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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte
Autoren: Raymond E. Feist
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gewählt.
    Das Warten lastete auf ihnen allen wie ein tonnenschweres Gewicht; selbst die Köche in der Küche waren mürrisch. In der Ferne hörte Mara einen Diener einen Sklaven schelten, weil der irgendeine lästige Hausarbeit in der Spülküche nicht ordnungsgemäß erledigt hatte. Die Ruhe machte sie ungeduldig, und so stand sie auf. Als Nacoya kam, um nach den Wünschen ihrer Herrin zu fragen, gab sie ihr eine schnippische Antwort. Stille breitete sich im Raum aus. Später, als sie auch die Unterhaltung durch Musiker oder Poeten ablehnte, stand Nacoya auf und widmete sich anderen Aufgaben.
    Dann, als die Schatten sich über den Hügeln purpur färbten, drang der Lärm der heimkehrenden Soldaten zum Herrenhaus. Mara hielt die Luft an und erkannte lauten Gesang. Etwas in ihr zerbrach. Tränen der Erleichterung strömten über ihr Gesicht, denn hätte der Feind gesiegt, wäre er mit Knegsgeschrei gekommen, um die auf dem Gut zurückgebliebenen Soldaten anzugreifen. Andererseits hätten die Soldaten mehr Ruhe bewahrt, wenn Buntokapi getötet oder die Acoma zurückgeschlagen worden wären. So kündigten die fröhlichen Stimmen in der späten Nachmittagshitze eindeutig vom Sieg der Acoma.
    Mara stand auf und bedeutete ihren Dienerinnen, die Tür zum Truppenplatz zu öffnen. Müde, aber nicht mehr angespannt, stützte sie sich mit einer LIand am Türrahmen ab und wartete darauf, daß die Kompanien der Acoma in Sicht kamen. Ihre hellgrünen Rüstungen waren von einer Staubschicht bedeckt. Die Federbüsche der Offiziere hingen schlaff herab, doch die Männer marschierten im Gleichschritt, und ihr Lied erfüllte die Luft. Die Sätze klangen zwar abgehackt, denn für die meisten waren die Verse noch neu; aber es war eindeutig ein Sieg für die Acoma. Voller Freude sangen alte Soldaten gemeinsam mit ehemaligen Banditen, denn der Kampf hatte sie zusammengeschweißt. Daß dieses Ziel erreicht worden war, schmeckte süß nach der Trauer, die das Haus erst ein Jahr zuvor heimgesucht hatte.
    Buntokapi ging direkt auf seine Frau zu und verbeugte sich leicht; eine Formalität, die Mara überraschend fand. »Meine Gemahlin, wir haben gesiegt.«
    »Ich bin so glücklich, mein Gemahl.« Ihre Aussage klang ehrlich, was jetzt wiederum ihn verwirrte. Die Schwangerschaft schien sie mitzunehmen, denn sie sah nicht gut aus.
    Buntokapi fühlte sich auf merkwürdige Weise beschämt, und er führte weiter aus: »Die Hunde der Minwanabi und Kehotara verkleideten sich als Graue Krieger und versuchten in unser Land einzudringen. Sie hatten uns bei Morgengrauen angreifen wollen, wenn wir alle noch geschlafen hätten.«
    Mara nickte. Genau so hätte auch sie einen solchen Überfall geplant. »Waren es viele, Mylord?«
    Buntokapi zog den Helm vom Kopf und warf ihn einem der wartenden Diener zu. Er kratzte sich mit beiden Händen kräftig zwischen den feuchten, verfilzten Haaren. Seine Lippen teilten sich vor Zufriedenheit. »Oh, es tut so gut, den loszuwerden.« Er warf einen Blick auf seine Frau, die im Türrahmen stand. »Was? Wie viele es waren?« Sein Gesichtsausdruck wurde nachdenklich. »Wesentlich mehr, als ich erwartet hatte …« Über die Schulter rief er Lujan etwas zu, der sich mit Keyoke um die Auflösung der Männer kümmerte. »Befehlshaber, wie viele waren es nun, die angegriffen haben?«
    Die Antwort schoß fröhlich über das Chaos im Hof. »Dreihundert, Mylord.« Mara unterdrückte ein Zittern. Sie legte eine Hand auf den Bauch, wo sich das Baby bewegte.
    »Dreihundert getötet oder gefangen«, wiederholte Buntokapi stolz. Dann, als wäre ihm doch noch ein Gedanke gekommen, rief er wieder über den Hof: »Lujan, wie viele von unseren Männern?«
    »Drei tot, drei im Sterben und fünf weitere ernsthaft verletzt.« Die Antwort war kaum weniger überschwenglich, und Mara schloß daraus, daß Lujans Rekruten gut gekämpft hatten.
    Buntokapi grinste seine Frau an. »Wie gefällt dir das, meine Gemahlin? Wir warteten in einem Versteck oberhalb von ihnen, ließen Pfeile und Steine auf ihre Köpfe prasseln und trieben sie dann gegen unsere Schilde und Schwerter. Dein Vater hätte es nicht besser machen können, was?«
    »Nein, mein Gemahl.« Dieses Zugeständnis machte sie widerwillig, aber es entsprach der Wahrheit. Buntokapi hatte die Jahre seiner Ausbildung als Soldat nicht vergeudet. Und für einen flüchtigen Augenblick wichen die Verachtung und die Abscheu, die sie ihm gegenüber normalerweise empfand, dem Stolz auf die Taten ihres
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