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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft
Autoren: Johanna Marthens
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riecht nur nach ihrem Haushalt, nach Mann, Kind, Wäsche, verschüttetem Rotwein und Sex am Vorabend.«
Ich blendete Letzteres schnell aus meiner Vorstellung aus und wandte mich an Robert. Er hatte sich zum Hals niedergebeugt und untersuchte die Bissspuren. »Ich glaube nicht, dass die echt sind«, sagte er nachdenklich.
»Sie stammen nicht von einem Vampir?«
»Nein.«
    Leif kam zu ihm und befühlte vorsichtig die Einstichstellen. »Du hast Recht. Die sind nachträglich hinzugefügt. Sie hat außerdem Hautfetzen unter ihren Fingernägeln, wahrscheinlich von ihrem Mörder. Sie hat sich gewehrt.«
»Fehlt Blut?«, fragte ich.
»Nicht so viel, wie fehlen würde, wenn sie wirklich gebissen worden wäre. Sie hat nur aus der Wunde am Kopf geblutet.«
»Das heißt, ihr wart es nicht. Ich meine, es war wirklich kein Vampir«, korrigierte ich mich schnell. »Aber es will euch jemand in die Schuhe schieben.«
»Nur du weißt von uns«, sagte Leif.
»Hast du jemandem davon erzählt?«
Ich zögerte, doch dann schüttelte ich den Kopf. »Nein«, log ich. Dass ich nicht dicht gehalten hatte, konnte ich den beiden jetzt nicht sagen. Das musste ich zuerst mit Viviane klären.
»Dann weiß ich nicht, wer es sein könnte.«
»Ich habe noch eine Idee«, sagte Leif plötzlich und richtete sich auf. »Du hast doch merkwürdige Sachen geträumt, die in Erfüllung gehen. Das heißt, dass du so etwas wie eine Hellseherin bist. Hellseher können auch Visionen von Morden haben, wenn sie die Opfer berühren.«
»Ich weiß nicht, welche Filme oder Fernsehserien du siehst, aber ich glaube nicht, dass das funktioniert«, erwiderte ich kühl.
»Versuch es«, befahl er.
Ich sah hilfesuchend zu Robert. Der nickte. »Einen Versuch ist es wert.«
    Also fügte ich mich und beugte mich über das Opfer. Ich berührte den kalten Arm von Josephine Hahn, strich über die feinen Härchen darauf. Doch nichts passierte.
»Und?«, fragte Leif.
»Nichts.«
»Mist.« Er gab auf und trat zur Seite.
Ich strich zum Abschied von Frau Hahn, in deren Haus ich so oft gesessen, Kakao getrunken und mit Viviane Blödsinn angestellt hatte, sanft über ihre Wange, und da geschah es. Wie eine böse Erinnerung tauchten Bilder vor meinem Auge auf. Ein Streit, ein heftiger Streit mit einem Mann, der sie schlug. Ich konnte nicht erkennen, wer es war, aber ich konnte ihre Angst spüren. In ihrer Verzweiflung schlug sie um sich, kratzte und schrie, doch er war stärker als sie. Ein dumpfer Schlag krachte auf ihren/meinen Kopf, dann waren die Bilder weg. Benommen stand ich da.
»Alles klar?«, fragte Robert und sah mich besorgt an.
»Ich habe den Streit gesehen, die letzten Minuten ihres Lebens.« Ich griff an meinen Schädel, ob dort vielleicht Blut rann, aber da war nichts.
»War der Mörder dabei?«
»Ja, aber ich konnte ihn nicht erkennen.«
»Versuch es nochmal«, forderte Leif. Doch in diesem Moment tauchten mehrere dunkle Wagen an einer Straßenbiegung am Horizont auf. Die Mordkommission.
»Wir müssen weg«, warnte Robert.
»Verdammt.« Leif warf einen letzten Blick auf das Opfer, dann stieg er über die Leiche zurück zur Straße. Wir folgten ihm.
»Ich möchte nach Hause laufen«, sagte ich. »Ich muss ein paar Telefonate erledigen.«
Leif nickte. »Das trifft sich gut. Dann fahren wir gleich nach Gallburg weiter. Ich habe dort ein paar Dinge wegen der Zeitung zu klären.«
»Meinst du mit ›wir‹ etwa mich? Fahren wir zusammen weg?«, fragte Robert erstaunt.
»Willst du hier sein, wenn sie alles im Ort auseinandernehmen, mit Wärmebildkameras nach Untoten suchen und jeden Bewohner verhören, ob er ein Vampir ist?«
»Nein.«
    Sie stiegen gemeinsam ins Auto.
Ich verabschiedete mich von ihnen und holte mein Handy aus der Tasche, sobald sie davon gefahren waren. Ich musste unbedingt mit Viviane reden.
Sie klang schon etwas gefasster. »Kommst du her?«, fragte sie sofort. »Ich möchte nicht alleine sein.«
»Ich komme später. Ich muss nur etwas wissen. Viviane, hast du irgendjemandem davon erzählt, was ich dir über Leif und Robert gesagt habe?«
»Nein, natürlich nicht!«
»Bist du dir sicher?«
»Ja, warum willst du ...« Doch auf einmal verstummte sie.
»Viviane! Bist du da?«
»Ja, ich bin da. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich gestern Abend, als mein Stiefvater alleine zu Hause saß, weil meine Mutter im Kino war, ihm davon erzählt habe. Oh, ist das schlimm? Er hat nur gelacht! Er wird ganz sicher niemanden verraten! Er ist kein Vampirhasser. Er mag
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