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Die Blut-Prinzessin

Die Blut-Prinzessin

Titel: Die Blut-Prinzessin
Autoren: Jason Dark
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am Himmel.
    Das Gelände selbst war eingehüllt in eine graue Dunkelheit. Ob sich da etwas bewegte, war für mich nicht zu erkennen.
    Ich entdeckte auch kein Licht. Auf dem Areal war es einfach nur finster. Die in der Nähe stehenden Büsche und Bäume sah ich als Schatten, die weiter entfernt aufgesaugt wurden. Nur wenn der Wind die Zweige bewegte, waren sie überhaupt zu erkennen.
    Ich hätte mich zurückziehen können, doch genau das tat ich nicht. Denn dieser Heulgesang floss noch immer über den Friedhof hinweg. Ich erkannte nicht mal, ob er von einem Instrument stammte oder aus einer menschlichen Kehle.
    Was tun?
    Ich ging nicht zu meinem Platz zurück, sondern trat ins Freie, nachdem ich die Tür mit einem Stopper festgeklemmt hatte. In der Nacht ist es ebenfalls nie richtig ruhig, und auch jetzt hörte ich zahlreiche Geräusche um mich herum.
    Es waren Blätter. Altes Laub, das der Wind bewegte. Irgendwo knackte es im Hintergrund, und die Wolken über meinem Kopf wanderten dort wie bullige Gespenster über den Himmel.
    Der Wind trieb mir feinen Sprüh gegen das Gesicht. Es war wirklich kein Wetter, um sich im Freien aufzuhalten, und doch musste sich jemand hier aufhalten, der in die Nacht hineinsang. Das bekam ich nicht in die Reihe. Aber ich stellte mir die durchaus berechtigte Frage, ob der unheimliche Gesang etwas mit der toten Frau in der Leichenhalle zu tun hatte. Das konnte durchaus sein. Ich hielt schließlich die Totenwache. So konnte es auch einen Totengesang geben.
    Ich ging nicht mehr weiter. Meine eigenen Überlegungen hatten mich schon misstrauisch gemacht. Zudem hatte ich mich bereit erklärt, bei der Leiche zu bleiben.
    Bum!
    In einer kurzen Gesangspause hörte ich den einzelnen Trommelschlag, der schließlich verhallte. Ich wartete darauf, dass der Gesang zurückkehrte, doch das war nicht der Fall. Es blieb still, und ich spürte einen kalten Schauer über meinen Rücken rieseln.
    Was würde passieren?
    Es geschah vorläufig nichts, aber ich war davon überzeugt, dass es nicht so bleiben würde. Es musste einfach etwas eintreten, denn grundlos stellte sich niemand auf den Friedhof und trommelte.
    Als ich knapp dreißig Sekunden gewartet und sich bis dahin nichts getan hatte, machte ich wieder kehrt und ging zurück zur Leichenhalle. An den dünnen Regen hatte ich mich mittlerweile gewöhnt, aber nicht an das seltsame Geschehen.
    Der Gesang war verstummt. Er kehrte auch nicht mehr zurück, was mir gut tat. Ich mochte ihn nicht. Er störte. Er hatte sich unheimlich angehört, und ich wurde das Gefühl nicht los, eine Botschaft vernommen zu haben, die wem galt?
    Mir eigentlich nicht, und ich konnte mir deshalb nur eine Lösung vorstellen.
    Der Gesang galt der Toten!
    Wieder musste ich an die Worte meines dunkelhäutigen Kollegen denken, dessen Eltern aus dem Sudan stammten.
    »Sie werden Dinge erleben, die Sie erschaudern, lassen, aber das wird erst der Anfang des Blutzaubers sein, das kann ich ihnen versprechen. Es ist etwas unterwegs.«
    Bisher war nur der Sänger oder die Sängerin unterwegs. Ich hatte nicht genau herausgefunden, ob die Stimme nun einer Frau oder einem Mann gehörte. Wenn ich wieder an den Kollegen dachte, dann hatte ich das Gefühl, dass er mir schon einen großen Teil der Wahrheit verschwiegen hatte. Ich würde ihn später noch danach fragen.
    Zunächst musste ich nach der Toten schauen.
    Ich ging die letzten Schritte. Da ich die Tür festgestellt hatte, konnte ich noch von außen her in die Leichenhalle schauen. Das Kerzenlicht war weiterhin vorhanden, auch wenn die Flammen jetzt durch den eindringenden Wind in tanzende Bewegungen geraten waren. Sie sorgten dafür, dass das Bild, das sich mir bot, noch schauriger oder irgendwie lebendiger aussah, als es die Realität vorgab.
    Die Tote war noch da, das sah ich. Etwas hatte sich verändert.
    Jetzt saß sie in ihrem Sarg!
    ***
    Im ersten Moment glaubte ich, dass sich all meine Haare aufstellten. Im Nacken lag plötzlich ein kaltes Gefühl, das sich wie dicker Schweiß ausgearbeitet hatte.
    Ganz im Gegensatz zu diesem Gefühl drang plötzlich der Wunsch in mir hoch, einfach loszulachen, nur verkniff ich mir das, denn die Frau war tot, und es hatte auch keinen gegeben, der in die Leichenhalle eingedrungen war, um sie anzuheben. Ich war der einzig lebendige Mensch in der Nähe, und ich hatte es nicht getan.
    Der Anblick ließ mich zunächst mal auf der Stelle verharren. Trotz der strengen Ruhe klopfte mein Herz schneller. Ich
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