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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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Dabei kontrollieren sie auch, ob beanstandete Praktiken geändert wurden.
Hitliste der Beschwerden
    Im Jahr 2010 gingen 30,7 Prozent der Verfahren für die Beschwerdeführer positiv aus, 55,1 Prozent bewertete die BaFin als unbegründet und in 14,2 Prozent der Fälle war sie nicht zuständig. Erfolgreich beschwert hatte sich eine Kundin, die in eine bestehende Rentenversicherung weitere 5000 Euro als zusätzliche Einzahlung eingebracht hatte. Der Versicherer erhöhte diegarantierte Rente für die Frau nach Eingang der Zahlung nicht. Nach seiner Auffassung konnte die Zuzahlung nur Einfluss auf die Überschussbeteiligung haben, den nicht garantierten Teil der Rente. Die Kundin beschwerte sich bei der BaFin. Die Aufseher teilten ihre Auffassung, dass der Text in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen so zu verstehen war, dass sich mit der Zuzahlung auch die Garantierente erhöht. Das Unternehmen hat die Formulierungen geändert und der Kundin angeboten, statt der Zuzahlung das Geld in einen separaten Vertrag zu stecken. Das war zwar nicht das, was die Kundin wollte, aber immerhin eine Lösung. Fallen Lehmann und seinen Kollegen systematische Fehler auf, etwa bei Formulierungen in Verträgen, geben sie diese an die operative Aufsicht weiter. Das schärfste Instrument der Aufsicht ist der Verwaltungsakt, mit dem sie Maßnahmen anordnen kann. Das wird im Zuge der Beschwerdeverfahren aber selten eingesetzt. Aufseher und Unternehmen haben Interesse an einem einvernehmlichen Verfahren, das bereitet beiden Seiten weniger Unannehmlichkeiten.
    Die BaFin finanziert sich ausschließlich über Umlagen von den von ihr beaufsichtigten Unternehmen und Verwaltungseinnahmen, zusammen immerhin 143 Millionen Euro im Jahr 2010. Für ein Beschwerdeverfahren müssen Versicherer der BaFin nichts zahlen. Doch die Eingaben an die Behörde sind für die betroffenen Unternehmen schmerzhaft. Die Behörde erstellt regelmäßig eine Statistik, in der unterschieden nach Sparten die Zahl der Beschwerden für die einzelnen Versicherer aufgeführt wird. Diese Statistik ist im Internet auf der BaFin-Homepage und im Jahresbericht für jedermann einsehbar. Für Kunden ist sie vor Vertragsabschluss eine gute Orientierung. Bei einem Streit ist der Hinweis des Verbrauchers an den Versicherer sinnvoll, dass er eine Beschwerde bei der BaFin in Erwägung zieht. So manchen Sachbearbeiter bringt das dazu, eine Entscheidung zu überdenken.
    Freiwillig hat die Aufsicht nicht mit der Veröffentlichung der Unternehmensnamen begonnen. Journalisten hatten nicht hingenommen, dass die Namen der Gesellschaften unter Verschluss gehalten wurden. Sie zogen vor Gericht, mit Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat die Vorläuferbehörde der BaFin, das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, im Jahr 1995 dazu verpflichtet, eine nach Unternehmen und Zweigen aufgeschlüsselte Beschwerdestatistik zu veröffentlichen. Über Gründe und Berechtigung der Eingaben erfährt die Öffentlichkeit nichts, allein die Tatsache des Beschwerens zählt. »Die Versicherer zählen mit, wie viele Beschwerden über sie bei uns eingehen«, sagt der Leitende Regierungsdirektor Rainer Schacht, der für Beschwerden über Lebens- und Krankenversicherer zuständig ist. Kommen die Versicherer auf andere Zahlen, beschweren sie sich ihrerseits. Die meisten Beschwerden in der Lebensversicherung verbucht Marktführer Allianz Leben mit 230 bei 10,24 Millionen Verträgen, während die sehr viel kleinere ERGO Leben mit 5,65 Millionen Verträgen und 155 Beschwerden relativ gesehen mehr unzufriedene Kunden verzeichnet.
    Auffällig sind die Zahlen des selbst ernannten Kundenverstehers auch in anderen Sparten. Sein Krankenversicherer DKV kommt auf den Spitzenwert von 248 Beschwerden, obwohl er nach Vertragszahlen von 3,19 Millionen nur der Marktzweite ist. Mit 3,61 Millionen Verträgen ist die Debeka Marktführer in der privaten Krankenversicherung, sie kommt auf 82 Beschwerden. Nummer zwei in der Beschwerdehitliste ist die Allianz Private Krankenversicherung (169), gefolgt von AXA (164) und Central (133). Auch der ERGO-Rechtsschutzversicherer DAS erreicht Spitzenwerte, ist allerdings auch Marktführer in diesem Segment. Für die ERGO-Unfallversicherung, die als Einzige in der Sparte mehr als 100 Beschwerden erreicht, gilt das nicht. Sie ist die Nummer zwei auf dem Markt, aber Marktführer Generali kommt nicht einmal auf ein Fünftel der Beschwerden. Wenden sich Verbraucher nach einem erfolglosen
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