hatten, so lang als möglich auszudehnen. Sie ermutigten ihre Kameraden, denen sie auch einen Strahl dieses Ruhmes verschaffen wollten. »Gib ihm nur die Hand, er ist nicht böse, sondern sehr freundlich.« Und es fehlte nicht viel, so hätten sie sich in ihrer Begeisterung vor dem Stierkämpfer niedergekniet. Andere Zuschauer, mit struppigem Bart, alten Kleidern, schäbiger Eleganz und zerrissenen Schuhen umringten das Ideal starker Männlichkeit und schwenkten vor ihm ihre schmutzigen Hüte. Dabei sprachen sie leise zu ihm und nannten ihn Don Juan,um sich dadurch von dem zudringlichen Gesindel zu unterscheiden. Einige baten ihn um ein Almosen, andere wieder, die kühner waren, ersuchten mit Rücksicht auf ihre Verehrung für ihn um eine Karte, die sie dann schleunigst verkaufen wollten. Gallardo verteidigte sich lachend vor dieser Lavine, die auf ihn einstürzte, ohne daß es den Angestellten des Hotels, die über eine solche Popularität nicht wenig bestürzt waren, möglich gewesen wäre, ihn zu befreien. Er hielt in seinen Taschen Nachlese, und verteilte blindlings alles, was er fand. »Nun habe ich nichts mehr, die Taschen sind leer. Laßt mich in Ruhe, ihr Schlingel!« Indem er sich über diese Beliebtheit, die ihm schmeichelte, ungehalten stellte, bahnte er sich mühsam einen Weg und eilte die Treppe hinauf, während die Diener nun rücksichtslos die Menge auf die Straße hinausstießen.
    Gallardo ging an dem Zimmer, welches sein Diener Garabato bewohnte, vorüber, und sah durch die offene Tür, wie sein Famulus zwischen Koffern und Schachteln das Kostüm für den Stierkampf vorbereitete. Als er dann allein im Zimmer stand, fühlte er, wie mit einem Schlage die fröhliche Erregung, in welche ihn die Begeisterung der Menge versetzt hatte, schwand. Nun kamen die schwarzen Momente jener Tage, an welchen er den Degen umgürtete, die Ungewißheit der letzten Stunden, ehe er den Zirkus betrat. Stiere aus Miura und das Publikum aus Madrid warteten auf ihn. Die Gefahr, welche er um sich sah, schien ihn zu berauschen, seine Kühnheit zu vergrößern, beim Alleinsein jedoch zu bedrücken, wie etwas Übernatürliches, das schon durch die Ungewißheit Furcht und Schrecken erregt. Er fühlte sich ganzklein, als ob mit einem Schlage die Anstrengung der vergangenen bösen Nacht auf ihn einwirkte. Er empfand das Verlangen, sich auf das Bett zu werfen, doch die Ungewißheit dem gegenüber, was ihn erwartete, verscheuchte sein Schlafbedürfnis. Er ging unruhig durch das Zimmer und zündete sich am Ende der abgerauchten Zigarre eine neue an. Wie würde sich die Saison, die er nun in Madrid eröffnen sollte, für ihn anlassen? Was würden seine Feinde sagen, wie sich seine Konkurrenten verhalten? Er hatte schon viele Stiere aus Miura erlegt, einer war schließlich so wie der andere. Gleichwohl dachte er an die Kameraden, die tot in der Arena geblieben waren, alle ein Opfer der Viehzucht dieses
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