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Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman

Titel: Die Albenmark: Elfenritter 2 - Roman
Autoren: Bernhard Hennen
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schwelender Glut.
    Anne-Marie beugte sich zu dem schwelenden Sack hinab. Ihre gesunde Hand krallte sich in das Leinen. Linkisch hob sie den Sack auf und ging mit seltsam steifen Schritten auf die Reling zu. Sie bewegte sich wie eine schlecht geführte Marionette, dachte Gishild, während sie Luc festhielt und darauf wartete, Anne-Marie und das ganze Schiff in einer weiteren Flammensäule vergehen zu sehen.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte Gishild, wie Lilianne einen Eimer mit Wasser über den verbliebenen Pulversäcken entleerte.
    Anne-Marie erreichte die Reling und ließ sich einfach vornüber kippen.
    Die Prinzessin hörte den Aufschlag aufs Wasser. Sie atmete aus. Das Schiff erzitterte, als habe es einen erleichterten Seufzer von sich gegeben.
    »Bemannt die Ruder!«, erklang die ruhige Stimme des Kapitäns.
    Gishild fühlte Tränen auf ihren Wangen. Überall waren Verwundete. Das Deck war rot von Blut. »Hilfe«, rief sie erneut.
    Drustan beugte sich zu ihr hinab. »Wo bist du verletzt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist nicht mein Blut. Luc … Du musst …«
    Der Magister schob sie sanft zur Seite. Seine Hand tastete nach Lucs Hals. Gishild konnte sehen, wie sich Drustans Wangenmuskeln spannten. Sehnen wie fleischige Drähte traten an seinem Hals hervor. »Alvarez!«
    »Was ist mit ihm?«, fragte Gishild.
    Der Magister antwortete nicht. Er zerriss Lucs Hemd. Etwas Blauschwarzes quoll ihm durch den blutgetränkten
Stoff entgegen. »Alvarez!«, rief er noch einmal, und seine Stimme klang schrill. Er drückte mit seiner Hand die Schlinge zurück, die aus dem Hemd hervordrängen wollte.
    Gishild sah, wie viel Blut aus der Wunde quoll, und Eiseskälte breitete sich in ihr aus.
    »Hilf den anderen! Mach dich nützlich!«, herrschte Drustan sie plötzlich an.
    Die Prinzessin griff nach Lucs Hand. Sie war entsetzlich kalt. Ihr Platz war an seiner Seite. Er war doch ihr Ritter!

GRÖSSER ALS WIR

    »Siehst du das?« Drustan tupfte vorsichtig über die Kruste aus getrocknetem Blut. Sie war rissig und löste sich unter dem sanften Druck des Schwamms von der braun gebrannten Haut des Jungen. »Du hast ihn gesehen. Er sollte tot sein.«
    Alvarez streckte die Hand aus und strich sanft über Lucs Bauch. Da war keine Narbe, nichts, was auf die schreckliche Verwundung hinwies. Er drückte sanft und beobachtete dass Gesicht des jungen Novizen. Er war immer noch ohnmächtig. Er stöhnte nicht; auch nicht, als der Kapitän den Druck verstärkte.
    »Keine inneren Verletzungen.«
    Drustan leckte sich über die Lippen. Der Magister wirkte fiebrig. Er hatte all seine Kräfte im Kampf um das Leben ihrer Brüder und Schwestern erschöpft. Dunkle Bartstoppeln
sprenkelten sein schmales Gesicht. Tiefe Ränder hatten sich unter seinen Augen eingegraben. »Du solltest ein wenig ruhen.«
    Drustan sah ihn an. »Wir müssen Luc beobachten! So etwas gibt es nicht … Er ist keinen Augenblick lang aufgewacht. «
    »Und es ist ausgeschlossen, dass du …«
    Der Magister lachte bitter. »Ich.« Er drehte sich, sodass sein leerer Ärmel besser zu sehen war. »Verspotte mich nicht! Glaubst du, ich wäre ein Krüppel, wenn ich solche Kräfte besäße?«
    »Das heißt, er hat sich selbst geheilt. Und das im Schlaf …«
    »Ja.« Drustans Stimme war nur noch ein Flüstern. Er drängte sich dicht an Alvarez. Der Magister roch unangenehm nach säuerlichem Schweiß. Und er hatte getrunken. Alvarez presste die Lippen zusammen. Er durfte das nicht dulden! Er kannte die Schwächen seines Ordensbruders gut. Er würde mit den anderen über ihn reden müssen. Doch jetzt mochte er ihn nicht darauf ansprechen.
    »Du weißt, was Leon befürchtet?«
    Alvarez nickte. Der Primarch hatte mit ihm ein langes Gespräch über den Jungen geführt, bevor die Windfänger Valloncour verlassen hatte.
    »Was heute geschehen ist, spricht dafür, dass Leon recht hat«, fuhr Drustan fort. »Niemand hat die Macht, eine solche Wunde aus eigener Kraft zu verschließen. Das hat es noch nie gegeben! Und schon gar nicht im Schlaf! Er hat jetzt sein wahres Gesicht gezeigt. Sie haben ihn uns untergeschoben. Er ist ein Wechselbalg! Wir müssen etwas tun …« Der Magister blickte zu dem blutigen Feldscherbesteck, das auf dem Hocker bei Lucs Lager ausgebreitet
war. »Ein Schnitt! Jeder würde glauben, dass er seinen Verletzungen erlegen ist.«
    »Warum hast du es dann nicht schon getan?«
    Drustan sah ihn nur an.
    Der Kapitän bewegte die verspannten Schultern. Er konnte in der niedrigen
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