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Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ballade vom Fetzer: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Tilman Röhrig
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Händen. Mathias stand bei Franzis Gerards. Der alte Mann hatte das Brecheisen unter dem Arm.
    Mathias sagte: »Ich will mitgehen!«
    Franzis Gerards lachte. »Du bist zu klein und zu schwach. Das ist nichts für dich.«
    Mathias ballte die Fäuste und schrie: »Ich bin stärker, als ihr denkt!« Seine Stimme überschlug sich fast, und die Männer lachten ihn aus.
    »Du Zwerg! Dich fressen die ersten Hunde, denen wir begegnen«, sagte Adolph Weyers.
    Mit einem Satz war Mathias bei ihm. Er krallte sich in seinen Mantel und versuchte, ihm das Knie zwischen die Beine zu stoßen. Der Boden war glatt. Weyers stürzte rücklings in den Schnee, Mathias fiel auf ihn und hieb ihm beide Fäuste ins Gesicht. Adolph Weyers schrie laut auf Karl Hasselt und Franzis Gerards packten den tobenden Mathias und rissen ihn hoch. Seine Augen waren weit aufgerissen und er atmete heftig. »Du bleibst hier!«, schrie Franzis Gerards ihn an.
    Adolph Weyers hielt plötzlich ein Messer in der Hand und ging langsam auf Mathias zu. »Du Missgeburt! Ich bring dich um!« Der alte Gerards schlug ihm das Messer aus der Hand. »Schluss jetzt! Wir müssen los, sonst schaffen wir es nicht bis Mitternacht.«
    »Der ist gefährlich«, sagte einer der Männer. Heiser gab Franzis Gerards den Befehl zum Abmarsch. Die Männer trugen Seile, Fackeln und Stöcke über den Schultern. Sie waren vermummt, es war kalt an diesem Abend.
    »Komm, Mathias, wir setzen uns ans Feuer.« Sabine stand an der Küchentür. »Ich mache uns was zu essen.« Er kam in die Küche. »Wo ist mein Geld?« Mathias wollte es sehen. Sie ging mit ihm in den Schuppen, rückte das Fass zur Seite und zeigte ihm das Versteck. Schnell kniete er sich hin, nahm die Leinenbeutel hoch und starrte auf das Geld darunter.
    »Das ist mein Geld«, sagte Sabine. Mathias warf seine Dukatenbeutel wieder dazu und sah zu ihr hoch. Sabine lächelte unsicher. Da riss er sie zu sich herunter. Ungeschickt versuchte er, sie zu küssen. Sabine umschlang ihn mit beiden Armen und streichelte seinen Nacken. »Komm, wir gehen ins Haus.« Sie zog ihn an der Hand hinter sich her. In der Küche umarmte sie ihn wieder. Mathias zerrte sie auf den Boden. Später liebkoste sie sein Gesicht.
    Mathias stand auf, er war hungrig. Sabine briet ihm Fleisch und gab ihm von dem besten Branntwein, den ihr Vater hatte. Sie wollte bei ihm bleiben. Doch Mathias sagte: »Nein, ich schlaf lieber allein.« Sie verstand ihn nicht.
    »Niemand soll was merken.« Sabine nickte traurig.
    Die Bande kehrte erst im Morgengrauen zurück. Die Kleider waren schlammverspritzt, und die Männer sahen erschöpft aus. Sie waren entdeckt worden und hatten vor einem Trupp französischer Soldaten fliehen müssen. Einem der Männer baumelte der rechte Arm leblos am Körper. Der schmutzige Mantel war zerrissen und blutig. Ein anderer hatte den Kopf verbunden. Die Männer schliefen bis tief in den Tag.
    Sabine wartete ungeduldig, dass Mathias aufstand. Als er in die Küche kam, fiel sie ihm um den Hals. Er schob sie von sich und verlangte nach dem Frühstück.
    In den folgenden zwei Monaten waren die beiden oft allein, wenn Franzis Gerards mit seiner Bande einen Raubzug unternahm. Sabine fühlte, wie sich in ihr etwas veränderte. Bald wusste sie es genau. Sie war schwanger. Als sie es Mathias sagte, rief er stolz: »Ein Kind von mir! Ich hab dir ein Kind gemacht!«
    Sabine stahl den Gästen von jetzt an mehr Geld als sonst. Bald konnte sie ihren immer dicker werdenden Bauch nicht mehr verbergen. Eines Tages fragte Karl Hasselt: »Wer war es?«
    »Der Mathias Weber.«
    Der Rossschlächter brüllte durch das Haus: »Du mieser Zwerg, ich schlag dich tot!« Er fand Mathias draußen im Hof »Du wirst meine Tochter heiraten, oder ich erschlag dich!« Mathias griff nach dem Säbel, den er schon seit Wochen wieder umgeschnallt trug, und grinste. Karl Hasselt stockte. Dann drehte er sich um und stampfte in den Schankraum.
    Am Abend hörte Sabine ihren betrunkenen Vater fluchen. Sie fragte Mathias leise: »Wirst du mich heiraten?«
    »Vielleicht.«
    Sie sah ihn erschrocken an. Da lachte er und sagte: »Natürlich.«
    Am nächsten Morgen wartete Sabine lange in der Küche auf ihn. Als er bis zum Mittag nicht aus der Schlafkammer heruntergekommen war, stieg sie die Stufen hoch und öffnete vorsichtig die Tür, seine Matratze war leer. Sabine sah in den Kasten, das Bündel fehlte. Sie rannte über die Hintertreppe auf den Hof hinunter, aus dem Versteck waren die
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