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Die bezaubernde Arabella

Die bezaubernde Arabella

Titel: Die bezaubernde Arabella
Autoren: Georgette Heyer
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Margaret sich wieder in ihren Fortsetzungsroman versenkte, Arabella aber Sophias Aufmerksamkeit auf das Bild eines Samtcapes lenkte, das verschwenderisch mit Hermelin besetzt war, kurz, da niemand auf sie achtete, wurde sie bald wieder still, schnüffelte nur von Zeit zu Zeit und warf ihren älteren Schwestern mißgünstige Blicke zu.
    Sie boten ein liebliches Bild, wie sie so über ihrem Buch saßen, die Arme einander um die Hüften gelegt, die dunklen Korkzieherlocken ineinanderfließend. In ihren blauen, hochgeschlossenen, schmalärmeligen Kaschmirkleidchen waren sie bescheiden genug gekleidet; anderen Schmuck als höchstens ein paar Bänder oder Schleifen kannten sie nicht; doch waren die zahlreichen Kinder des Vikars, alle ohne Unterschied, von beachtlich gutem Aussehen und bedurften kaum einer Verschönerung. Zwar konnte Arabella fraglos als die Schönheit der Familie gelten, aber in der Nachbarschaft galt es allgemein für ausgemacht, daß Sophia, wenn sie erst der Unbeholfenheit ihrer Sechzehn entwachsen wäre, der älteren Schwester eine ernsthafte Rivalin werden konnte. Beide hatten sie große, dunkle, ausdrucksvolle Augen, kleine, gerade Naschen und zartgeschwungene Lippen; beide einen Teint, der den Neid vom Glück minder begünstigter junger Damen erregen konnte und gewiß nicht der Dänischen Lotion, Olympischem Tau, Ninons Blütenzauber oder sonst einem Schönheitsmittel, das in den Gesellschaftsblättern inseriert wurde, zu danken war. Sophia war die größere von beiden; Arabella hatte die bei weitem bessere Figur, die schlankeren Fesseln. Sophia wirkte robuster; Arabella bezauberte ihre Bewunderer durch den Anschein von Gebrechlichkeit, der einen romantisch gestimmten, jungen Gentleman bewogen hatte, sie mit einem vom Winde verwehten Blatt zu vergleichen, und einen anderen gar, ein paar recht schlechte Verse an sie zu richten, in denen sie als die neue Titania angesprochen wurde. Unglücklicherweise war das Blatt Harry in die Hände gefallen, Harry hatte es Bertram gezeigt, und die beiden hatten darauf bestanden, ihre Schwester mit diesem Namen, der ihnen ungemein komisch erschien, zu begrüßen, bis Papa mit freundlichem Ernst erklärt hatte, der Scherz wäre nun abgebraucht.
    Betsy fand, wenn sie darüber nachsann, wie sehr man ihr unrecht tat, nichts Bewunderungswürdiges an ihren Schwestern; sie wog die Vorteile gegeneinander ab, sich von der alten Amme als Nesthäkchen verhätscheln oder sich hinaufrufen zu lassen, um Baby Jack zu warten, als die Tür aufflog und ein rundlicher Bursche von elf Jahren in Nankinghosen und einem Hemd, das mit einer Krause besetzt war, ein Bürschchen mit einem Lockenkopf, hereingestürmt kam und laut rief: »Hallo! Das ist einmal eine Geschichte! Mama ist bei Papa im Studierzimmer, und ich weiß, worum es geht!«
    »Was gibt es denn?« rief Sophia.
    »Ja, das möchtest du eben wissen«, sagte Harry, zog ein Stück Zwirn aus der Tasche und begann einen komplizierten Knoten zu schlingen. »Schau nur, wie ich das mache, Meg! Ich kann jetzt schon sechs von den wichtigsten Schifferknoten, und wenn Onkel James Captain Bolton nicht dazu bringt, daß er mich auf die nächste Fahrt mitnimmt, dann ist es die größte Affenschande, von der ich je gehört hab!«
    »Du bist doch nicht hierhergekommen, um uns das zu sagen«, meinte Arabella. »Was gibt’s also?«
    »Ach, das ist wieder nur so eine Wichtigtuerei von Harry«, sagte Margaret.
    »Gar nicht«, gab der Bruder zurück. »Joseph Eccles ist im Weißen Hirsch gewesen und hat die Post mitgebracht.« Er sah, daß es ihm gelungen war, die Spannung seiner Schwestern auf den Höhepunkt zu treiben, und grinste sie an. »Aha, jetzt macht ihr Augen! Es ist ein Brief aus London dabei, für Mama. Und irgendein Lord ist der Absender, ich hab es selbst gesehen.« Margarets Buch glitt zu Boden; Sophia ließ einen Seufzer hören; Arabella sprang von ihrem Stuhl auf. »Harry! Doch nicht – oh, doch nicht von meiner Patin?«
    »Nun, warum nicht?« fragte Harry.
    »Wenn er aus London kommt, muß er von Lady Bridlington sein«, erklärte Sophia. »Arabella, jetzt glaube ich, daß unser Glück unterwegs ist!«
    »Ich trau mich nicht, es für möglich zu halten«, sagte Arabella schwach. »Verlaß dich darauf, sie hat nur geschrieben, daß sie mich nicht einladen kann.«
    »Unsinn«, erwiderte ihre praktisch veranlagte Schwester. »Wenn es das wäre, warum sollte Mama mit dem Brief zu Papa ins Studierzimmer laufen? In meinen Augen ist die
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