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Die Bibel

Die Bibel

Titel: Die Bibel
Autoren: Christian Nürnberger
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die neuen Herren auf der Erde sind nicht mehr die Naturgötter, die pausenlos durch menschliche Opfergaben milde gestimmt werden müssen. Die neuen Herren sind jetzt die Menschen. Sie sollen Gott dienen, indem sie über die Erde herrschen. Ihnen sagt Gott: Es gibt keine Götter über, neben und unter mir. Kümmert euch nicht um die hölzernen Götzen der anderen. Der Holzwurm, den ich geschaffen, wird mit den Schabezähnchen, die ich ihm verliehen habe, all diese Götzen früher oder später zu Sägemehl zerreiben. Die Welt ist Welt. Von ihr habt ihr nichts zu befürchten, aber alles zu bekommen.
    Die Nutzung der Natur für menschliche Zwecke ist freigegeben, der Grundstein für die planmäßige Erforschung der Welt gelegt. Ihre Beherrschung kann beginnen und ist kein Frevel, sondern göttliches Gebot. Und der Mensch hat eine von Gott verliehene und darum unantastbare Würde. Jeder Mensch hat sie, nicht nur Könige und Kaiser.
    Welt und Natur sind weltlich, sagt der biblische Schöpfungstext. Göttlich ist allein Gott. Er, dem niemand dreinreden kann, erschafft die Welt nach seinem Plan. Er muss nicht zeugen und gebären oder, wie der altägyptische Gott Re-Atum-Chepri, masturbieren oder spucken, um aus sich selbst weitere Götter zu generieren. Der neue Gott ist ein wirklicher Souverän, der durchsWort regiert. Was er will, spricht er aus. Was er spricht, geschieht. Niemand kann es ihm verwehren. Und außerdem ist er den Menschen herzlich zugetan.
     
    Eine gewisse Arroganz derer, die das schrieben, ist nicht zu übersehen. Als kleiner unbedeutender Newcomer unter großen alten Völkern einfach deren heilige Texte zu verschmähen und kurzerhand die ganze Weltgeschichte umzuschreiben, dazu braucht es ein großes Selbstbewusstsein. Das hatten sie. Aber der Ärger war programmiert. Für ihre Blasphemien wurden die Juden von den anderen Völkern gehasst.
    Mehrheitsfähig war die jüdische Sicht der Dinge natürlich nicht. Ein typisches Minderheitenprogramm. Die Massen bevorzugten daher weiter die guten alten Regenbogen-Mythen mit ihrer bunten Mischung aus Sex and Crime und Götterklatsch.
    Das hatte Vorteile für alle Seiten. Die Göttergeschichten waren so kompliziert, dass es einer eigenen Kaste, der Priester, bedurfte, um sie zu verwalten und den Überblick zu behalten. So hatten die Priester ihr Auskommen. Die Willkür und Unberechenbarkeit der Götter gefiel den Herrschern. So hatten sie eine Legitimation, wenn sie selber mal zur Willkür griffen. Und das Volk war zufrieden, solange man ihm Brot und Spiele gab und dazwischen immer mal wieder einen Ausschnitt aus den Gruselgeschichten.
    Diese unterhaltsamen Clips stellten keine besonderen Ansprüche an die Hörer. Man konnte sie bequem konsumieren und die Schauer genießen, die einem bei der Vorstellung göttlichen Gemetzels und marodierender Sphinxe und Zentauren über den Rücken liefen.
    Dagegen der dürre Text der Bibel. Nur noch ein einziger Gott im Himmel, das war wenig unterhaltsam. Der konnte ja nicht mal sündigen. Für großes Kino ungeeignet. Minimalistisch. Und gerade deshalb in der Lage, die Welt zu verändern.
    Von den Mythengläubigen, den Sumerern, Ägyptern, Babyloniern,Assyrern, Hethitern, Phöniziern, Griechen und Römern, zeugen heute nur noch Gräber und Ruinen. Die Minimalisten vom Sinai sind immer noch da. Und ihre jüngeren Schwestern und Brüder, die Christen, auch.

Eden – kein Garten der Lüste
    Die Schöpfung ist vollendet. Aber fehlt nicht etwas? Hatte Gott nicht zuerst Adam aus einem Erdenkloß geformt und ihm den göttlichen Odem eingeblasen? Und hatte er nicht Eva aus Adams Rippe geschnitten?
    Was uns als «Schöpfungsbericht» im Gedächtnis geblieben ist, besteht in Wahrheit aus zwei verschiedenen Berichten, einem älteren und einem jüngeren. Das ist für die Bibel nicht ungewöhnlich.
    Lange bevor die biblischen Texte aufgeschrieben, ausgewählt und in ihre endgültige Form gebracht wurden, sind sie aus ältesten Erzählungen, Sagen und Legenden gewachsen, mündlich weitererzählt, variiert und mit anderen Texten kombiniert worden. Manches ist dabei wieder ausgeschieden worden oder verloren gegangen, Neues hinzugekommen.
    Genau wie einzelne Gesteinsschichten Informationen aus verschiedenen Erdzeitaltern enthalten, so bergen biblische Textschichten unterschiedliche Erzähltraditionen. Manchmal stehen die Schichten unverbunden nebeneinander, manchmal werden sie kunstvoll verwoben. Daher kommt es öfter vor, dass dieselben
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