Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
Vom Netzwerk:
waren, machten es ihnen nach. Sie glaubten, sich so dafür rächen zu können, daß sie infolge ihrer Armut draußen vor dem Zirkus bleiben mußten. Die Nachricht von dem Verhalten des Toreros hatte sich unter ihnen verbreitet und sie beschimpften ihn, zufrieden, einen Mann zu demütigen, der solche Reichtümer besaß.
    Dieser Protest weckte den Torero aus seinem Hinbrüten.
    »Zum Teufel, was pfeifen sie? Sind sie vielleicht im Zirkus gewesen? Haben sie etwas bezahlt?«
    Ein Stein flog gegen ein Rad. Die Straßenjungen heulten schon vor dem Wagenschlag. Doch da kamen zwei berittene Polizisten und zerstreuten die Schreier, blieben aber die ganze Länge der Alcalastraße an der Seite Gallardos, »des wackersten aller Toreros«.

X
    Die Begleiter des Toreros waren in die Arena geeilt, als harte Schläge an der Puerta de Caballerizos hörbar wurden. Ein Diener näherte sich scheltend. Hier war kein Eingang, die Leute sollten zur anderen Pforte gehen. Doch eine Stimme verlangte draußen dringend den Eintritt und er schloß auf.
    Ein Mann und eine Frau traten ein. Es waren Carmen und der Schwager Gallardos. Sie war nach Madrid gekommen, sie konnte es in Sevilla nicht mehr aushalten. Eine schlaflose Woche lag hinter ihr, ihre gequälte Phantasie ließ sie furchtbare Szenen sehen. Ihr frauenhafter Instinkt zeigte ihr eine große Gefahr, die ihre Gegenwart notwendig machte. Sie wußte nicht, mit welchem Vorwande sie ihre Reise begründen sollte oder was sie damit erreichen wollte, aber sie mußte Gallardo sehen, es war jenes zärtliche Verlangen, welches die Gefahr zu verringern glaubt, wenn man in der Nähe der geliebten Person ist.
    Das war kein Leben mehr. Sie hatte alle Zeitungen nach dem Mißerfolg Juans am vorigen Sonntag verschlungen. Sie kannte den Berufsstolz des Torero. Sie ahnte, daß er sein Mißgeschick nicht mit Ergebenheit tragen würde, er versuchte sicherlich einige Tollkühnheiten, um den Beifall des Publikums wieder zu erringen. Der letzte Brief, den sie erhalten hatte, machte diesbezüglich einige vage Andeutungen.
    »Nein,« sagte sie entschlossen zu ihrem Schwager, »ich fahre noch heute nach Madrid. Wenn du willst, kannst Du mich begleiten, wenn nicht, fahre ich allein.«
    Der Riemer nahm die Einladung an. Als sie in Madrid ankamen, mußte er Carmen durch alle Mittel davon abhalten, ins Hotel zu ihrem Manne zu eilen. Sie würde ihn nur in üble Laune versetzen und so vielleicht die Schuld tragen, wenn ihm etwas zustoßen sollte.
    Diese Erwägung machte Carmen den Vorschlägen ihres Schwagers gefügig. Sie ließ sich in ein Hotel führen und blieb dort den Vormittag weinend auf dem Sofa, als würde sie das Unglück schon sicher wissen. Doch nachmittags begann ihre Resignation zu schwinden. Das Hotel lag in der Nähe der Puerta del Sol und der Lärm und die Bewegung all der Zuschauer, die zum Stierkampf eilten, drang bis zu ihr. Nein, sie konnte hier nicht bleiben, während ihr Mann sein Leben aufs Spiel setzte. Sie mußte ihn sehen. Es fehlte ihr der Mut, dem Stierkampfe beizuwohnen, doch wollte sie in seiner Nähe sein. Sie hatte den Wunsch, in den Zirkus zu gehen. Sollte man sie nicht einlassen, würde sie draußen warten. Ihr war es nur darum zu tun, in der Nähe zu sein, als ob sie schon dadurch das Los Gallardos beeinflussen könnte.
    Der Schwager protestierte. Er wollte dem Stierkampfe beiwohnen und nun kam Carmen mit ihrem Wunsche, aber er mußte schließlich nachgeben und sie fuhren zum Zirkus, an den sich der Riemer gut erinnern konnte, da er Gallardo auf einer seiner Reisen nach Madrid begleitet hatte.
    Er und der Diener standen unentschlossen und verdrossen vor der Frau, die mit geröteten Augen und feuchtenWangen im Hofe blieb, ohne zu wissen, was sie tun sollte ... Die zwei Männer fühlten sich nach der Seite hingezogen, von wo man den Lärm der Zuschauer und die Klänge der Musik hörte. Sollten sie die ganze Zeit hier stehen, ohne den Stierkampf zu sehen?
    Der Diener hatte einen guten Einfall:
    »Wenn die Señora in die Kapelle gehen wollte?«
    Der Aufmarsch der Toreros war vorüber und durch die Pforte, die in die Arena führte, sah man ein paar Reiter, die sich entfernten. Es waren die Picadors, die jetzt nichts zu tun hatten und sich nun zurückzogen. Sechs Pferde, die ersten Opfer des Tages, standen in einer Reihe, während hinter ihnen die Lanzenreiter das Warten sich dadurch verkürzten, daß sie ihre Klepper herumjagten.
    Die Tiere schlugen, da sie von den Fliegen gemartert
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher