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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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Bescheid.
    »Welchen Beruf hatte Mr. Nash?«
    »Das wird in dem Urteil nicht genau gesagt, aber es ist von einer zusätzlichen Anklage wegen Rauschgifthandels die Rede. Zur Zeit seiner Verhaftung hatte er keinerlei Vorstrafen.«
    »Er war also ein Drogenhändler mit einer AK-47- Aber in Rosenberg hatte er einen Freund, nicht wahr?«
    »Natürlich.« Jetzt beobachtete sie ihn. Die Spannung hatte sich gelöst. Die meisten Augen folgten ihm, während er langsam herumwanderte, den Blick durch den Saal schweifen ließ, ein anderes Opfer auswählte. Es kam oft vor, dass Darby in diesen Seminaren den Ton angab, und Callahan ging es um breitere Beteiligung.
    »Weshalb, meinen Sie, steht Rosenberg auf seiner Seite?«
    fragte er die Klasse.
    »Er liebt Drogenhändler.« Es war Sallinger, verwundet, aber noch immer kampfbereit. Callahan legte großen Wert auf Diskussionen. Er lächelte sein Opfer an, wie um es wieder beim Blutvergießen willkommen zu heißen.
    »Finden Sie, Mr. Sallinger?«
    »Klar. Drogenhändler, Kinderbetatzer, Revolverhelden, Terroristen. Solche Leute bewundert Rosenberg. Sie sind seine schwachen und misshandelten Kinder, also muss er sie beschützen.« Sallinger versuchte, rechtschaffen entrüstet zu sein.
    »Und was sollte, Ihrer fachmännischen Ansicht zufolge, mit solchen Leuten geschehen?«
    »Simpel. Sie sollten eine faire Verhandlung mit einem guten Anwalt bekommen, dann ein faires, schnelles Berufungsverfahren. Und wenn sie schuldig sind, sollten sie bestraft werden.« Sallinger war gefährlich nahe daran, sich anzuhören wie ein rechtsradikaler Verfechter von Gesetz und Ordnung, für die Jurastudenten von Tulane eine Todsünde. Callahan verschränkte die Arme. »Bitte, fahren Sie fort.« Sallinger roch eine Falle, stapfte aber weiter. Er hatte nichts zu verlieren. »Ich meine, wir haben einen Fall nach dem anderen gelesen, wo Rosenberg versucht hat, die Verfassung umzuschreiben und ein neues Schlupfloch für die Nichtzulassung von Beweismaterial zu schaffen, damit ein offenkundig schuldiger Angeklagter freigesprochen wird. Es kann einem beinahe schlecht dabei werden. Er hält alle Gefängnisse für grausame und unnatürliche Orte, und deshalb sollten gemäß dem Achten Verfassungszusatz alle Gefangenen freigelassen werden. Glücklicherweise ist er jetzt in der Minderheit, einer schrumpfenden Minderheit.«
    »Ihnen gefällt die Einstellung des Gerichts, ist es nicht so, Mr. Sallinger?«
    »So ist es.«
    »Sind Sie einer von diesen normalen, tatkräftigen, patriotischen Durchschnittsamerikanern, die sich wünschen, dass der alte Bastard einschläft und nicht wieder aufwacht?« Hier und dort wurde gekichert. Jetzt war es sicherer, wenn man lachte. Sallinger war zu klug, um wahrheitsgemäß zu antworten. »Das würde ich niemandem wünschen«, sagte er, fast verlegen.
    Callahan wanderte wieder herum. »Vielen Dank, Mr. Sallinger. Sie haben uns, wie gewöhnlich, die Ansicht des Laien über das Recht geliefert.«
    Jetzt war das Lachen wesentlich lauter. Sallingers Wangen röteten sich, und er sank auf seinem Sitz zusammen.
    Callahan lächelte nicht. »So, und nun möchte ich das intellektuelle Niveau ein bisschen anheben. Also, Ms. Shaw, weshalb ist Rosenberg für Nash eingetreten?«
    »Der Zweite Verfassungszusatz garantiert das Recht auf den Besitz und das Tragen von Waffen. Für Richter Rosenberg ist dieses Recht absolut und wörtlich zu nehmen. Nichts darf verboten werden. Wenn Nash eine AK-47 besitzen möchte oder eine Handgranate oder eine Bazooka, dann kann der Staat New Jersey kein Gesetz erlassen, das ihm das verbietet.«
    »Sind Sie auch dieser Ansicht?«
    »Nein, und damit stehe ich nicht allein. Es war eine Entscheidung von acht gegen einen. Niemand hat sich ihm angeschlossen.«
    »Welcher Gedanke lag dem Urteil der anderen acht zugrunde?«
    »Das liegt auf der Hand. Die Staaten haben zwingende Gründe, den Verkauf und den Besitz bestimmter Waffentypen zu verbieten. Das Interesse des Staates New Jersey ist gewichtiger als die im Zweiten Verfassungszusatz garantierten Rechte von Mr. Nash. Die Gesellschaft kann nicht zulassen, dass Einzelp ersonen hochtechnisierte Waffen besitzen.«
    Callahan musterte sie eingehend. Attraktive Jurastudentinnen waren selten in Tulane, aber wenn er eine entdeckt hatte, handelte er rasch. Im Verlauf der letzten acht Jahre war er ziemlich erfolgreich gewesen. Und in den meisten Fällen hatte er leichtes Spiel gehabt. Die Frauen kamen emanzipiert und willig an die
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