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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Fähigkeiten als Privatdetektivin nur allzu bewusst. Darum konnte es als Ironie des Schicksals betrachtet werden, dass es die Worte von Erik Skarvs Vater waren, die
seinem Sohn eine Untersuchungshaft einbrachten. Aufgenommen mit demselben Diktiergerät, auf das Erik Skarv sie bei ihrem ersten Treffen vor der Kühlhalle aufmerksam gemacht hatte. Ohne ihn hätte sie nie daran gedacht, das Gespräch mit seinem Vater aufzuzeichnen.
    Die Aufklärung der drei Mordfälle versetzte die Stadt in einen kollektiven Schockzustand. Durch Stigs tägliche Arbeit war Maja bestens über den Stand der Dinge informiert. Alle waren fassungslos über das Ausmaß des Zynismus, der den Verbrechen zugrunde lag. Die Einwohner schämten sich geradezu für ihre Stadt, die nicht nur in den Lokalnachrichten, sondern landesweit als »Stadt des Todes« bezeichnet wurde.
    Mit der Inhaftierung von Erik Skarv war auch das Schicksal des Forum Medica besiegelt. Seine weißen Segel würden niemals zum Wahrzeichen der Stadt werden. Stattdessen konnte Maja in den überregionalen Zeitungen lesen, das utopische Projekt sei ein typisches Beispiel für provinziellen Größenwahn. Ein Urteil, das sie für nicht gerechtfertigt hielt. Im Grunde hatte sie gehofft, dass die integren Kräfte der Stadt die guten Absichten, die mit dem Forum Medica verbunden waren, in irgendeiner Form aufgreifen und weiterführen würden. Aber die meisten von denen, die in die Planungen involviert gewesen waren, gingen rasch in Deckung und wollten mit dem Forum nichts mehr zu tun haben. Ein Manöver, das vor allem deshalb gelang, weil der Familie Skarv offenbar nicht daran gelegen war, andere mit sich in den Abgrund zu reißen. Den meisten Fragen begegnete sie mit eisernem Schweigen – ein mustergültiges Beispiel für angewandte Schadensbegrenzung.
    Blindheims inhaftierter Lette war da schon auskunftsfreudiger. Er gestand seine Beteiligung an den drei Morden, wenn auch in ziemlich verfälschter Form. Darüber hinaus beschrieb er in aller Ausführlichkeit, welche Rolle Vater
und Sohn Skarv bei der Angelegenheit gespielt hatten. Tag für Tag konnte die Presse neue grässliche Details zu den drei Mordfällen veröffentlichen. Details, von denen Maja lieber nichts wissen wollte. Das Geständnis kam Blindheim in jeder Hinsicht gelegen. Es trug nicht nur dazu bei, Erik und Tjodolv Skarv zu überführen, sondern brachte auch Licht in die rätselhaften Aussagen von Rolf Vikse. Der sonnte sich inzwischen in seiner Popularität und gestand in seiner Verwirrung ständig weitere Morde, die er angeblich für den KGB und den CSI begangen hatte. Kennedy, Palme und Lennon waren seine prominentesten Opfer.
    Die Ära der Familie Skarv schien endgültig beendet zu sein. Obwohl sie immer noch über ein riesiges Vermögen verfügte und Eriks jüngerer Bruder die Geschäfte übernommen hatte, war ihre uneingeschränkte Macht gebrochen. Die Zukunft der Stadt lag wieder in den Händen ihrer Bürger. Ob sie das überleben würde, musste sich zeigen.
    Â 
    Wenige Tage vor Majas geplanter Abreise hielt ein Streifenwagen vor Stigs Haus. Durch das Wohnzimmerfenster hatte sie ihn bereits kommen sehen. Zunächst glaubte sie, Blindheim wolle ihr einen Besuch abstatten, doch als sie die beiden uniformierten Beamten erblickte, befürchtete sie das Schlimmste.
    Einer der Beamten sah nicht sonderlich norwegisch aus, sondern hatte eher slawische Züge. Er schaute sich sorgfältig um, ehe er auf Stigs Haus zuschritt und an die Tür klopfte. Sie überlegte kurz, ob sie das Klopfen ignorieren sollte, öffnete dann aber die Tür.
    Â»Ja, bitte?«
    Der Beamte schaute sie kühl an. »Sind Sie Doktor Maja Benedikte Holm?«
    Â»Ja.«
    Der Beamte drehte sich zu seinem Kollegen um und nickte
ihm zu, worauf auch dieser aus dem Wagen stieg. In der Hand hielt er ihre Arzttasche.
    Â»Kommissar Blindheim hat uns gebeten, das bei Ihnen abzuliefern.«
    Â»Danke«, antwortete sie und nahm ihre Tasche in Empfang.
    Die beiden Beamten wünschten ihr noch einen schönen Tag und verabschiedeten sich.
    Als sie ins Wohnzimmer kam, stellte sie die Tasche auf den Esstisch und öffnete sie. Blindheim hatte alle Dokumente beschlagnahmt: die Patientenakten von Tjodolv Skarv und Jo Lilleengen, die beiden Obduktionsberichte sowie sämtliche Offshore-Atteste. Sie hoffte, sie würden ihm bei
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