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Die beste Frau der Space Force

Die beste Frau der Space Force

Titel: Die beste Frau der Space Force
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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12. Dezember 1998
    Die Stadt unten im Tal brannte immer noch. Der Himmel im Norden - und nicht nur irgendwo im Norden, sondern überall! - glühte in einem tiefen, drohenden Rot, als wäre die ganze Welt dort wie ein Stück trockener Holzkohle aufgeflammt. Vor ein paar Minuten hatte sie eine Stelle passiert, an der die Straße aufgerissen war. Drei tote Soldaten hatten den gewaltigen Krater flankiert, der in der Asphaltdecke gähnte und sich bereits mit Wasser füllte, und ein kleines Stück daneben hatte ein Panzer gestanden. Oder das, was davon übrig war: fünfundvierzig Tonnen Stahl, die ein Geschoss in ein ausgeglühtes Wrack verwandelt hatte. Mit aller Kraft versuchte sie, den Wagen auf dem Weg zu halten. Der Trans-Am schoss mit fast achtzig Meilen die Straße hinauf, und trotzdem hatte sie das Gefühl, nicht von der Stelle zu kommen. Als sie das letzte Mal hier gewesen war (großer Gott, war das wirklich erst drei Monate her?) hatte der Tachometer eine Entfernung von kaum sechs Meilen angezeigt, von der Stadt zum Berg. Aber heute schien die Straße einfach kein Ende zu nehmen. Und als wäre alles übrige noch nicht schlimm genug, hatte es wie aus Kübeln zu regnen begonnen. Wo der Asphalt nicht aufgerissen oder geschmolzen war, glänzte er wie eine Eisbahn und war auch fast genauso glatt. Der Motor des Trans-Am heulte auf. Der Wagen machte einen Satz, begann zu schlingern und schlitterte durch die nächste Kurve. Es hatte nichts mit Können zu tun, dass sie ihn abfing. Es war nur Glück. Dahinter lag der Berg. Charity atmete auf, schaltete zurück und beschleunigte wieder. Die Tachometernadel näherte sich der Hundert-Meilen-Marke, berührte sie für einen flüchtigen Moment und sackte wieder zurück, als Charity Gas wegnahm. Sie kannte die Gegend hier wie ihre Westentasche, aber es war Nacht, die Straße war glatt und nass, und sie hatte keine Garantie, dass es hier wirklich noch so aussah, wie sie in Erinnerung hatte. Ihre Vorsicht rettete ihr das Leben. Das Wachhäuschen neben der Einfahrt war verwaist, und das riesige Maschendrahttor stand offen, aber quer über der Straße dahinter lag ein ausgeglühter HeliCopter. Charity fluchte, trat Bremse und Kupplung gleichzeitig und versuchte, den Wagen an dem Hindernis vorbeizusteuern.
    Fast hätte sie es sogar geschafft. Die flache Schnauze des Trans-Am schrammte am Wrack des Hubschraubers entlang. Etwas traf die Windschutzscheibe und verwandelte sie in ein Netz aus blinden Sprüngen, dann platzte ein Reifen. Charity schrie auf und klammerte sich mit aller Kraft am Lenkrad fest, während sich der Wagen in einen Kreisel verwandelte, mit furchtbarer Wucht gegen ein weiteres, unsichtbares Hindernis krachte und schließlich zum Stehen kam; in der gleichen Sekunde, in der sie ernsthaft damit rechnete, dass er einfach umkippen würde. Der Motor erstarb mit einem Geräusch, das ihr sagte, dass er nie wieder anspringen würde, und plötzlich fiel die Windschutzscheibe einfach in sich zusammen und überschüttete sie mit einem Regen kleiner stumpfer Scherben. Der Wind peitschte eisiges Wasser in den Wagen. Irgendwo in der Nähe züngelten Flammen in den Regen hinaus. Mit zitternden Händen tastete Charity nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes, löste ihn und beugte sich ganz automatisch vor, um den Zündschlüssel abzuziehen, ehe ihr die Sinnlosigkeit dieser Bewegung bewusst wurde und sie den Arm zurückzog. Statt des Zündschlüssels klaubte sie die Smith & Wesson aus dem Handschuhfach, ließ den Sicherungshebel herumschnappen und stieß mit der Schulter die Tür auf. Sie hatte Glück gehabt, trotz allem. Der Bunker war nur noch ein paar Schritte entfernt, und sie schien - wider Erwarten - sogar noch im Zeitplan zu liegen: Das riesige Doppeltor war noch nicht ganz geschlossen. Der bleiche Lichtfinger einer Taschenlampe fiel aus dem schmalen Spalt zwischen den beiden hundert Tonnen schweren Stahlflügeln. Doch seltsam - er bewegte sich nicht. Dabei war ihre Ankunft nun wirklich spektakulär genug gewesen, um bemerkt zu werden.
    Einen Moment lang zögerte sie noch, denn der Wagen, obschon zerbeult und fahruntüchtig, war ihr einziger Schutz; alles, was zwischen ihr und dem war, in das sich die Welt im Laufe der letzten sechs Tage verwandelt hatte. Dann prallte irgend etwas gegen das Heck des Wagens; es hörte sich an wie ein Ball aus Leder und kleinen spitzen Stahlstacheln. Sie trieb sich zur Eile an und ließ sich aus dem Wagen fallen - mit einer
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