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Die Blueten der Freiheit

Die Blueten der Freiheit

Titel: Die Blueten der Freiheit
Autoren: Iris Anthony
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bereitet, ist, dass diese dreckigen, verrotteten, stinkenden Flamen jeden Tag Waren über unsere Grenze schmuggeln.«
    Davon hatte ich bereits gehört. Der Leutnant hatte es mir erzählt. Er hatte es mir die letzten sechs Monate, seit ich hier stationiert war, an jedem einzelnen Tag vor Augen gehalten.
    »Und weißt du, wer ihnen dabei hilft?«
    Nun – nein. Nein, das wusste ich nicht.
    »Wir. Wir Franzosen helfen ihnen dabei. Wir Franzosen verbünden uns mit diesen dreckigen, verrotteten, stinkenden Flamen und betrügen unseren König um die Zolleinnahmen, die er verdient.«
    Es waren nicht wir Franzosen. Ich meine, ich half nicht dabei. Und der Leutnant auch nicht. Es waren einige Franzosen. So hätte es heißen müssen. Einige Franzosen halfen dabei.
    »Aber weißt du, was noch viel schlimmer ist, Denis Boulanger?«
    Es gab viele Dinge, die schlimmer waren. So viele Dinge, die schlimmer waren. Es war schwer, nur eines davon zu nennen.
    »Viel schlimmer ist, dass diese Menschen auch versuchen, verbotene Dinge zu schmuggeln. Wusstest du das?«
    » Oui, Leutnant.« Das wusste ich.
    »Jeden Tag versuchen Menschen, Dinge nach Frankreich zu bringen, die nicht hierhergehören. Dinge, die der König, unser König, nicht hier haben möchte.«
    Er stand nun sehr dicht vor mir. Die Spitzen unserer Stiefel berührten sich.
    » Oui, Leutnant!«
    Er sah mich finster an. » Oui, Leutnant? Oui, Leutnant! Du wusstest davon?«
    » Oui, Leutnant.«
    »Und warum unternimmst du dann nichts dagegen?« Er schrie so laut, dass es mir in den Ohren schmerzte. Mit einer solchen Wucht, dass sein Speichel auf meinem Gesicht landete.
    Ich konnte nicht anders, ich musste blinzeln. Und einen Schritt zurückweichen. »Das tue ich, Leutnant. Ich meine, ich versuche es.«
    »Dann versuchst du es nicht vehement genug. Weißt du, wie oft du in den letzten Monaten jemanden beim Schmuggeln erwischt hast?«
    Ich nickte. Das tat ich. Ich wusste genau, wie oft.
    »Nicht ein einziges Mal! Waren im Wert von Tausenden Livre werden jeden Tag über diese Grenze geschmuggelt, und du hast nicht einen einzigen Schmuggler aufgegriffen!« Er bewegte sein Handgelenk vor mir auf und ab. »Weißt du, wie alt diese Spitze ist?«
    » Non, Leutnant.«
    »Sie ist sechs Monate alt. Und weißt du auch, warum ich das weiß?«
    » Non, Leutnant.«
    »Weil du mir seither keine neue gebracht hast!«
    »Ich habe … ich habe noch nie eine entdeckt.«
    »Keine entdeckt. Bon. « Er machte auf dem Absatz kehrt und schritt zu seinem Tisch.
    Ich wünschte, ich hätte das ebenso gekonnt. So schnell auf dem Absatz kehrtzumachen, dass es aussah, als wäre mein Fuß auf den Boden genagelt worden. Ich hatte es versucht. Viele Male. Aber ich war immer nur gestolpert.
    »Noch nie eine entdeckt. Nun, du wirst auch nie eine entdecken. Ich werde dich fortschicken. Es gibt viele mögliche Orte. Wir befinden uns im Krieg mit diesen dreckigen, verrotteten, stinkenden Spaniern. Also … denkst du, du kannst jemanden töten?«
    »Jemanden töten?«
    »Mit dieser Muskete.«
    »Warum?«
    »Wie warum?«
    »Warum sollte ich jemanden töten wollen?«
    Er seufzte. Dann nahm er ein Blatt Papier und begann zu schreiben. »Das hier ist dein neuer Einsatzbefehl.« Er unterzeichnete ihn schwungvoll, während er weitersprach.
    »Leutnant?«
    »Du verlässt uns. Ich bin mit dir fertig. Du bist eine Schande für deinen König.«
    »Aber … ich … ich werde sie schnappen. Ich werde diese Schmuggler verhaften, wenn ich sie nur erkennen würde.«
    »Dein Problem, Denis Boulanger, ist, dass du über keinerlei Vorstellungskraft verfügst. Weißt du, wie die Schmuggelware über die Grenze geschafft wird? Wie Spitze über die Grenze geschafft wird? Denn danach suchen wir: Spitze. Weißt du, wie Spitze über die Grenze geschafft wird?«
    Ich nickte. Er hatte es mir schon oft erklärt.
    »Spitze wird in hohlen Brotlaiben über die Grenze geschafft. Frauen nähen sie in ihre Unterröcke ein und Männer in ihre Kniehosen. Sie kommt in Schirmen und Büchern versteckt über die Grenze. Sogar in Särgen.«
    In Särgen? Ich wusste nicht, ob ich ihm das glauben sollte. Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass ich es nicht tat.
    »Männer und Frauen schaffen sie über die Grenze. Kinder und Hunde. Ganz Junge und ganz Alte. Menschen schaffen sie über die Grenze.«
    Oui. Das wusste ich alles. Jeden Tag hielt ich Ausschau nach Spitze. Das war meine Aufgabe. Aber wie konnte ich wissen, wer sie über die Grenze
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