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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft
Autoren: Johanna Marthens
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nicht kommen!«, schrie ich erneut, bevor Matze ein weiteres Mal zustach. Dieses Mal in meinen Oberschenkel. Es schmerzte unerträglich.
»Ich sage es noch einmal: Wenn ihr sie lebendig wieder haben wollt, müsst ihr sie holen.« Danach legte er auf.
»Du dummes, dummes Mädchen. Warum willst du nicht gerettet werden? Die beiden tapferen Ritter werden kommen, um dich aus meinen Fängen zu befreien. Lass sie doch!«
»Wozu denn? Damit Sie uns alle drei ermorden? Ich glaube nicht, dass Sie mich am Leben lassen, weil ich weiß, dass Sie ein Mörder sind.«
    Das Reden begann mir schwerzufallen. Die Schmerzen lähmten meine Zunge. Und das Leben tropfte langsam aus meinem Leib.
»Kluge Moona.« Er strich mit dem Messer über meinen Körper. Wenn es auf bloße Haut traf, hinterließ es einen blutigen Kratzer.
»Aber warum?«
Er richtete sich auf. »Weißt du, wie lange ich schon Bürgermeister von Mullendorf sein möchte? Seitdem ich denken kann. Doch es hat nie geklappt. Zuerst war ich zu jung, dann war ich während des  Wahlkampfs krank und musste ins Hospital. Und dann kommt auch noch dieser Typ daher, von dem keiner weiß, woher er stammt und was er in Mullendorf eigentlich will, baut eine dämliche Tankstelle und wird Bürgermeister. Weißt du, was für eine Demütigung das für mich war?«
Ich nickte, um ihn zu beruhigen und davon zu überzeugen, dass ich total auf seiner Seite war und deshalb nicht beseitigt werden musste.
»Und bei der nächsten Wahl gewinnt er sogar noch deutlicher. Ich hasse diesen Kerl.«
Er spuckte verächtlich in den Dreck auf dem Boden der Mühle. Als ich hinunterblickte, bemerkte ich, dass der Boden schon rot war von meinem Blut. Es lief in einem schmalen Rinnsal über die Dielen, mischte sich mit dem Staub und Taubendreck und versickerte in den Ritzen.
    Die Schmerzen hatten nachgelassen. Mein Kopf fühlte sich viel leichter an als vorher. Ich spürte, wie meine Hände langsam erkalteten. Ich verblutete.
»Aber Robert hat Ihnen nichts getan«, sagte ich müde. Es klang wie ein Murmeln, mehr Kraft hatte ich nicht.
»Er ist genauso ein Fremder, der plötzlich auftaucht und die Sympathien der Leute erobert. Das kann doch nicht sein! Wir haben genügend eigene Leute, die etwas drauf haben.«
»Wir haben keinen Arzt.«
»Wozu auch, wir Mullendorfer sind gesund. Schon immer gewesen und wir bleiben es auch. Das ist das Erbe der Mullendorfer Erde.«
»Warum haben Sie das Kind getötet? Es hat Ihnen nichts getan«, murmelte ich. Das Sprechen fiel mir von Satz zu Satz schwerer. Ich verlor auch jegliches Zeitgefühl. Ich hatte keine Ahnung, ob ich eine Minute oder eine Stunde brauchte, um einen Satz auszusprechen. Es fühlte sich alles an wie ein Traum, in dem Zeitsprünge passieren und wie aus dem Nichts plötzlich seltsame Zusammenhänge entstehen.
    Matzes Stimme klang wie aus weiter Ferne. »Ich wollte es dem Fremden in die Schuhe schieben, damit er sich gar nicht erst niederlässt. Dann kam ich auf die Idee, auch den Bürgermeister auf diese Weise loszuwerden. Dass sich herausstellte, dass die beiden Vampire sind, erleichtert die Sache ungemein. Mit deinem Tod wird eine Hexenjagd auf die Blutsauger im Ort beginnen. Und da ich als Zeuge zufällig vor Ort war und versucht habe, dich zu retten, kann ich bezeugen, was die beiden in unserem schönen Ort angestellt haben.«
»Sie werden nicht kommen«, flüsterte ich. Ich war so unendlich müde. Meine Augenlider fielen zu.
»Wenn sie nicht kommen, werde ich trotzdem bezeugen, dass sie es waren. Sie müssen nur einmal genauer unter die Lupe genommen werden, dann wandern sie ins Lager und Mullendorf gehört mir.«
Er hielt plötzlich inne. »Sie kommen!«
    Mit großer Mühe öffnete ich meine Augen und beobachtete, wie Matze durch eine Ritze zwischen den Mühlenbrettern lugte. »Sie kommen! Das hab ich dir doch gesagt.« Er lachte, dann nahm er das Handy zur Hand und wählte eine Nummer.
»Hallo Polizei«, wisperte er in den Hörer. »Ich bin an der alten Mühle und beobachte gerade, wie zwei Männer eine junge Frau umbringen. Der eine ist Leif Germann, der Bürgermeister, der andere gibt sich als Arzt aus. Sein Name ist Robert Bauer. Kommen Sie schnell! Ich glaube, sie sind Grabflüchter!« Danach legte er auf.
»Mach es gut, Moona!«, sagte er. Dann rammte er mir das Messer mit aller Wucht in den Bauch.
Ich sackte zusammen. Wie im Nebel bekam ich noch mit, wie Matze durch eine kleine Tür im hinteren Teil des Mühlenraumes verschwand, die hinaus zum Bach
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