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Die beste Frau der Space Force

Die beste Frau der Space Force

Titel: Die beste Frau der Space Force
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Armstrongs kleinen Schritt für einen Mann, aber ein gewaltiger Schritt für die Menschheit war das, was ihnen bevorstand, ein Marathonlauf mit Siebenmeilenstiefeln - nämlich nichts weniger als der erste Kontakt zwischen Menschen und einer außerirdischen Lebensform. Einer denkenden Lebensform, keinen Einzelligen Mikroorganismen, wie sie sie auf dem Mars gefunden hatten, oder die schleimigen Schimmelpilzgewächse vom Titan, die die irdischen Wissenschaftler in einen Freudentaumel versetzt hatten - sondern intelligenten, denkenden Geschöpfen, die in der Lage waren, ein neunhundert Meter durchmessendes Raumschiff zu bauen und mit einer Geschwindigkeit von mehr als viertausend Meilen in der Sekunde auf die Erde abzuschießen.
    Sie hatten gute Gründe, aufgeregt zu sein. Aber sie durften es nicht. Wenn der Computer recht hatte, dann blieben ihnen weniger als zwölf Minuten, aus der CONQUEROR auszusteigen, zu dem fremden Schiff hinüberzufliegen und es sich anzusehen. Das Ding war einfach zu schnell, um neben ihm herzufliegen oder gar daran anzudocken. Alles, was ihnen blieb, war, auf Parallelkurs zu gehen, ein Stück vor ihm herzufliegen und sich überholen zu lassen. Zwölf Minuten, ehe die Distanz zu groß wurde, um ihre sichere Rückkehr zum Shuttle zu garantieren; vierzehn, wenn man bereit war, den Selbstmörder zu spielen und die Sicherheitsreserven der Rucksäcke bis auf den letzten Treibstofftropfen zu vergeuden. Charity hatte keine Lust, den Helden zu spielen. Aber sie machte sich Sorgen um Mike, und viel mehr noch um Soerensen. Sie war ziemlich sicher, dass er Ärger machen würde - er gehörte zu jener Art von Wissenschaftlern, die ohne mit der Wimper zu zucken ihr Leben opferten, nur um ihren Namen in irgendeiner Fußnote eines wissenschaftlichen Berichtes verewigt zu wissen. Ihrer Meinung nach war es ein Fehler gewesen, ihn mitzunehmen. Dabei ging es gar nicht um ihn persönlich. Auf einer solchen Expedition hatten Wissenschaftler nichts zu suchen. Sie würden - falls es ihnen überhaupt gelang, einen Weg in dieses Ding zu finden! - nicht einmal zehn Minuten im inneren des fremden Raumschiffes verbringen. Was zum Teufel bildete er sich ein, in zehn Minuten erforschen zu können? »Sieben Minuten«, sagte Niles. »Wir sind auf Kurs. Geht nach oben.« Seine Stimme klang verzerrt, und das lag nicht allein an der schlechten Übertragung der kleinen Helmlautsprecher. Er war verbittert, und sie alle - mit Ausnahme Soerensens - kannten sich zu gut, als dass er versucht hätte, diese Verbitterung zu verbergen.
    Charity konnte ihn sogar verstehen. Aber das Los war nun einmal auf ihn gefallen, und einer von ihnen musste zurückbleiben; auch wenn er die ganze Zeit über wahrscheinlich so gut wie nichts zu tun hatte. Die CONQUEROR wurde seit drei Stunden ausschließlich von den Computern geflogen, und daran würde sich in den nächsten Stunden auch nichts ändern. Doch selbst der beste Computer konnte versagen. Weder Charity noch einer der anderen hatten besondere Lust, die CONQUEROR auf Nimmerwiedersehen im Weltraum verschwinden zu sehen, nur weil irgendein verdammter Chip durchgebrannt war oder die ETs dort drüben ihr Hallo Nachbarn! vielleicht auf einer Frequenz funkten, die ihre Bordrechner ausflippen ließ. Nacheinander kletterten sie in den Laderaum hinauf. Die beiden riesigen Klappen des Frachtraumes standen weit offen, und für einen Moment kam sich Charity winzig und verloren vor. Um sie herum war jetzt buchstäblich nichts mehr, nur die eisige Kälte des Weltraumes und die Leere zwischen den Planeten. Der Gedanke, dass sie von dieser entsetzlichen Leere jetzt nichts weiter als das bisschen Plastik ihres Schutzanzuges trennten, ließ sie schaudern. »Dort ist es!« Eine der weißen Gestalten neben ihr hob den Arm und deutete auf einen von zahllosen flimmernden Silberpunkten über ihnen, und Charity erkannte Soerensens Stimme. Sie runzelte spöttisch die Stirn, hütete sich aber, irgend etwas zu sagen. Ihre Worte wurden nicht nur von den fünf anderen, sondern auch von ungefähr fünftausend SPACE-FORCE-Leuten auf der Erde mitgehört. »Drei Minuten«, verkündete Niles' Stimme über die Helmlautsprecher. »Schiff liegt genau auf Kurs. Macht euch fertig.«
    Es gab nichts fertig zumachen, aber sie war trotzdem beinahe dankbar für Niles' Worte, vielleicht auch nur für den Klang seiner Stimme, der ihr wenigstens die Illusion vorgaukelte, in dieser unendlichen Leere nicht allein zu sein.
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