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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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vor Wut.
    Luc fragte sich im Stillen, ob der Kapitän wirklich einen Mann den Haien vorwerfen würde.
    »Wärst du ein gestrenger Richter, Luc? Was würdest du tun, wenn das Leben eines Mannes, durch den Brüder und Schwestern von dir zu Tode kamen, in deiner Hand läge? Wärst du ein milder Richter?«
    Luc dachte an die beiden Toten, die tief im Schiffsrumpf in Bleisärgen lagen, und an Anne-Marie, die eine Hand verloren hatte. Er war traurig. Aber einen anderen Mann zu töten, würde sie nicht lebendig machen. »Ich weiß es nicht«, sagte er schließlich und konnte dem Kapitän dabei nicht in die Augen sehen.
    »Du bist zu weich.« Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe, du hast ein gutes Herz. Aber um ein Anführer zu sein, musst du dein Mitgefühl und deine Gutmütigkeit manchmal tief in dir begraben. Du musst Dinge tun können, die dein eigenes
Herz verletzen. Sonst kannst du nicht führen. Ich habe dich beobachtet. Ich glaube, du weißt das.«
    Luc spürte sein Herz schneller schlagen. »Ja.«
    »Du hast gut für die Verwundeten gesorgt. Ich habe noch nie einen Jungen mit dreizehn Jahren gesehen, der solches Geschick hat. Du bist … außergewöhnlich.«
    Luc spürte, wie sich in ihm alles zusammenzog. Was wollte Alvarez ihm damit sagen? Hatte der Kapitän ihn durchschaut, so wie Leon es getan hatte, als er dessen Auge in den Mund nehmen musste?
    »Du solltest etwas Gutes essen, viel trinken und dich ausruhen. Ich glaube, du bist sehr erschöpft. Morgen werden die Verletzten deine Kraft aufs Neue brauchen, Luc. Für heute entbinde ich dich von allen Pflichten.« Er lächelte. »Nur, dass wir uns richtig verstehen, Novize, dies war ein Befehl deines Kapitäns!« Er lächelte freundlich. »Und jetzt mach, dass du fortkommst.«
    Luc gehorchte. Er war erleichtert, endlich allein sein zu dürfen. Doch das Herz war ihm schwer. Er hatte sich in Alvarez getäuscht. Der Kapitän war auf seiner Seite. Er schien keinerlei Zweifel an ihm zu haben. Stumm betete Luc zu Tjured, dass er den Kapitän und all die anderen, die an ihn glaubten und ihm vertrauten, nicht enttäuschen würde. Die Kameraden in seiner Lanze, Michelle, Alvarez, ja sogar Drustan, sie alle waren ihm eine große Familie geworden. Er wollte sie nicht verlieren. Um keinen Preis!
    Luc holte sich einen Wasserschlauch und etwas Brot und Käse. Er machte einen weiten Bogen um das Sonnensegel, unter dem die Kranken lagen. Auch ging er seinen Kameraden aus dem Weg. Er war wirklich zutiefst erschöpft. Alvarez hatte so gesprochen, als kenne er diesen Zustand. Aber wie sollte er das?

    Die grauen Felsen waren warm von der Mittagssonne. Es gab viele verlassene Vogelnester. Die Eierschalen der Frühlingsbrut knisterten unter seinen Sohlen, als er von Sims zu Sims kletterte. Schillernde Federn verrieten, dass es keine Möwen gewesen waren, die hier genistet hatten.
    Als er so hoch gestiegen war, dass ihn das Stimmengemurmel vom Strand nicht mehr erreichte und er nur noch gelegentlich das Trillern der Bootsmannspfeifen hörte, ließ Luc sich zwischen den verlassenen Nestern nieder. Er brachte kaum einen Bissen herunter, aber er war sehr durstig und trank in tiefen Zügen.
    Dann streckte er sich aus und ließ die Wärme der Felsen in seine müden Glieder sickern. Das Rauschen der Brandung hatte etwas Beruhigendes, Einschläferndes. Alvarez hatte recht gehabt: Es war gut, allen Pflichten zu entfliehen. Für eine kurze Zeit zumindest.
    Luc ließ sich treiben. Halb wach, halb im Schlaf genoss er den Sommernachmittag. Er hing seinen Träumen nach, stellte sich vor, ein Ritter zu sein. Ein Held, dessen Name in aller Munde war. Doch alle Ruhmestaten würde er allein für Gishild vollbringen. Er würde im Kugelhagel der Feinde stehen, sie vor Trollen retten und durch die schrecklichsten Unwetter reiten, um bei ihr zu sein. Fast glaubte er zu spüren, wie Hagelschlag in sein Gesicht peitschte. Er dachte daran, wie sie ihn gewärmt hatte, als er auf dem Henkersgerüst gewesen war. Das würde er ihr niemals vergessen. Allein dafür würde er sie immer lieben.
    Da war ein Geräusch. Ein leises Lachen. Luc lächelte. Er hörte sie oft lachen in seinen Träumen. Mal laut und prustend, so wie sie lachte, wenn er in der Fechtstunde einen allzu tollkühnen Ausfall wagte und sie ihm mit Leichtigkeit einen Treffer verpasste, sodass er sich ebenso tollpatschig
wie ein betrunkenes Kalb fühlte. Er mochte dieses Lachen, denn es war ehrlich, und er fühlte sich deshalb niemals verletzt. Er
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