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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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Verfahren bei der BaFin an den Petitionsausschuss des Bundestags oder an das Bundesfinanzministerium, landet ihr Fall wieder bei den Aufsehern in der Graurheindorfer Straße. Die Behörde ist als zuständigeFachstelle für Ministerium und Politik der erste Ansprechpartner und bereitet die Stellungnahmen für den Petitionsausschuss vor.
Anstalt für Vertrauensbildung
    Die BaFin ist nicht nur für Versicherungen zuständig. Sie beaufsichtigt auch Banken, Finanzdienstleister und Wertpapierhändler. Chefin Elke König ist eine der wenigen Frauen, die es bis in den Vorstand eines Versicherungsunternehmens geschafft haben. Von 2002 bis 2009 war sie Finanzvorstand beim Rückversicherer Hannover Rück, der zum Versicherer Talanx gehört. Danach gehörte sie dem International Accounting Standards Board in London an. Das ist ein Gremium, das an Bilanzstandards für Unternehmen arbeitet. Verbindliche Standards für die Aufstellung von Bilanzen sind wichtig, damit Unternehmen dort auch die Wirklichkeit abbilden und schlechte Zahlen nicht verstecken. Für Elke König ist die Beschwerdeabteilung der BaFin sicher nicht die wichtigste. Die eigentliche Aufgabe der Behörde ist eine andere. Sie ist gewissermaßen die Anstalt öffentlichen Rechts für Vertrauensbildung im Finanzsektor. Als Oberaufseherin soll Elke König dafür sorgen, dass das deutsche Finanzsystem stabil und funktionsfähig bleibt. Anleger und Kunden sollen Vertrauen in die Branche haben können. Die Politik liefert die Bürger zwar der Finanzbranche aus. Aber sie will nicht riskieren, dass der Staat später auf den Kosten sitzen bleibt, wenn die Versicherer ihre Aufgaben schlicht nicht erfüllen können – zum Beispiel, weil sie sich in ihrer Gier nach Gewinn verzockt haben und einen Börsencrash nicht überstehen. Aus diesem Grund verlangt die Politik Sicherheitsmaßnahmen. Das ist auch Verbraucherschutz: Würde der Versicherer pleitegehen, wäre das für den Kunden sehr ungünstig. Zwar hat die Branche mit der Auffanggesellschaft Protektor eine Lösung für den Fall, dass Lebensversicherer in Turbulenzen geraten. Aber der Kunde muss in so einem Fall mit Abstrichen rechnen.
    Die BaFin schaut mit scharfem Blick auf die Vermögensverhältnisse der Unternehmen. Die Aufseher achten darauf, dass die Unternehmen ihr Kapital »risikoadäquat« anlegen – sich also nicht verzocken. Haben die Unternehmen nicht genug Sicherheiten, kann die Behörde zum Beispiel verlangen, dass ein Finanzierungs- oder Sanierungsplan aufgestellt wird. Gleichzeitig müssen die Versicherer bestimmte Regeln bei der Gewährung der Überschussbeteiligung beachten, tun sie das nicht, schreitet die Aufsicht ein. Das geschieht auch, wenn Unternehmen möglicherweise gegen Gesetze verstoßen haben. Nach Bekanntwerden der Skandalserie um die »Budapest«-Reisen der ERGO-Vertreter rückten Aufseher an, um die Vorgänge zu prüfen.
    Dabei hat die Behörde eine ganze Menge Möglichkeiten. Sie kann Sonderprüfungen vornehmen oder in Rundschreiben das Abstellen bestimmter Geschäftspraktiken anmahnen. Auf diesem Weg hat die BaFin einen Warnschuss für diejenigen Versicherer abgegeben, die für die Vermittlung privater Krankenpolicen völlig überhöhte Provisionen zahlen. Sie drohte mit Sonderprüfungen, falls Gesellschaften Vertreter überdurchschnittlich hoch beteiligen. Im Schnitt sind die Provisionszahlungen für Vermittler innerhalb von zehn Jahren von 7,5 Monatsbeiträgen auf 8,9 Monatsbeiträge gestiegen. Mit einer Sonderprüfung drohte die Aufsicht den Unternehmen, die über dem Durchschnitt lagen. Interessanterweise waren es Manager aus der Assekuranz, die die Aufsicht um Maßnahmen gebeten hatten. Lockt ein privater Krankenversicherer Vermittler mit zu hohen Vergütungen, wird in einem gesättigten Markt einem anderen etwas weggenommen. Diese Unternehmen wehren sich. Mittlerweile ist der Gesetzgeber eingeschritten und hat die Provisionen in der privaten Krankenversicherung auf neun Monatsbeiträge begrenzt.
    Die BaFin kann Verwaltungsakte erlassen, Bußgelder verhängen, Manager abberufen oder im schlimmsten Fall Gesellschaften schließen. Zu ihren Instrumenten gehören Stresstests, mit denen die Auswirkungen von Börsencrashs, anhaltend niedrigen Zinsen und anderem Ungemach simuliert werden. Die Stresstestssind Resultat der Kapitalmarktkrise zu Beginn des Jahrtausends. Im Laufe des Jahres 2001 zeichnete sich das Ende des damaligen Börsenbooms ab, der Anschlag am 11. September beschleunigte die
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