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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes
Autoren: Michael Katz Krefeld
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klar, dass er lieber sterben, als sie mit dem Fläschchen entwischen lassen wollte. Das Forum Medica war wichtiger als alles andere.
    Wieder stemmten sie sich gegen die Tür. Die Stuhllehne knackte. Ein, zwei Versuche würde sie noch aushalten. Sie musste fliehen. Egal wie. Maja lief zum Fenster, löste die Haken. Der Sturm riss die Fenster sofort auf. Sie hatte keine andere Wahl, musste springen oder sterben. Sie warf ihre Arzttasche aus dem Fenster. Der Aufprall dauerte viel zu lange.
    Sie kletterte auf das Fensterbrett, drehte sich kurz um. Die Stuhllehne zersplitterte, als die Tür aufsprang. Sie standen im Raum. Es gab kein Zurück mehr.
    Maja stieß sich ab und sprang ins Dunkel. Ruderte mit den Armen, um irgendwie die Balance zu halten. Spürte ein Sausen in den Ohren und ein Ziehen im Magen. Das trockene Knacken des rechten Fußgelenks war das Letzte, was sie hörte, ehe ihre Knie gegen ihren Brustkorb knallten und jeden Kubikmillimeter Luft aus ihren Lungen quetschten.
    Sie konnte sich nicht bewegen, ihr Körper reagierte nicht. Sie spürte den Pulverschnee an ihrem Gesicht. Im Mund schmeckte sie Blut. Ihre Lungen pfiffen. Waren sie gerissen? Sie fasste sich ans Fußgelenk. Die Schwellung war bereits so groß wie ein Tennisball. Über sich hörte sie Stimmen. Waren die Männer schon nach unten gekommen? Sie blickte nach oben. Durch das Schneetreiben sah sie ihre Gesichter. Sie standen unschlüssig am Fenster, weit über ihr.

    Sie musste zum Auto kriechen. Über die verschneite Kiesfläche hinweg. Ihre Tasche finden. Ihre wichtige Tasche. Musste zu fahren versuchen. Die Stadt erreichen, ehe sie eingeholt wurde.
    Maja warf die Tasche auf den Beifahrersitz. Die Schlüssel. Wo waren die Schlüssel? Sie wühlte panisch in ihren Taschen. Warf einen raschen Blick zum Fenster hinauf. Es war leer. Sie waren unterwegs zu ihr. Sie fand den Autoschlüssel. Drehte ihn im Zündschloss und gab Gas. Der Schmerz zuckte durch ihr Fußgelenk, als sie das Pedal durchdrückte. Ihr wurde schwarz vor Augen. Sie riss am Schalthebel, worauf der Mercedes brüllend die Einfahrt hinunterschoss. Als sie sich dem Tor näherte, sah sie, dass es geschlossen war. Sie saß in der Falle. Sie musste Vollgas geben und darauf hoffen, dass der Mercedes stärker als das schmiedeeiserne Tor war. Ein Flügel des Tores flog über ihr Auto hinweg, als sie ihn rammte. Im Auto war davon fast nichts zu spüren.

40
    Der Schneefall nahm zu, während er vom eisigen Polarwind über die kurvige Küstenstraße getrieben wurde. In jeder Kurve brach das Heck von Majas Mercedes aus und brachte diesen kurz ins Schlingern. Dennoch holte Maja alles aus ihrem Auto heraus. Bis in die Stadt brauchte man normalerweise zwanzig Minuten. Zwanzig Minuten, die ihnen Zeit blieben, sie einzuholen. Erst an der Stadtgrenze würde sie einigermaßen in Sicherheit sein. Sie musste das Polizeirevier erreichen. Am besten Stig anrufen. Doch sie wagte jetzt nicht, in der Tasche nach ihrem Handy zu suchen. Dabei würde sie zu viel Geschwindigkeit einbüßen. Sie bereute es, ihn nicht mitgenommen zu haben, aber mit dem Einbruch im Ärztehaus wäre er niemals einverstanden gewesen, und auch Skarvs Geständnis hätte sie mit ihm nicht erreichen können. Doch jetzt, da sich zwei helle Frontscheinwerfer in ihrem Rückspiegel abzeichneten, hätte sie ihn gut gebrauchen können. Sie trat das Gaspedal durch. Die Lichter im Rückspiegel wurden immer größer. Je schneller sie fuhr, desto heftiger geriet der Wagen ins Schlingern. Dann musste sie jedes Mal kurz vom Gas gehen, um ihn wieder unter Kontrolle zu bringen. Es konnte nur eine Frage von Minuten, wenn nicht Sekunden sein, bis ihr Vorsprung dahin war. Die Stadt war immer noch schrecklich weit weg. Das Straßenschild zeigte es mit unerbittlicher Genauigkeit: achtzehn Kilometer bis zur Stadt, zwei bis zum Jættewasserfall. Sie wurde im Rückspiegel geblendet und hörte das Röhren des Navigator unmittelbar hinter sich. Als sie kurz darauf einen heftigen Stoß spürte
und gegen das Lenkrad prallte, hätte sie fast die Kontrolle über den Wagen verloren. Ihr Heck schleuderte hin und her, während sie fieberhaft gegenzulenken versuchte. Als der Mercedes wieder gerade auf der Straße lag, drückte sie das Gaspedal durch und konnte sich ein bisschen Luft von ihren Verfolgern verschaffen. Doch im nächsten Moment
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