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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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blinden Wut nach der Gestalt stieß, die er vor sich sah.
    Gallardo stand auf und schüttelte sich den Staub ab, während ihm das Publikum mit der Begeisterung der früheren Tage zujubelte. Es feierte nicht nur seine Kühnheit, es applaudierte sich selbst und seiner eigenen Macht, da es fühlte, daß der Torero seine Unerschrockenheit nur deshalb wieder bewiesen hatte, um die Sympathie der Zuschauer aufs neue zu gewinnen und sich mit ihnen zu versöhnen.
    Doch diese günstige Stimmung des Publikums schlug plötzlich um, als der zweite Stier in die Arena kam. Es war ein großes, prächtiges Tier, doch blieb es, verdutzt und eingeschüchtert von dem Lärm der Menge in dem Zirkus, inmitten der Arena stehen, wo es sogar vor dem eigenen Schatten in Unruhe geriet. Einige Stallburschen streckten ihm den roten Mantel entgegen, der Bulle machte einige Sprünge, hielt aber gleich inne und kehrte wieder um. Seine Furchtsamkeit erregte den Zorn des Publikums und plötzlich begannen einige Zuschauer laut zu rufen:
    »Die Brandpfeile.«
    Der Präsident, der anfangs gezögert hatte, schwenkte endlich ein rotes Tuch und lauter Beifall begrüßte diese Bewegung.
    Diese Brandpfeile waren ein selten gebrauchtes Mittel und erhöhten das Interesse an der Veranstaltung.
    Der Nacional trat vor. Er trug zwei dicke Wurflanzen, welche mit schwarzem Papier umwunden zu sein schienen. Er näherte sich dem Tier und schleuderte sie unter dem Beifall der Menge in den Hals.
    Man hörte ein Knistern, als würde etwas zerbrechen und zwei Rauchschwaden stiegen aus dem Halse des Tieres auf. Das helle Sonnenlicht dämpfte die Flammen, doch bemerkte man, wie sich die Haare sengten und ein schwarzer Fleck über dem Genick sichtbar wurde. Erschreckt über diesen Angriff, begann der Stier immer schneller zu laufen, als könnte er sich dadurch dieser Quälerei entziehen, bis unvermittelt auf seinem Halse scharfe Detonationen ertönten und die brennenden Papierfetzen um seine Augen flogen. Mit der Schnelligkeit des Schreckens sprang das Tier mit allen Vieren gleichzeitig in die Luft und drehte vergeblich das gehörnte Haupt nach rückwärts, um mit dem Maule diese Teufel, die in seinem Felle steckten, abzustreifen. Die Zuschauer, welche diese Sprünge und Verrenkungen spaßhaft fanden, lachten und applaudierten. Es schien, als ob das Tier trotz der Unförmigkeit seines Körpers einen Tanz aufführte. Die Explosionen hörten auf, das verbrannte Fleisch bedeckte sich mit fettigen Blasen, der Stier blieb nun, da er das Feuer nicht mehr spürte, ruhig stehen und ließ die Zunge aus dem Maule heraushängen.
    Ein anderer Banderillo wiederholte den Wurf mit einem zweiten Paar. Wieder sprang der Rauch über dem Hals des Stieres auf, krachten die Detonationen und begann der rasende Lauf des Stieres mit all seinen Verrenkungen und Drehungen. Doch diesmal waren die Bewegungen wenigerheftig, als würde er sich bereits an diese Marter gewöhnen.
    Beim dritten Male verbreitete sich in der Arena der stechende Geruch verbrannten Felles und versengter Haare. Doch die Zuschauer lachten über das an allen Gliedern zitternde Tier, dessen Flanken bebten, während es kläglich aufbrüllte und seine nach Wasser lechzende Zunge weit aus dem Maule hängen ließ.
    Gallardo wartete in der Nähe der Präsidentenloge auf das Zeichen anzugreifen. Garabato stand mit Degen und Muleta hinter der Barriere. Der Torero blickte auf die Loge, wo Doña Sol saß. Sie hatte ihm, als er seine tollkühne Tat ausgeführt hatte, begeistert Beifall geklatscht. Als sie sah, daß Gallardo sie betrachtete, grüßte sie ihn mit freundlicher Gebärde und auch ihr Gefährte schloß sich mit einer eckigen Bewegung seines Körpers diesem Gruße an. Dann hatte er bemerkt, wie sie ihn durch ein Glas beobachtet hatte. Diese Teufelin. So fühlte sie sich doch wieder durch die Beweise seines Mutes angezogen. Gallardo wollte sie am nächsten Tage besuchen, um zu sehen, ob sie ihre Meinung geändert hatte.
    Das Zeichen zum Angriff kam und der Torero schritt nach einem kurzen Gruß dem Stiere entgegen. Er streckte seine Muleta vor und der Stier machte einige Schritte nach vorne, als hätte der Schmerz seine Angriffslust geweckt. Dieser Mann war der erste, der ihm nach seinen Martern vor die Hörner kam. Doch bald blieb er wieder mit gesenktem Haupte und heraushängender Zunge stehen. Im Publikum war lautlose Stille eingetreten: eine Stille, die beklemmenderwar, als die der absoluten Einsamkeit, ein Schweigen, das durch
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