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Die Auserwaehlte

Die Auserwaehlte

Titel: Die Auserwaehlte
Autoren: Raymond E. Feist
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Baracken waren.
    Als die Krieger herbeieilten und sich in Reih und Glied aufstellten, sah Papeweio seinen Kommandeur an. Ihre Blicke kreuzten sich einen Augenblick, und die beiden Männer erkannten, daß ihnen der gleiche Gedanke gekommen war. Dieser starrköpfige Mann, beinahe noch ein Junge, war gefährlich. Als sie sich wieder trennten und ihre Aufgaben konzentrierten, beteten beide still für Lady Mara.

    Die Stunden vergingen, und die Schatten wurden kürzer. Die Sonne kletterte zum Zenit, während die Needra-Hirten zum Mittagessen von den Weiden zurückkehrten. Diener und Sklaven gingen ihren Arbeiten nach, als könnte kein Unglück eintreten. Mara ruhte sich aus; sie versuchte zu lesen, doch ihr Verstand sträubte sich hartnäckig gegen die Beschäftigung mit der verwickelten Organisation der Ländereien und Geschäfte des Kaiserreichs, die Dutzenden von großen Lords und Hunderten von geringeren gehörten. Einmal, es war in einer Nacht vor etwa einem Monat gewesen, hatte sie geglaubt, sie hätte ein Muster entdeckt, nach dem die entfernten Besitztümer eines Gutes plaziert würden. Doch nur wenige Stunden weiterer Beschäftigung hatten ausgereicht, um sie erkennen zu lassen, daß diese Annahme eine Illusion gewesen war. Aber die Bemühungen hatten sie auf einen anderen Gedanken gebracht: Für das Spiel des Rates konnte es sich als genauso wichtig erweisen wie alle anderen Feinheiten, wo die Ländereien einer Familie lagen.
    Den ganzen hitzeflimmernden Nachmittag grübelte Mara über diesen neuen Gedanken. Die Sonne ging unter, und in der kühleren Luft des Abends nahm sie ein langes und schweigsames Mahl zu sich. Die Bediensteten waren sehr fügsam, was bei der Abwesenheit ihres Herrn ungewöhnlich war. Die Schwangerschaft lastete wie ein schweres Gewicht auf Mara, und sie zog sich früh zum Schlafen zurück. Ihre Träume waren unruhig. Sie wachte mehrmals in der Nacht mit wild klopfendem Herzen auf und lauschte auf Geräusche der zurückkehrenden Männer; doch statt marschierender Füße und quietschender Rüstungen hörte sie in der Stille der Nacht nur das leise Muhen der Needra-Kühe und das Zirpen der Nachtinsekten. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wie es ihrem Mann und Keyoke gegen die Banditen in den Bergen ergangen war, sie wußte nur, daß der Friede auf dem Gut noch nicht gestört worden war. Erst kurz vor Tagesanbruch fiel sie in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
    Als sie aufwachte, schien ihr die Sonne ins Gesicht, da sie irgendwann während der unruhigen Nacht die Läden geöffnet hatte. Das Mädchen, das am frühen Morgen Dienst hatte, mußte vergessen haben, sie zu schließen, und die Hitze brachte sie beinahe wieder zum Schwitzen. Mara setzte sich in den Kissen auf und spürte plötzlich, daß ihr schlecht wurde. Ohne erst die Dienerin zu rufen, hastete sie in die Kammer für die nächtliche Notdurft. Ihr war grauenhaft übel. Die Zofe hörte ihre Herrin und rannte mit kühlen Tüchern hinterher. Dann brachte sie Mara zurück zu ihren Kissen und wollte Nacoya holen. Mara hielt sie an der Tür auf. »Nacoya hat auch schon genug Sorgen«, meinte sie und zeigte mürrisch auf den offenen Fensterladen. Das Mädchen schloß ihn hastig, doch der Schatten half nicht. Mara lehnte sich zurück; sie war kreidebleich und schwitzte. Den ganzen Tag über war sie besorgt und nicht in der Lage, sich auf die Handelsangelegenheiten zu konzentrieren, an denen sie sonst niemals das Interesse verlor. Es wurde Mittag, und die Männer kehrten nicht zurück. Mara begann sich ernsthafte Sorgen zu machen. War Buntokapi durch das Schwert eines Banditen gefallen? Hatten sie den Kampf gewonnen? Das Warten erschöpfte sie und hüllte ihre Gedanken in eine Wolke aus Zweifeln. Die Sonne hinter dem Laden stieg in den Zenit, und Nacoya kam mit dem Mittagessen zu ihr. Dankbar darüber, daß ihr nicht mehr schlecht war, gelang es Mara immerhin, ein bißchen Obst und einige süße Kekse zu essen.
    Nach dem Essen legte sich die Lady der Acoma hin, um sich während der Hitze des Nachmittags auszuruhen. Doch der Schlaf wollte nicht kommen. Als die Schatten der Blätter auf den Läden langsam länger wurden, lauschte sie auf die leiser werdenden Geräusche draußen, als die freien Arbeiter in ihre Hütten zurückkehrten. Den Sklaven war diese Mittagspause nicht erlaubt, doch wann immer es möglich war, wurde für die Zeit vom Mittag bis zur vierten Stunde am Nachmittag die am wenigsten anstrengende Arbeit des ganzen Tages
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