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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe
Autoren: Alexander Borell
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auf.
    Ich wartete noch, bis er wieder hinter den Büschen verschwunden war, dann machte ich mich auf den Weg.
    Eine schmale, kiesige Straße führte zum See. Ich folgte ihr ein Stück, dann bog ich nach rechts ab in einen Feldweg. Zuerst war ich noch vom Wald gedeckt, dann kamen freie Wiesen und ich sah unter mir den See hegen. Der Weg stieg an, führte immer höher, und schließlich entdeckte ich auf einem Hügel, wundervoll frei liegend, die Pension »Karlstein«.
    Es war ein großes, umgebautes Bauernhaus im oberbayerischen Stil mit dunklem Holz und hellen Wänden. Ein Balkon lief im ersten Stock um das ganze Haus, frühe Blumen in grünen Kästen schmückten ihn.
    Ein Bild des Friedens und der Erholung.
    Da es keine Möglichkeit für mich gab, ungesehen an das Haus heranzukommen, ging ich unbekümmert den Weg entlang.
    Vor dem Haus parkten drei Wagen, zwei davon mit Nummern aus Norddeutschland. Womit ich eigentlich gerechnet hatte, das war nicht eingetreten: es stand hier weder ein hellgrauer Buick noch ein weißes Isabella-Coupé. War vielleicht meine ganze Aktion ein Schlag ins Wasser?
    Ich betrat durch die offenstehende Haustür den breiten Flur. Er war umgebaut worden, hatte zwar noch den alten, ausgetretenen Steinboden, aber die Wände waren moderner Rauhputz. Eine alte, schöngeschnitzte Bank zog sich an der einen Wand hin, gegenüber führte eine Treppe mit ebenfalls reicher Schnitzerei nach oben. Es roch nach gediegener Atmosphäre und viel investiertem Geld.
    Ein junges Mädchen in ausgeschnittenem Dirndlkleid kam den Flur entlang. Ich sagte: »Guten Tag. Ich möchte gern Herrn Bernrieder sprechen.«
    Sie deutete auf die Treppe.
    »Er ist oben in seinem Büro. Soll ich ihn runterholen?«
    »Danke, nicht nötig, ich gehe hinauf.«
    »Ganz vorn«, sagte sie, »die erste Tür rechts neben dem Balkon.«
    Ich stieg langsam die Treppe hinauf. Oben im Flur lagen wertvolle Perserbrücken, unter denen das alte Holz gedämpft ächzte. Ich klopfte, obwohl ich das Gefühl hatte, der Mann da drinnen müsse mein Herzklopfen schon längst gehört haben.
    »Herein!«
    Ich öffnete die Tür und trat ein.
    Die Sonne drang durch zwei breite Fenster, fiel genau auf einen Schreibtisch, der früher einmal in einem Klosterrefektorium gestanden haben mochte, und sie fiel auf das markante Gesicht des Mannes, den ich suchte.
    Er saß ganz still da, starrte mich an; wir beide starrten uns sekundenlang schweigend an, vielleicht auch minutenlang. Dann bewegten sich seine schmalen Hände über die Tischplatte, suchten das Zigarettenpäckchen, und die Finger nahmen eine Zigarette heraus, drehten sie hin und her, und dann legten sie die Zigarette auf die Tischplatte.
    »Rauchen Sie ruhig«, sagte ich, »wenn es Sie entspannt.«
    Rechts neben mir stand ein großer Kachelofen aus grünen, alten Bauernkacheln mit einer Bank. An der rechten Wand standen eine Landhauscouch, ein langer Tisch mit einer fünf Zentimeter dicken Eichenplatte und drei schwere Ledersessel.
    Über der Couch hing ein Blumenstilleben in matten, gebrochenen Farben, und an der Wand hinter dem Schreibtisch hing als einziger Schmuck der Dolch des ehemaligen Luftwaffenoffiziers.
    Seine nervösen Hände bewegten sich wieder, griffen nach einem kleinen, ledergerahmten Bild auf dem Schreibtisch, drehten es um.
    »Nicht nötig«, sagte ich. »Ich weiß, wer das ist. Die Polizei hat Frau Heidemann heute vormittag verhaftet.«
    Sein Gesicht war wie aus Stein, seine braune Lederhaut glatt rasiert, nur die Falten von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln schienen mir tiefer geworden zu sein.
    Seine hellbraunen, wachsamen Augen ruhten unbeweglich auf mir.
    »Es ist aus«, sagte ich. »Sie haben keine Chance mehr. Übrigens waren Sie doch damals, als wir uns zum erstenmal im Imbißraum trafen, Nichtraucher, oder?«
    Um seinen Mund zuckte es spöttisch.
    »Sehr gut beobachtet«, sagte er endlich. Seine Stimme war mir immer noch nicht unsympathisch. »Wirklich, Sie haben gut aufgepaßt. Zu gut, mein Lieber. Ich hätte es wissen müssen. Es war mein Fehler, daß ich mich für Sie entschieden habe.«
    »Gewiß«, sagte ich. Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich ihm gegenüber. »Draußen steht genug Polizei, um mit einem Volksaufstand fertig zu werden. Es ist nicht allein mein Verdienst, sondern auch die Kripo hat gut gearbeitet. Es hätte vielleicht nur ein paar Tage länger gedauert.«
    Er schüttelte lächelnd seinen schmalen, männlichen Kopf.
    »Unsinn. Ohne Sie wären die
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