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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe
Autoren: Alexander Borell
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ersparen.«
    Sie sank auf die Couch, immer noch mit weit von sich abgespreizten Händen.
    »Mein Gott«, stöhnte sie. »Und ich — ich habe heute den Artikel in der Zeitung... Und dein Bild... Ich wollte dir einen Kuchen backen.«
    »Wir essen ihn bald zusammen«, sagte ich. »Es dauert nur noch einen Tag. Aber jetzt habe ich keine Zeit mehr. Ich muß weiter, sonst erwischen sie mich noch, und du bekommst Schwierigkeiten. «
    Sie folgte mir zur Tür und stöhnte noch einmal: »Mein Gott!«
    Dann konnte sie nicht einmal mehr stöhnen, weil ich ihr den Mund mit einem Kuß verschloß.
    »Gitta, Liebling, willst du mich nicht vielleicht doch heiraten?«
    Ich bekam eine zarte Hand mit noch zarterem Teig ins Gesicht, rannte lachend die Treppe hinunter und fuhr los.
    Meine freudige Stimmung hielt allerdings nicht einmal bis zur Autobahn an. Das, was mir nun bevorstand und das, was ich zu wissen glaubte, war zu schrecklich.

    Gegen vierzehn Uhr sah ich durch das Fenster den Polizeiwagen in der schmalen Gasse neben dem Rathaus halten. Ein Polizist stieg aus und öffnete Andrea die Tür. Ich zog mich in meine Zelle zurück, wie ich es mit dem Obermeister verabredet hatte.
    Nach einer Weile kam er, blinzelte mir zu, und führte mich in sein Büro.
    Andrea starrte mir entgegen. Ihr Gesicht war schmal geworden. Ihre Augen glänzten unnatürlich und schienen mir noch größer.
    Ich senkte vor ihr den Blick.
    Der kugelrunde Kriminalobermeister blickte Andrea aufmunternd an.
    »No, Fräulein Duklas«, sagte er gemütlich. »Ist er das?«
    Ich sah, wie es in ihrem Gesicht zuckte. Es fiel ihr schwer, die Wahrheit zu sagen. Offenbar überlegte sie, ob sie mir mit einer Lüge helfen könnte. Ich schüttelte ganz leicht den Kopf. Da sagte sie: »Ja, das ist er.«
    »No, also«, rief der Beamte. »Dann hätt mers ja. Ich schreibe gleich das Protokoll.« Er verschwand. Wie gut, daß Andrea keine Erfahrung in solchen Dingen hatte, denn sonst würde sie Lunte gerochen haben. Er verschwand im Nebenraum.
    Hastig sagte ich: »Ich muß Sie um Verzeihung bitten. Ich hatte den Kopf verloren, als ich Sie beschuldigte. Jetzt weiß ich, daß Sie mich nicht der Polizei verraten haben.«
    Ihr schmales Gesicht war verschlossen. Ich wußte nicht einmal, ob sie mir zugehört hatte. Beschwörend fuhr ich fort: »Eine Frage, Andrea, eine für mich lebenswichtige Frage: Kennen Sie einen gewissen Jakob Bernrieder? Sagt Ihnen dieser Name etwas?«
    Es war die Frage, die eine Entscheidung bringen würde, wenigstens für mich.
    Sie starrte mich immer noch mit schreckgeweiteten Augen an. Ihre Lippen bewegten sich. Sie tat mir leid, aber ich mußte mein Spiel zu Ende spielen. Sie durfte in mir jetzt nichts anderes sehen als den Verhafteten.
    »Jakob Bernrieder«, wiederholte ich eindringlich. »Haben Sie diesen Namen noch nie gehört?«
    Die Erstarrung in ihrem Gesicht löste sich. Ein schwaches, kaum merkliches Kopfnicken.
    »Doch, ja... «, sagte sie zögernd. Ich hielt den Atem an und ließ ihr Gesicht keine Sekunde aus den Augen. »Doch ja — er war ein Freund meines Vaters.«
    »Wissen Sie, wo Jakob Bernrieder wohnt?«
    »Ich — ich glaube...«, sie brach ab und ein Schimmer von Überraschung trat in ihre Augen. »Ich glaube — irgendwo hier in der Nähe.«
    »Ja«, sagte ich. »Hier bei Reichenhall. Demnach haben Sie ihn nie mit Ihrem Vater zusammen besucht?«
    »Nein, nie. Mein Vater hat mich überhaupt nie mitgenommen, wenn er fortfuhr.«
    »Aber er besuchte Bernrieder öfters?«
    »Ich — ich glaube, ja.« Sie wurde plötzlich lebhaft. »Ja, natürlich, er fuhr oft zu ihm, manchmal für mehrere Tage.
    Das war allerdings vor zwei oder drei Jahren. Wie es in den letzten beiden Jahren gewesen ist, kann ich nicht sagen, denn seitdem ich hier bin...«
    »Ich verstehe«, unterbrach ich sie. Was ich wissen wollte, das wußte ich jetzt. Ich mußte mich beherrschen, sie nicht in meine Arme zu nehmen und sie zu küssen. Vor Freude darüber, daß sie mich nicht angelogen hatte und — überhaupt.
    Sie hatte mich ebenfalls die ganze Zeit über angesehen, jetzt merkte sie es plötzlich und wurde rot. Leise sagte sie: »Sind Sie... Haben Sie wirklich...«
    »Nein«, flüsterte ich. »Ich bin unschuldig, das schwöre ich Ihnen. Und ich schwöre Ihnen, daß wir uns wiedersehen werden. Haben Sie einen Anwalt?«
    »Einen Anwalt?« Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Nein, soweit habe ich es noch nicht gebracht. Wozu?«
    »Sie müssen, was immer auch
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