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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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konnte.
    »Ihr Zimmer ist nebenan«, sagte Sneller. »Ich erwarte Ihren Anruf.« Er hörte sich an wie ein Amerikaner. Im Gegensatz zu Luke hatte er Khamel noch nie gesehen und verspürte auch keinerlei Verlangen danach. Luke hatte ihn jetzt zweimal gesehen und konnte von Glück sagen, dass er noch lebte.
    In Khamels Zimmer standen zwei Betten und ein kleiner Tisch am Fenster. Die dicken Vorhänge waren zugezogen; das Sonnenlicht hatte keine Chance. Er stellte seine Sporttasche auf eines der Betten neben zwei dicke Aktenkoffer. Er trat ans Fenster und warf einen Blick hinaus, dann ging er ans Telefon.
    »Ich bin’s«, sagte er zu Sneller. »Was ist mit dem Wagen?«
    »Steht draußen auf der Straße. Unauffälliger weißer Ford mit Connecticut-Kennzeichen. Die Schlüssel liegen auf dem Tisch.«
    »Gestohlen?«
    »Natürlich, aber desinfiziert. Er ist sauber.«
    »Ich lasse ihn kurz nach Mitternacht am Dulles Airport stehen. Ich möchte, dass er vernichtet wird, okay?« Sein Amerikanisch war perfekt.
    »So lauten meine Anweisungen. Ja.« Sneller war korrekt und tüchtig.
    »Es ist sehr wichtig. Ich habe vor, die Waffe im Wagen zu lassen. Waffen hinterlassen Geschosse und Wagen werden gesehen, also ist es unerlässlich, den Wagen zu vernichten und alles, was darin ist. Verstanden?«
    »So lauten meine Anweisungen«, wiederholte Sneller. Diese Lektion missfiel ihm. Er war kein Neuling im Mordgeschäft.
    Khamel setzte sich auf die Bettkante. »Die vier Millionen sind vor einer Woche eingegangen, einen Tag zu spät, wenn ich das hinzufügen darf. Jetzt bin ich in Washington, also will ich die nächsten drei.«
    »Sie werden vor Mittag überwiesen. Der Vereinbarung entsprechend.«
    »Ja, aber ich traue der Vereinbarung nicht so recht. Vergessen Sie nicht - Sie hatten einen Tag Verspätung.«
    Das ärgerte Sneller, und da der Killer im Nebenzimmer war und nicht vorhatte herauszukommen, konnte er es sich anmerken lassen, dass er ein bisschen verärgert war. »Das war nicht unsere Schuld, sondern die der Bank.«
    Jetzt war Khamel verärgert. »Fein. Ich möchte, dass Sie und Ihre Bank die nächsten drei Millionen auf mein Konto in Zürich überweisen, sobald New York aufmacht. Das wird in ungefähr zwei Stunden der Fall sein. Ich werde es überprüfen.«
    »Okay.«
    »Und ich möchte keine Probleme, wenn der Job erledigt ist. Ich werde in vierundzwanzig Stunden in Paris sein, und von dort aus reise ich direkt nach Zürich weiter. Ich möchte, dass das ganze Geld dort auf mich wartet, wenn ich ankomme.«
    »Es wird dort sein, wenn Sie den Job erledigt haben.«
    Khamel lächelte. »Der Job wird erledigt, Mr. Sneller, bis Mitternacht. Das heißt, wenn Ihre Informationen stimmen.«
    »Bis jetzt stimmen sie. Und für heute ist nicht mit irgendwelchen Änderungen zu rechnen. Unsere Leute sind auf den Straßen. Alles steckt in den beiden Aktenkoffern: Karten, Zeichnungen, Zeitpläne, die Werkzeuge und Gegenstände, die Sie haben wollten.«
    Khamel warf einen Blick auf die Aktenkoffer hinter sich. Dann rieb er sich mit der rechten Hand die Augen. »Ich muss ein Nickerchen machen«, murmelte er ins Telefon. »Ich habe seit zwanzig Stunden nicht geschlafen.«
    Darauf fiel Sneller keine Erwiderung ein. Wenn Khamel ein Nickerchen machen wollte, dann sollte er eines machen. Sie zahlten ihm zehn Millionen.
    »Möchten Sie etwas zu essen?« fragte Sneller ein wenig unbeholfen.
    »Nein. Rufen Sie mich in drei Stunden an, um halb elf.« Er legte den Hörer auf und streckte sich auf dem Bett aus.
    Am zweiten Tag der herbstlichen Sitzungsperiode herrschte Ruhe auf den Straßen. Die Richter verbrachten ihn auf ihren Stühlen und hörten sich an, wie die Anwälte, einer nach dem anderen, komplizierte und ziemlich langweilige Fälle vortrugen. Rosenberg verschlief das meiste davon. Er erwachte kurz zum Leben, als der Justizminister von Texas forderte, dass dem Insassen einer Todeszelle Medikamente gegeben werden sollten, damit er bei klarem Verstand war, wenn er die tödliche Injektion erhielt. Wie kann er hingerichtet werden, wenn er geisteskrank ist? fragte Rosenberg fassungslos. Kein Problem, sagte der Justizminister von Texas, seine Krankheit kann mit Medikamenten kontrolliert werden. Also gebt ihm eine kleine Spritze, die ihn klar im Kopf macht, und dann noch eine, die ihn umbringt. Könnte alles ganz einfach und verfassungsgemäß sein. Rosenberg argumentierte und wetterte kurze Zeit, dann ging ihm der Dampf aus. In seinem kleinen Rollstuhl
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