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Die Barbaren

Die Barbaren

Titel: Die Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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darin. Es war mehr so, als wäre das Licht der Mittagssonne und der roten Abendsonne in ihnen gefangen.
    Die meisten Lorvaner kannten Glas nicht, ausgenommen jene, die auf Raubzügen weit genug nach Westen gelangt waren und dort Spiegel und Gefäße und vielleicht sogar Fenster aus Glas gesehen hatten.
    Gläserne Kugeln von solcher Vollendung hatte selbst Nottr noch nicht gesehen, und das Licht in ihnen war pure Zauberei.
    Nottr und seine Begleiter standen unentschlossen. Diese Zauberlampen erhellten das Tal so sehr, daß es unmöglich war, unbemerkt näher heranzukommen.
    Die fremdartigen Krieger standen hochaufgerichtet wie Statuen, aus Erz gegossen. Selbst die gepanzerten Pferde regten sich nicht.
    »Wie sie Rüstzeug von diesem Gewicht ohne Unterlaß tragen können, verstehe ich nicht. Sie müssen ungeheure Krieger sein.«
    »Ich fühle mich wie ein Zwerg in ihrer Gegenwart«, stimmte Crog zu.
    »Haltet lieber nach den Wachen ausschau«, mahnte Baragg.
    »Auf dieser Seite sind keine«, stellte Vari fest. »Aber dort am Hang, wo diese Lichter jetzt wieder leuchten, müssen sie sein.«
    Der leichte Wind, der vom Talrand herabstrich, hörte plötzlich auf. Ein fast betäubender Druck war in ihren Ohren, in ihren Köpfen. Sie taumelten und hatten Mühe, auf den Beinen zu bleiben. Die Lichter flackerten in gemeinsamem Rhythmus.
    Die Luft war mit einemmal warm wie unter südlicher Sonne, feucht, drückend, voll von schweren Düften und erfüllt von fernem Brüllen gewaltiger Tiere.
    Kellah stolperte schreiend vorwärts auf die Lampen zu, bevor einer ihrer Begleiter sie aufhalten konnte. Crog hastete mit verzerrtem Gesicht hinterher. Er hatte sie fast erreicht und griff nach ihr, als der Boden vor seinen Füßen verschwand.
    »Nottr…! Baragg…!«
    Seine Rufe hallten einen Augenblick durch das winterliche Tal, das weiß und leer vor den Augen der entsetzten Lorvaner lag.
    Da waren keine ehernen Gestalten mehr, keine Pferde, kein Heer. Sie hatten sich aufgelöst in Nichts.
    Alles, was innerhalb der magischen Lampen gewesen war, hatte aufgehört zu existieren.
    Verschwunden war auch die Wärme. Verschwunden waren die Geräusche. Verschwunden war der Druck und der Schmerz. Die Lichter leuchteten wieder ruhig, aber düsterer, als wäre ihre Kraft verbraucht.
    »Kellah!« rief Vari und lief vorwärts auf die Lampen zu. »Crog!«
    Die Antwort kam schwach, und dann krochen zwei Gestalten auf sie zu.
    Baragg lief auf die Kriegerin zu und riß sie zu Boden. »Still!« zischte er und deutete auf den Hang.
    Gestalten mit Lichtern in den Händen stiegen ins Tal herab.
    »Wir müssen weg hier.«
    Baragg zog die Kriegerin mit sich. Gemeinsam krochen sie aus dem Lichtschein der Lampen, gefolgt von Crog und Kellah.
    Dann sahen sie ein gutes Dutzend Gestalten den Talboden erreichen und auf die Lampen zugehen. Sie waren wie die Wachen gekleidet.
    Sie machten sich daran, die Lampen zu löschen und die Stangen, an denen sie befestigt waren, aus dem Schnee zu ziehen. Eine weitere Schar stieg herab, um die im Schnee liegenden Lampen und Stangen den Berg hochzutragen.
    »Sie scheinen für nichts anderes Augen zu haben, als diese Lampen«, brummte Nottr. »Sehen wir uns an, wohin sie sie bringen.« Zu den beiden Kriegerinnen sagte er: »Ihr wartet…«
    »Nein«, sagte Vari rasch. »Ihr seid nicht einmal eine Viererschaft, wenn es zum Kampf kommt. Aber mit uns beiden…«
    »Wir sind in keiner Schlacht, Vari. Und wenn sie diese Schleudern auf uns richten…« Er hob das schwarze Rohr. »Dann ist eine Viererschaft, die dicht beieinander steht, ein noch besseres Ziel als ein einzelner Mann.«
    »Wenn es, wie wir glauben, Urgat und seine Leute sind, werden sie damit keine Übung haben. Eine Waffe, in der man nicht geübt ist, taugt nicht viel…«
    »Wir wissen nicht, wie gut dieser Zauber ist«, wandte Nottr ein.
    »Aber wir sind eure beste Tarnung, Hordenführer. Vielleicht wissen sie auch schon, daß ein paar ihrer Wachen auf Fremde gestoßen sind. Nehmt uns als eure Gefangenen mit, dann lassen sie uns bestimmt ohne Fragen durch.«
    »Und wenn sie neugierig sind?« meinte Baragg skeptisch.
    »Dann sind wir zwei Klingen mehr«, erwiderte sie.
    »Nein«, entschied Nottr. »Sie würden uns nicht mehr herauslassen. Wenn die Lichter erst alle gelöscht sind, ist es dunkel genug, daß ihr auf eigene Faust handeln könnt. Kommt.«
    Die drei Männer erhoben sich und schritten, mit den Schleuderrohren schußbereit in den Händen, auf die Lampen zu.
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