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Die Antikriegs-Maschine

Die Antikriegs-Maschine

Titel: Die Antikriegs-Maschine
Autoren: Bob Shaw
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tagelang nicht mehr an Damaskus gedacht hatte. Die zerstörte Stadt interessierte ihn kaum noch. Für ihn existierte nur noch ein Dreieck: Vicky und er und die Antikriegs-Maschine. An der Straßensperre hatte sich eine lange Autoschlange gebildet. Aber die Uniformierten warfen nur einen Blick auf das Taxi und seine Insassen, bevor sie Hutchman zuwinkten, er solle weiterfahren.

16
    Es war nach Mitternacht, als Hutchman in Hastings aus dem Zug stieg.
    Er war mit dem kleinen Wagen bis Swindon gefahren und hatte ihn dort nachmittags an einem leeren Taxistand zurückgelassen. Dann war er mit der Eisenbahn nach Southampton gefahren und in den Zug nach Hastings umgestiegen. Aber er hatte lange auf den Anschluß warten müssen und war entsetzlich langsam vorangekommen.
    Das Bewußtsein, daß der von ihm selbst festgesetzte Termin weniger als sechsunddreißig Stunden entfernt war, lastete schwer auf ihm, als er auf den Bahnhofsplatz hinaustrat. Das tagsüber so milde Wetter hatte sich erheblich verschlechtert: Eisiger Regen durchnäßte Hutchman, sobald er das schützende Vordach verließ. Am Bahnhof warteten mehrere Taxis, aber er wagte nicht, eines zu nehmen, sondern machte sich zu Fuß auf den Weg durch die Stadt. Er brauchte eine Viertelstunde, um das gemietete Haus zu erreichen, war so klatschnaß, als wäre er ins Meer gefallen, und zitterte unkontrollierbar.
    Er schloß die Tür des kleinen Hauses auf und zögerte dann, von unerklärlicher Angst befallen, auf der Schwelle. Dies war der vorletzte Punkt, an dem es kein Zurück mehr gab; dieser eine Schritt war kaum weniger endgültig, als wenn er schon auf den schwarzen Knopf gedrückt hätte. Er hatte nicht den Wunsch, durch irgendeine Einwirkung von außen von seinem Vorhaben abgebracht zu werden – sein Leben war so zerstört, daß eine Umkehr sinnlos gewesen wäre. Aber sobald er das Haus betrat, sobald er diese Tür hinter sich schloß, war seine letzte Verbindung zur übrigen Menschheit abgerissen. Selbst wenn er hier aufgespürt wurde, erreichten die Männer, die mit Gewalt in das Haus eindrangen, damit nur, daß er den Knopf etwas eher drückte. Er war der Mann im Zielpunkt, und er konnte nicht mehr zurück…
    Die Tür war durch den Regen etwas gequollen, so daß er mit der Schulter dagegendrücken mußte, um sie richtig schließen zu können. Er tastete sich in dem schwachen Lichtschein, der von der
nächsten Straßenlampe her durch das Oberlicht über der Haustür fiel, die Treppe hinauf. Das Licht brannte nicht, als er den Schalter betätigte, aber Hutchman konnte feststellen, daß sich während seiner Abwesenheit nichts verändert hatte. Der Raum enthielt noch immer den grünlackierten Stuhl und die Einzelteile seiner Maschine.
    Hutchman stolperte mit quatschenden Schuhen die Treppe hinunter, fand den Hauptschalter im Zählerschrank und legte ihn um. Danach ging er von einem Zimmer zum anderen, ließ überall die
    Rolläden herunter und machte Licht. Aber die erhoffte Wirkung blieb aus: Sein kleines Reich wirkte jetzt nur noch düsterer und deprimierender als zuvor. Er trat in den Hinterhof hinaus, wo der
    Regen auf ein Glasdach prasselte, und fand in der hintersten Ecke der betonierten Lagerfläche etwa einen Eimer voll Kohle, aber keine Schaufel. Hutchman sah sich um, entdeckte ein altes Stück
    Öltuch auf dem Boden des Außenaborts und benutzte es, um die Kohle ins Wohnzimmer zu tragen, wo er den Kamin heizen wollte. Als Nichtraucher hatte Hutchman kein Feuerzeug, aber er konnte ein Stück Zeitungspapier an dem automatischen Gasherd in der Küche anzünden. Das Öltuch verbrannte mit heller Flamme, aber die Hitze genügte nicht, um die Kohlen in Brand zu setzen. Er zögerte noch, wunderte sich dann über seine Hemmungen, zog eine Küchenschublade heraus, zertrat sie und warf das Holz ins Feuer. Diesmal brannten die Kohlen an und garantierten ihm zumindest für die nächste Zeit etwas Wärme. Hutchman zog sich aus, wickelte sich in den staubigen Überwurf
    des alten Sofas und machte sich darauf gefaßt, die fünfunddreißigstündige Wartezeit zu beginnen. Dabei fiel ihm die erste Zeile eines Gedichts von Sassoon ein:
    »Ich träume von einem kleinen, feuerhellen Raum…« Und diesmal brauchte er nicht lange zu warten, bis die Tränen kamen.
     
    Als Hutchman am nächsten Morgen erwachte, hatte er hämmernde Kopfschmerzen und einen rauhen Hals. Jeder Atemzug schmerzte. Er setzte sich mühsam auf und sah sich um. Im Kamin lag nur eine Handvoll graue
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