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Die Antikriegs-Maschine

Die Antikriegs-Maschine

Titel: Die Antikriegs-Maschine
Autoren: Bob Shaw
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Asche, und seine Kleidungsstücke waren noch immer feucht. Er zitterte vor Kälte, als er seine verknitterten Sachen einsammelte und mit in die Küche nahm. Dort stellte er das Backrohr und alle vier Brenner an, trocknete seine Kleidung darüber und wärmte sich selbst.
    Während er wartete, hatte er plötzlich Sehnsucht nach Tee: nicht nach dem zarten Darjeeling, den er mit Vicky getrunken hatte, sondern nach starkem, billigem Rentnertee, der heiß und süß serviert wurde. Je länger er daran dachte, desto mehr festigte sich seine Überzeugung, eine Kanne Tee könnte seine Kopfschmerzen lindern, das Halsweh heilen und seine schmerzenden Gelenke wieder beweglich machen. Er durchsuchte alle Küchenschränke, aber der unbekannte Vermieter hatte nichts darin zurückgelassen.
    Auch gut, dachte er. Wenn kein Tee im Haus ist, gehe ich eben los und kaufe welchen.
    Dieser Gedanke erfüllte ihn mit kindischem, fieberhaftem ‘ Entzücken. Er hatte sich vorgenommen, die Haustür erst nach Ablauf seines Ultimatums zu öffnen, falls das Haus beobachtet wurde, aber das war bestimmt übervorsichtig. Schließlich hätte er längst etwas merken müssen, wenn er beschattet worden wäre. Er zog sich rasch an und genoß die Hochstimmung, in die ihn dieser neue Entschluß versetzte. Er freute sich schon darauf, wie irgend jemand anders in einen altmodischen Kramladen zu gehen und die Schinken und das frische Brot zu riechen. Er genoß das Vorgefühl, alltägliche Dinge wie Tee und Milch und Zucker einkaufen zu können…
    Hutchman zog seine graue Windjacke an und war zur Haustür unterwegs, als er sich im Flurspiegel sah. Strähniges Haar hing wirr in ein bärtiges Gesicht, das an eine Totenmaske erinnerte. Er hatte rotgeränderte Augen, war ungewaschen und sah krank aus. Vor allem wirkte er unheimlich: eine gespenstische Erscheinung, die jedem auffallen mußte, der sie zu Gesicht bekam. In diesem Zustand konnte er das Haus unmöglich verlassen.
    Die Wände um ihn herum schienen zu schwanken. Er ging nach oben zu seiner Maschine und war überrascht, als er auf der vorletzten Stufe stolperte und sich am Treppengeländer festhalten mußte. Ich bin krank, dachte er erschrocken. Ich bin wirklich krank. Mit dieser Entdeckung kam die lähmende Angst, er könnte vielleicht nicht mehr imstande sein, die Maschine richtig zusammenzubauen oder zum festgesetzten Zeitpunkt zu bedienen. Er straffte die Schultern, betrat das zweite Schlafzimmer und begann zu arbeiten.
    Im Lauf des Tages wechselten sich Wach- und Traumperioden in unregelmäßigen Intervallen ab.
    Manchmal schienen seine Hände wie von selbst zu arbeiten: Sie prüften die Energieversorgung, bauten den Laser auf und stellten die optische Kupplung her. Aber diese Fortschritte wurden fast wieder zunichte gemacht, wenn andere Arbeiten, die er stets für leicht gehalten hatte, sich als entnervend schwierig erwiesen. Das war beispielsweise der Fall, als es darum ging, den Laserstrahl auf den Mond auszurichten – Hutchman hatte sich für diesen natürlichen Reflektor entschieden, weil er die Strahlung wirksam über eine größtmögliche Fläche verteilte. Der Nachführmechanismus wurde durch ein Uhrwerk betrieben, dessen Aufbau noch keine Schwierigkeiten machte; aber als Hutchman das mitgebrachte Tabellenwerk aufschlug, um die benötigten Werte für die Feineinstellung herauszusuchen, verschwammen die Zahlen vor seinen Augen.
    Er versuchte angestrengt, sich darauf zu konzentrieren, und erlitt zwischendurch immer wieder Schwächeanfälle, bei denen er nur noch an heißen Tee denken konnte, oder machte in Gedanken sinnlose Ausflüge in die Vergangenheit. Vicky, die sich weigerte, sich nach einem Streit mit ihm zu versöhnen: »Wenn man wütend ist, sagt man manchmal Dinge, die man wirklich meint.« Ein Einkaufsbummel mit ihr auf der Bond Street, bei dem eine Frau auf der anderen Straßenseite ihren Schirm öffnete: ein roter Punkt am äußersten Rand von Hutchmans Blickfeld, der wie eine heranschießende Rakete plötzlich größer wurde, so daß er sich instinktiv duckte und erstmals begriff, warum man keine Schirme in der Nähe von Pferden öffnen sollte. Vicky mit erregter Stimme: »Warum ich Oxfam für ein zweckloses Unternehmen halte? Hör zu, Lucas, wenn jährlich elf Millionen Kinder sterben, hat es keinen Sinn mehr, Geld zu sammeln – damit ist das Rad der Geschichte nicht aufzuhalten.« Whisky auf der Terrasse, während die Sonne hinter den Pappeln unterging…
    Als die Maschine
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