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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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könnte es geben, Callahan und Darby umzubringen? Ich habe Grund zu der Annahme, dass sich nur ein paar Stunden, nachdem der Wagen explodierte, Dutzende von CIA-Leuten in New Orleans aufhielten.«
    »Aber warum?«
    »Das Dossier hatte sich als stimmig erwiesen, und Mattiece brachte Leute um. Der größte Teil seiner Firmen sitzt in New Orleans. Und ich glaube, die CIA war sehr besorgt wegen Darby. Zu ihrem Glück. Sie war zur Stelle, als es darauf ankam.«
    »Wenn die CIA so schnell handelte, weshalb haben Sie es dann nicht getan?« fragte sie.
    »Gute Frage. Wir hielten nicht soviel von dem Dossier, und wir wussten nicht einmal halb soviel wie die CIA. Es kam uns ziemlich unwahrscheinlich vor, und wir hatten ein Dutzend andere Verdächtige. Wir haben es ganz einfach unterschätzt. Außerdem hatte der Präsident uns angewiesen, die Finger davon zu lassen, und das fiel uns nicht schwer, weil ich noch nie von Mattiece gehört hatte. Ich hatte keinen Grund, seiner Anweisung zuwiderzuhandeln. Aber dann wurde mein Freund Gavin umgebracht, und daraufhin setzte ich die Truppen in Marsch.«
    »Weshalb hat Coal Gminski das Dossier gegeben?« fragte Gray.
    »Es hat ihm Angst gemacht. Und, um die Wahrheit zu sagen, das ist einer der Gründe, weshalb wir es ihm zukommen ließen. Gminski ist – nun ja, Gminski ist eben Gminski, und manchmal tut er Dinge auf seine Art, ohne Rücksicht auf kleine Hindernisse wie Gesetze und dergleichen. Coal wollte das Dossier überprüft haben, und er glaubte, Gminski würde das schnell und unauffällig tun.«
    »Also war Gminski Coal gegenüber nicht aufrichtig.«
    »Er hasst Coal, wofür ich vollstes Verständnis habe. Gminski ist nur dem Präsidenten Rechenschaft schuldig und, nein, er war Coal gegenüber nicht aufrichtig. Es ging alles so schnell. Vergessen Sie nicht, es ist gerade erst zwei Wochen her, dass Gminski, Coal, der Präsident und ich das Dossier zum ersten Mal sahen. Wahrscheinlich hatte Gminski vor, dem Präsidenten einen Teil der Geschichte zu erzählen, hatte aber einfach keine Gelegenheit dazu.«
    Darby schob ihren Stuhl zurück und trat wieder ans Fenster.
    Draußen war es inzwischen dunkel, und der Verkehr war dicht und stockend. Es war gut und schön, diese Geheimnisse erklärt zu bekommen, aber sie warfen nur weitere Fragen auf. Sie wollte einfach verschwinden. Sie hatte es satt, auf der Flucht zu sein und gejagt zu werden; hatte es satt, mit Gray Reporter zu spielen; hatte es satt, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer was getan hatte und warum; hatte das Schuldgefühl satt, das sie seit der Niederschrift dieses verdammten Dossiers nicht verlassen hatte; hatte es satt, sich alle drei Tage eine neue Zahnbürste kaufen zu müssen. Sie sehnte sich nach einem kleinen Haus an einem abgelegenen Stück Strand ohne Telefone und ohne Leute, die sich hinter Fahrzeugen und Torpfosten versteckten. Sie wollte drei Tage lang schlafen, ohne Alpträume zu haben und ohne Schatten zu sehen. Es war Zeit, zu verschwinden.
    Gray beobachtete sie genau. »Man ist ihr nach New York und dann hierher gefolgt«, sagte er zu Voyles. »Wer ist es?«
    »Sind Sie sicher?« fragte Voyles.
    »Sie haben den ganzen Tag auf der Straße gestanden und das Gebäude beobachtet«, sagte Darby und deutete mit einem Kopfnicken auf das Fenster.
    »Wir haben aufgepasst«, sagte Gray. »Sie sind irgendwo da draußen.«
    Voyles schien skeptisch. »Haben Sie sie früher schon einmal gesehen?« fragte er Darby.
    »Einen von ihnen. Er hat mich bei dem Gedenkgottesdienst für Thomas in New Orleans beobachtet. Er hat mich durchs French Quarter gejagt. Er hätte mich beinahe in Manhattan gefunden, und vor ungefähr fünf Stunden habe ich gesehen, wie er mit einem anderen Mann redete. Ich bin ganz sicher, dass er es war.«
    »Wer ist es?« fragte Gray Voyles noch einmal.
    »Ich glaube nicht, dass die CIA Sie jagen würde.«
    »Oh, der hat mich gejagt.«
    »Sehen Sie sie jetzt?«
    »Nein. Sie sind vor zwei Stunden verschwunden. Aber sie sind irgendwo da draußen.«
    Voyles stand auf und streckte seine dicken Arme. Er wanderte langsam um den Tisch herum und wickelte eine Zigarre aus.
    »Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    »Ja, es stört mich«, sagte sie. Er legte die Zigarre auf den Tisch.
    »Wir können helfen«, sagte er.
    »Ich will Ihre Hilfe nicht«, sagte sie zum Fenster.
    »Was wollen Sie dann?«
    »Ich will das Land verlassen, aber wenn ich es tue, will ich absolut sicher sein, dass mir niemand folgt. Nicht das
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