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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes
Autoren: Michael Katz Krefeld
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hätte sich verkrochen. Aber Kommissar Blindheim wollte es anders. Er hatte zu ihrem Schutz zwei Wachen vor der Tür abgestellt.
    Blindheim selbst ließ sich am nächsten Tag blicken. Er war glänzender Laune. Ihr sensationelles Überleben schien nicht nur auf ihn, sondern auf die ganze Stadt eine euphorische Wirkung zu haben. Auch die Vestposten hatte sich bereits in aller Ausführlichkeit über den ebenso heroischen wie unerklärlichen Vorgang verbreitet. Was dazu führte, dass das Klinikpersonal alle Hände voll damit zu tun hatte, die Blumensträuße entgegenzunehmen, die Maja unentwegt geschickt wurden. In erster Linie stammten sie von ihren Patienten, aber auch von ehemaligen Kollegen. Das Personal der Notaufnahme schenkte ihr eine Pflanzschale, und von Linda erhielt sie einen Strauß Tulpen – rosa natürlich.
    Blindheim erzählte, dass der lettische Mann, den Maja mit dem Injektor betäubt hatte, in Untersuchungshaft sitze. Interpol habe schon seit geraumer Zeit nach ihm und seinem toten Bruder gefahndet. Ihnen werde Raub, Entführung, Erpressung sowie ein unaufgeklärter Mord in Riga zur Last gelegt. Maja spürte, dass der alte Bluthundinstinkt, den
sie so lange bei Blindheim vermisst hatte, zurückgekehrt war. Endlich schien auch ihm die ganze Tragweite des Falls bewusst geworden zu sein. Was nicht nur an der Festnahme lag, sondern in hohem Maße an dem Fläschchen, das er erhalten hatte. Blindheim hatte das Ergebnis der Laboranalyse mitgebracht, die er in Rekordzeit hatte durchführen lassen. Die Analyse selbst war ein Kinderspiel gewesen. Das Methadon, das sich laut Etikett in dem Fläschchen befinden sollte, war durch eine Infusionslösung ersetzt worden. Die weitere Untersuchung hatte ergeben, dass die Perforation der Gummimembran von einer Injektionsspritze stammte, mit der man den Inhalt ausgetauscht hatte. Dieses Ergebnis hatte Blindheim endgültig davon überzeugt, dass Majas Behauptungen keinem verwirrten Geist entsprungen waren, sondern zu polizeilichen Ermittlungen Anlass gaben.
    Der Kommissar schaute sie väterlich an.
    Â»Ich hoffe, Sie kommen schnell wieder zu Kräften.«
    Â»Bin schon fast wieder die Alte.«
    Â»Das ist gut. Ich befürchte nämlich, dass Ihnen das Schlimmste noch bevorsteht.«
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Â»Tjodolv Skarv hat bereits ein ganzes Heer von Anwälten aufmarschieren lassen. Sie haben Anzeige gegen Sie erstattet, weil Sie angeblich in sein Haus eingebrochen seien und sein Leben bedroht hätten.«
    Maja starrte ihn ungläubig an.
    Â»Soll ich etwa die Angeklagte sein?«
    Blindheim grunzte. »Der Staatsanwalt hält das Fläschchen für kein ausreichendes Beweismittel. Wollen wir also hoffen, dass unser Lette bald zu singen anfängt.«
    Sie wusste, dass Blindheim recht hatte.
    Â»Ist mein Auto geborgen worden?«
    Â»Die Reste stehen bei uns vor dem Revier. Ich denke nicht, dass Sie damit noch mal fahren können.«

    Â»Haben Sie einen Blick hineingeworfen?«
    Â»Das machen unsere Techniker gerade.«
    Â»Meine Arztasche liegt noch darin.«
    Blindheim nickte. »Ich werde dafür sorgen, dass Sie sie umgehend zurückbekommen, sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind.«
    Â»Vielleicht könnten Sie sich den Inhalt mal selbst anschauen.«
    Blindheim runzelte die Stirn. »Was würde Ihnen das nützen?«
    Maja zuckte die Schultern. »Der Amtsarzt könnte schon ein paar unangenehme Fragen stellen, was den Inhalt betrifft. Falls das offiziell wird.«
    Blindheim holte tief Luft. »Ich kann Ihnen nichts versprechen.«
    Â»Natürlich nicht. Dennoch befindet sich etwas im vordersten Fach der Tasche, das nicht einmal Tjodolv Skarv und seine Anwälte wegdiskutieren könnten.«
    Â»Wovon reden Sie?«
    Sie lächelte den Kommissar an. »Also eigentlich möchte ich Ihnen die Entdeckerfreude nicht nehmen.«
    Blindheim schüttelte gutmütig den Kopf, ehe er aufstand. An der Tür drehte er sich noch mal zu ihr um.
    Â»Werden Sie schnell wieder gesund.«
    Â 
    Maja hatte das Krankenhaus gerade noch rechtzeitig verlassen und sich in Stigs Wohnung zurückziehen können, als ein Medienorkan über die Stadt hinwegfegte, gegen den jeder Polarsturm ein laues Lüftchen war.
    Blindheims sensationelle Entdeckung in ihrer Arzttasche war in Wahrheit nicht Majas Verdienst. Sie war sich ihrer begrenzten
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