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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel
Autoren: Christian Nürnberger
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dagegen auf. Schon hier, gleich zu Beginn der Bibel, scheint sich deren Nutzlosigkeit für unsere heutige Welt zu erweisen. Warum soll das Streben nach Erkenntnis ein Verbrechen sein, das mit dem Tode geahndet werden muss?
    Es ist sinnlos, solche modernen Fragen an einen vormodernen Text heranzutragen. Die Verfasser solcher Texte dachten anders als wir. Für sie steht der verbotene Baum hier einfach als Gottes Grenzstein in der Welt, und als solchen sollten auch wir ihn zunächst nehmen. Welches Gebot damit gemeint sei, wird Gott später auf dem Berg Sinai über Mose den Menschen ausrichten lassen.
    Hier, im Garten Eden, muss der Mensch jetzt einfach glauben, dass Gott es gut mit ihm meint, wenn er ein Verbot ausspricht. Adam muss darauf vertrauen, dass das Vorenthaltene nicht erstrebenswert ist, sondern zerstörerische Wirkungen entfaltet, wenn er dennoch danach greift.
    Menschen brauchen Grenzen. Sie sollen die von Gott gesetzte Grenze respektieren, auch die zwischen Schöpfer und Geschöpf. Nichts weiter ist damit gesagt. Wir sind frei, ja oder nein zu sagen zu Gottes Gebot. Aber alles hängt daran, dass wir in freier Entscheidung ja sagen und Gott vertrauen.
    Immer, zu jeder Zeit, hängt alles daran, dass Gottes Gebot gilt. Wo es angetastet wird, herrscht Lebensgefahr. Und die Größe dieser Gefahr wächst mit den technischen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen.
    Gott setzte den Menschen in einen Garten, damit er ihn bebaueund bewahre, erzählt die Geschichte weiter. Bebauen und bewahren – also nicht ausbeuten, auch nicht verwahrlosen lassen, sondern ihn menschenfreundlich gestalten und ihn so erhalten, dass auch künftige Generationen gerne darin leben.
    «Eden» heißt zwar «Wonne», ein schlaraffenlandartiger sinnenfreudiger Garten der Lüste ist Eden aber nicht. Nüchtern wird die Arbeit als eigentliche Bestimmung des Menschen bezeichnet. Das Wort Paradies kommt hier nicht vor, es gelangt erst später durch die griechische Übersetzung in die Bibel.
    Nicht im Genuss und Freisein von Leid liegt der Sinn des Lebens im Garten Eden, sondern in der Arbeit und, noch viel mehr, im Vertrauen auf Gott. Die «Wonne» des Gartens besteht in seiner Schönheit, in der Teilhabe an der göttlichen Ordnung, in der Nähe zu Gott und in der Erhaltung und Pflege dieses Gartens in Freiheit und Muße.
    Gott sieht dem Menschen zu, wie er
einem jeglichen Vieh und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen
gibt, aber dabei merkt Gott: Adam ist ja ganz allein auf der Welt. So schön die Tiere sind, ebenbürtige Partner sind sie dem Menschen auf Dauer wohl nicht.
    Also spricht Gott:
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei
, Adam braucht Eva, und Gott beschließt:
Ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei
. Daher lässt er Adam in einen tiefen Schlaf fallen, entnimmt ihm eine seiner Rippen und formt daraus die Frau. Wie ein Brautführer bringt er nun Eva zu Adam, und dieser blickt auf Eva und sagt:
Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin heißen, darum dass sie vom Manne genommen ist.
    Das sind seltsame, in unseren Ohren ungewöhnlich klingende Worte, aber wir liegen wohl nicht falsch, wenn wir sie als Ausdruck der Begeisterung nehmen. Es gab noch kein Fernsehen, keinen Roman, keinen Minnesang, die vorgeben, was ein Mann in so einer Situation zu sagen hat.
    Adam ist auf sich selbst angewiesen und tut etwas, das er schon bei den Tieren geübt hat: Er eignet sich etwas an, indem er ihm einen Namen gibt. Und dass nicht überliefert wurde, wie eigentlich Eva auf Adam reagierte, ist ein Jammer, aber dem Umstand zuzuschreiben, dass es frühantike Männer waren, die diese Geschichte formten. Sie waren dem Patriarchat verhaftet. Sie konnten gar nicht anders, als selbstverständlich vorauszusetzen, dass Eva von ihrem Adam einfach hingerissen war.
    Der Erzähler schließt mit dem Satz:
Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen, und sie werden sein ein Fleisch
. Damit ist nun für ihn erklärt, woher diese Sehnsucht nach dem anderen Geschlecht kommt und warum ihre Bindung stärker ist als die an die leiblichen Eltern. Weil Gott das Weib vom Manne genommen hat, weil sie ja eigentlich ursprünglich
ein
Fleisch waren, darum müssen sie wieder zusammenkommen und können erst wieder zur Ruhe finden, wenn sie im Kinde wieder zu
einem
Fleisch geworden sind.
    Die Ehe ist gestiftet, und später wird Jesus sagen:
Was Gott zusammengefügt hat,
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