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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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Victor Mattiece kontrollierte Kanäle Wahlkampfzuwendungen erhalten zu haben, aber er bestritt energisch, dass irgend etwas von dem Geld schmutzig gewesen war. Der Präsident war nur einmal mit Mr. Mattiece zusammengetroffen, und damals war er noch Vizepräsident gewesen. Seit er zum Präsidenten gewählt worden war, hatte er nicht mehr mit dem Mann gesprochen, und er betrachtete ihn ganz gewiss nicht als Freund, ungeachtet des Geldes. Für den Wahlkampf waren mehr als fünfzig Millionen gespendet worden, und der Präsident hatte nichts davon in die Hand bekommen. Dafür hatte er ein Komitee. Niemand im Weißen Haus hatte versucht, sich in die Ermittlungen gegen Mattiece als Verdächtigen einzumischen, und alle gegenteiligen Behauptungen waren eindeutig falsch. Ihren bescheidenen Kenntnissen zufolge lebte Mr. Mattiece nicht mehr in diesem Land. Der Präsident begrüßte eine eingehende Untersuchung der in der Post-Story erhobenen Anschuldigungen, und falls Mr. Mattiece diese grauenhaften Verbrechen begangen haben sollte, würde er vor Gericht gestellt werden. Dies war lediglich eine erste Stellungnahme. Eine reguläre Pressekonferenz würde folgen. Zikman verließ das Podium ein wenig zu eilig.
    Es war eine schwächliche Vorstellung von einem beunruhigten Pressesprecher, und Gray war erleichtert. Er fühlte sich plötzlich eingekesselt und brauchte frische Luft. Er fand Smith Keen vor der Tür.
    »Lassen Sie uns frühstücken gehen«, flüsterte er.
    »Gern.«
    »Außerdem muss ich bei meiner Wohnung vorbeifahren, wenn es Ihnen recht ist. Ich bin seit vier Tagen nicht mehr dort gewesen.«
    An der Fünfzehnten winkten sie ein Taxi heran und genossen die frische Herbstluft, die durch die offenen Fenster hereinwehte.
    »Wo ist die Frau?« fragte Keen.
    »Ich habe keine Ahnung. Ich habe sie vor ungefähr neun Stunden in Atlanta zuletzt gesehen. Sie hat gesagt, sie wollte in die Karibik.«
    Keen grinste. »Ich nehme an, Sie möchten bald einen langen Urlaub haben.«
    »Wie haben Sie das erraten?«
    »Wir haben eine Menge Arbeit vor uns, Gray. Im Augenblick stecken wir mitten in der Explosion, und bald werden die Trümmer herunterregnen. Sie sind der Mann der Stunde, aber Sie müssen am Ball bleiben. Sie müssen die Trümmer einsammeln.«
    »Ich kenne meinen Job, Keen.«
    »Ja, aber Sie haben so einen verträumten Ausdruck in den Augen. Der macht mir Sorgen.«
    »Sie werden dafür bezahlt, dass Sie sich Sorgen machen.« Sie hielten an der Kreuzung Pennsylvania Avenue. Das Weiße Haus stand majestätisch vor ihnen. Es war beinahe November, und der Wind fegte Blätter über den Rasen.
45
    N ach acht Tagen in der Sonne war die Haut braun genug, und das Haar nahm wieder seine natürliche Farbe an. Vielleicht hatte sie es doch nicht ruiniert. Sie wanderte meilenweit an den Stränden entlang und aß nur gegrillten Fisch und einheimische Früchte. An den ersten paar Tagen schlief sie sehr viel, dann hatte sie genug davon.
    Die erste Nacht hatte sie in San Juan verbracht, wo sie eine Reiseveranstalterin fand, die behauptete, eine Expertin für die Virgin Islands zu sein. Die Dame besorgte ihr ein kleines Zimmer in einer Pension in der Innenstadt von Charlotte Amalie auf der Insel St. Thomas. Darby wollte Gedränge und dichten Verkehr in engen Straßen, zumindest für ein paar Tage. In dieser Beziehung war Charlotte Amalie ideal. Die Pension lag auf einer Anhöhe, vier Blocks vom Hafen entfernt, und ihr Zimmer lag im dritten Stock. An dem gesprungenen Fenster gab es weder Vorhänge noch Läden, und am ersten Morgen wurde sie von der Sonne geweckt, ein sinnlicher Weckruf, der sie ans Fenster lockte und vor ihr die Majestät des Hafens ausbreitete. Es war atemberaubend. Ein Dutzend Kreuzfahrtschiffe verschiedener Größe lag unbewegt auf dem schimmernden Wasser und erstreckte sich in einer zufälligen Formation fast bis zum Horizont. Im Vordergrund, nahe der Mole, war der Hafen mit zahllosen Segelbooten übersät, die die massigen Touristenschiffe in Schach zu halten schienen. Das Wasser unter den Segelbooten war klar, blassblau und glatt wie Glas. Es wogte sanft um Hassel Island und wurde dunkler, bis es indigofarben war und dann violett, wo es den Horizont berührte. Eine makellose Reihe von Kumuluswolken markierte die Linie, an der Wasser und Himmel zusammentrafen.
    Ihre Uhr steckte in einem Koffer, und sie gedachte, sie mindestens die nächsten sechs Monate nicht zu tragen. Trotzdem warf sie einen Blick auf ihr Handgelenk. Das
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