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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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Oberdeck des Bugkastells. Von Rauch umgeben standen dort, oberhalb der Geschützkammer, der Kapitän und einige Ritter. Sie beobachtete die Einschläge der Kanonenkugeln in der roten Steilwand eines Felsens, der sich etwa dreihundert Schritt entfernt aus der spiegelglatten See erhob. Diese Menschen waren der Feind, auch wenn Gishild jetzt mitten unter ihnen war. Das durfte sie nicht vergessen! Dort standen Lilianne de Droy, die ehemals Komturin von Drusna gewesen war und Gishilds Vater schwere Niederlagen beigebracht hatte, und ihre Schwester, die Fechtmeisterin Michelle. Luth allein mochte wissen, wie viele Drusnier und Fjordländer Michelle getötet hatte.

    Die junge Ritterin schien ihren Blick gespürt zu haben. Unvermittelt drehte sie sich um und lächelte sie an.
    Gishild ertappte sich dabei, wie sie das Lächeln erwiderte. Sofort erstarrte ihr Antlitz zu einer Grimasse. Das durfte sie nicht tun! Lass dich nicht verführen, schalt sie sich. Sie sind der Feind, du gehörst nicht zu ihnen!
    Sie seufzte. Es war so schwer. So verwirrend …
    »Glaub mir, du musst dich wirklich nicht schämen, weil du die Geschützkammer verlassen hast«, sagte Drustan, der ihre Miene gründlich missverstanden hatte.
    Pulverknappen trugen neue Ladungen für die großen Bronzekanonen aus der Kammer tief im Schiffsrumpf herauf. Das Pulver befand sich in doppelt vernähten, weichen Leinensäcken. Mit ihrer zylindrischen Form entsprachen sie dem Mündungsdurchmesser der Kanonenrohre, in die sie geschoben wurden. Jeder Pulversack enthielt eine sorgfältig abgemessene Ladung für einen Schuss über mittlere Reichweite. Der Stoff war mit Wachs eingerieben und wasserabweisend. Die Pulverknappen stapelten die Ladungen dicht vor dem Zugang zur Geschützkammer, gleich dort, wo in halbrunden Kuhlen auch ein Vorrat der schweren, eisernen Kanonenkugeln lagerte.
    Wieder ließ der Donner einer Bronzeschlange das große Schiff erbeben. Luc trat aus dem Rauch der zum Hauptdeck hin offenen Geschützkammer. Blinzelnd fuhr er sich mit dem Arm über die schweißglänzende Stirn. Er sah in ihre Richtung und zwinkerte ihr zu. Gishild nickte. Wieder war ein Lächeln auf ihren Lippen. Sie konnte sich einfach nicht dagegen wehren, nicht bei Luc. Wann immer sie ihn sah, verebbte all ihre Wut. Seit der Nacht unter dem Galgen, in der sie ihn gewärmt und ihr Geheimnis mit ihm geteilt hatte, war sie verändert.

    Er wollte ihr Ritter sein, das hatte er ihr seitdem dutzende Male geschworen. Nun aber sah er mit an, wie sie versagte. Sie hatte die Probe in der Geschützkammer nicht bestanden! Er wuchtete sich einen der Pulversäcke auf die Schulter, Futter für das mächtigste Geschütz des Schiffes, die Heiliger Zorn.
    Luc würde einmal ein gut aussehender Mann werden, dachte Gishild. Schlank und drahtig war er, ein wenig wie die Elfen am Königshof ihres Vaters. Gedankenverloren spielte sie mit ihrem Haar. Sie fand es immer noch viel zu kurz. Es würde viele Monde dauern, bis es wieder so lang war wie vor ihrer Begegnung mit dem Barbier von Paulsburg. So lang …
    Die feinen Härchen an ihren Armen richteten sich auf. Eisige Kälte kroch in ihren Bauch. Verwirrt blickte sie zum Himmel, um zu sehen, ob sich eine Wolke vor die Sonne geschoben hatte. Es war windstill. Die großen Segel hingen schlaff von den Rahen. Kein Seidenbanner rührte sich. Der Himmel war wolkenlos.
    Gishild schlang die Arme um den Leib. So kalt war ihr, als hätte plötzlich der Winter Einzug gehalten, doch er schien nur für sie gekommen zu sein. Sie sah sich um; niemand anders schien zu frieren. Ihr Blick wanderte zu der Geschützkammer und suchte Luc, doch in den dichten Rauchschleiern gab es nur gesichtslose Schattengestalten, die mit genau einstudierten, knappen Bewegungen den Tanz der Bronzeschlangen tanzten.
    Vielleicht ließ der Schweiß, der an ihrem Leib trocknete, sie frösteln?
    Ein Donnerschlag, begleitet von hellen Flammenzungen, löschte all ihre Gedanken aus. Ein Luftzug berührte sie, kurz. Ein Finger des Todes. Ausgestreckt nach ihr …

    Dann hörte sie einen dumpfen Schlag auf Holz. Noch immer loderten Flammen in dem offenen Geschützdeck.
    Gishild konnte nichts als starren. Mit schreckensweiten Augen … Unfähig, die Bilder mit Gedanken zu verknüpfen. Unfähig, sich zu bewegen oder einen Laut über die Lippen zu bringen.
    Aus den Augenwinkeln sah sie ein golden glänzendes Bronzestück im Mast stecken, das sie um weniger als einen Zoll verfehlt hatte.
    Sie sah, wie die
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