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Die blutige Arena

Titel: Die blutige Arena
Autoren: Vincente Blasco Ibañez
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vorne hielt und den Degen wie einen Stock hin und her schwang. Hinter ihm gingen in einiger Entfernung der Nacional und ein anderer Torero. Einige Zuschauer protestierten dagegen. Das war wie bei einem Begräbnis.
    »Alles weg!« rief Gallardo.
    Und die zwei Helfer blieben zurück, denn seine Aufforderung hatte diesmal den Klang der Wahrheit.
    Er ging beinahe an den Stier heran, entfaltete die Muleta und machte, wie in seinen guten Tagen, noch einige Schritte, um das rote Tuch vor das schäumende Maul zu halten. Ein Schritt, bravo ... Und ein aufmunterndes Murmeln ging durch die Reihen der Zuschauer. Der Sohn Sevillas war auf seinen Namen bedacht, er wollte, wie in seinen besten Zeiten, wieder seine Tollkühnheit beweisen. Und sein Spiel mit der Muleta wurde von rauschenden Beifallskundgebungen begleitet.
    Denn diesmal wollte er. Als er den Stier so unbeweglich stehen sah, trieb ihn das Publikum durch seine Ratschläge an »Jetzt. Los«. Und Gallardo sprang mit vorgestrecktem Degen auf sein Ziel los, wobei er sich durch eine schnelle Bewegung aus dem drohenden Bereiche der Hörner brachte.
    Ein Beifallsklatschen ertönte, doch war es nur ganz kurz und machte einem drohenden Gemurmel Platz, in welches sich gellende Pfiffe mischten. Gallardos Anhänger wandten ihre Blicke in das Publikum zurück. Welche Ungerechtigkeit!Welcher Mangel an Einsicht! Er hatte seinen Stoß ganz tadellos angebracht.
    Aber die anderen wiesen, ohne sich in ihren Protesten unterbrechen zu lassen, auf den Stier hin und der ganze Zirkus fiel mit einem plötzlichen Ausbruch der Wut in das Geschrei ein, das durch Pfiffe verstärkt wurde.
    Der Degen hatte sich gedreht, den Körper durchbohrt und war durch die Rippen bei dem Vorderfuß herausgetreten.
    Alle schrieen und bewegten voll Unwillen ihre Arme. Welcher Skandal! Das hatte sich nicht einmal ein Anfänger geleistet!
    Der Stier, dem der Degengriff in dem Halse steckte, während die Spitze oberhalb des Fußes sichtbar war, begann zu hinken und sein gewaltiger Körper schwankte dabei hin und her. Dies erregte allgemeine Entrüstung. Armer Stier, er war so brav, so tapfer ... Einige beugten sich beim Schreien so weit vorwärts, daß es schien, als wollten sie sich in die Arena stürzen. Er regnete Schimpfworte. Wie konnte er nur ein Tier, das mehr wert war als er selbst, so martern. Und alle schrien voll Anteil über den Schmerz der Bestie durcheinander, als hätten sie nicht ihr Eintrittsgeld bezahlt, um den Tod des Stieres mitanzusehen.
    Ganz bestürzt über seine Tat, senkte Gallardo den Kopf unter dem Hagel von Beschimpfungen und Drohungen, die auf ihn niederprasselten. Zum Teufel mit seinem Pech! Er war seinem Feinde so wie früher entgegengetreten und hatte seine nervöse Furcht, die ihn das Antlitz vor dem Stiere abwenden ließ, überwunden. Doch der Wunsch, die Gefahr zu vermeiden, so schnell als möglich aus den Hörnern herauszukommen, hatte seinen Degenstoß so schmählich ausfallen lassen.
    Auf den Tribünen standen die Zuschauer in einem erregten Gespräche miteinander. »Das ist unbegreiflich. Er sieht weg. Er kann nichts mehr.« Doch seine Anhänger verteidigten ihn nicht weniger erregt. »Das kann jedem passieren, ein unglücklicher Zufall. Das Wichtigste ist, unerschrocken anzugehen, wie er es tut.«
    Der Stier, der inzwischen mühsam weitergehinkt war und die Leute zu unwilligen Ausrufen veranlaßt hatte, blieb unbeweglich stehen, um seine Schmerzen nicht zu vergrößern.
    Gallardo nahm einen anderen Degen und stellte sich vor ihm hin. Das Publikum erriet seine Absicht. Er wollte den Stier durch einen Genickstoß zu Boden bringen, das Einzige, was er nach solchem Vorgehen tun konnte.
    Er setzte die Degenspitze zwischen die Hörner ein, während er mit der anderen Hand die Muleta schwenkte, um den Stier zu veranlassen, sich nach dem roten Tuche zu bücken. Er drückte an, und der Stier, der den Stich spürte schleuderte die Waffe zurück.
    »Eins«, schrie die Menge in spöttischer Gleichgiltigkeit.
    Zweimal wiederholte der Torero seinen Versuch, ohne mehr zu erreichen, als ein klagendes Brüllen des gepeinigten Stieres.
    Endlich gelang es ihm mit der Degenspitze den Rückenmarkswirbel zu durchbohren und der Stier stürzte mit einem Schlage zusammen.
    Gallardo wischte sich den Schweiß ab und ging langsamen Schrittes und schwer keuchend zur Präsidentenloge. Endlich hatte er dieses Tier weg. Er glaubte schon, zu keinem Ende mehr zu kommen. Die Zuschauer begleiteten seine Schritte
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