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Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes

Titel: Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
Autoren: Catherine Bruton
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13. Juli
    Was ich über meinen Dad gern wüsste
Wer war seine Lieblingsfigur in Star Wars ? War er ein Fan der Dunklen Seite der Macht? Mochte er Darth Vader oder Darth Maul? War ihm der junge Obi-Wan lieber oder der alte?
Wenn er sich hätte aussuchen können, ob England die Weltmeisterschaft gewinnt oder Aston Villa einen Triple schafft, wofür hätte er sich entschieden?
Welchen Sportler des Jahres fand er von allen am besten?
Konnte er Feuer machen, indem er Hölzchen gegeneinander rieb?
Was war sein Rekord bei Kick-ups?
War er eher ein Morgenmensch oder ein Nachtmensch?
Wäre er der gute Bulle oder der böse Bulle gewesen? (Mum sagt, sie ist es leid zu versuchen, beides zugleich zu sein.)
Wie hat er gerochen, und wie hat es sich angefühlt, ihn in die Arme zu nehmen?
Was hat er von mir gehalten?
Mehr Fragen fallen mir nicht ein, und das ist ziemlicher Mist. Man sollte ja meinen, ich hätte unzählige Fragen über meinen Vater, weil ich mich kaum an ihn erinnereund er unter so tragischen Umständen gestorben ist, aber ich kriege nicht mal zehn Stück zusammen. Was sagt das eigentlich über mich aus?
    Das Zimmer hat früher Dad gehört. Als er noch ein Junge war, hat er es sich mit seinem Bruder Ian geteilt. Sie haben die Leuchtsterne an der Decke festgemacht und den ganzen Fensterrahmen mit Schlumpfbildern beklebt. Auf dem Bücherbord stehen ein paar Preise, die Dad gewonnen hat – Schachmeister, Bester Spieler unter zwölf Jahren und dergleichen. Und an der Wand hängt der Wimpel für den 2. Platz bei einer Ruderregatta. Er verdeckt eine Kritzelei auf der Tapete. Also hat er vielleicht gern gezeichnet, so wie ich.
    Ich werde hier schlafen, genauso wie beim letzten Mal. Und wie beim letzten Mal weiß ich nicht, wie lange ich hierbleiben muss, und es hat keinen Sinn, Oma und Opa zu fragen, weil sie es auch nicht wissen.
    Deshalb sitze ich jetzt auf der Fensterbank und zeichne. Das mache ich immer, wenn mir so etwas passiert wie jetzt: Ich zeichne. Vor allem einfache Skizzen und Cartoons – was mir eben so in den Sinn kommt. Ich weiß nicht, warum, aber irgendwie hilft es mir.
    Zuerst zeichne ich die Vögel auf den Telefondrähten. Ich zeichne sie mit Handys, die sie sich an die Schnäbel halten, dann lasse ich Telefonnummern um ihre Köpfe kreisen, die so schnell herumschwirren, dass sie Glupschaugen bekommen. Dann fange ich an, ein Mädchen zu zeichnen, das einen Telefonhörer in der Hand hat, aber plötzlich sieht sie aus wie Mum, und ich höre auf, weil ich nicht an Mum denken will.
    Ich lege den Bleistift hin, fahre mit dem Finger über die verblassten Schlumpfaufkleber meines Vaters und starre aus dem Fenster.
    Ich kann meine Großeltern unten reden hören.
    »Wie ging es ihr?« Das ist meine Oma.
    »Genauso wie letztes Mal«, antwortet Opa.
    Also bin ich wieder nicht schlauer als vorher.
    Ich nehme meinen Bleistift wieder in die Hand und gucke aus dem Fenster, ob ich etwas anderes sehe, das ich zeichnen könnte.
    Die Sackgasse ist leer bis auf das kleine Prollmädchen (so nennt Opa sie, aber ich glaube, in Wirklichkeit heißt sie Stevie). Auf ihrem rosa Kinderfahrrad mit Troddeln an den Lenkergriffen fährt sie Kreise in der Einfahrt vor dem Haus ihrer Eltern. Sie ist schon ewig da und ganz allein. Ich zeichne ein Bild von ihr – ein Cartoonmädchen mit riesigen Bambiaugen und einem winzigen Körper in viel zu großen Schuhen. Ich lasse sie ihr Fahrrad durch einen Wirbelsturm am Himmel fahren – so wie die Hexe im Zauberer von Oz –, dann füge ich alles Mögliche hinzu, was um sie herumwirbelt: eine Waschmaschine, ein Paar Gummistiefel, aneinanderklappernde Stricknadeln, eine Kuh mit Hula-Hoop-Reifen, ein Goldfischglas auf einem Klavier.
    Ich mustere das Haus gegenüber. Opa sagt, dass eine pakistanische Familie dort eingezogen ist. Die meisten Nachbarn in der Sackgasse sind so alt wie meine Großeltern, bis auf die Sanders (Stevies Familie) nebenan und jetzt die »Orientalen« im Haus auf der anderen Straßenseite.
    Ich frage mich, ob sie Kinder in meinem Alter haben, als die Tür des Orientalenhauses (das hat auch Opa gesagt) sich öffnet und das merkwürdigste Mädchen herauskommt, das ich je gesehen habe.
    Sie ist ungefähr zehn, schätze ich, vielleicht elf. Ihre Haut hat die Farbe von Karamell, und ihre dicken Haare sind links und rechts am Kopf von krausen pinken Dingern zusammengebunden, mit denen sie aussieht wie ein Pudel. Sie trägt ihre Schuluniform, daher nehme ich an, dass sie noch keine
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