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Die Akte

Titel: Die Akte
Autoren: John Grisham
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verrückt aus. Besonders jetzt. Sims Wakefield und Jarreld Schwabe saßen vor dem Schreibtisch, ohne Krawatte und mit aufgekrempelten Hemdsärmeln.
    Cortz beendete ein Telefongespräch mit einem Mitarbeiter von Victor Mattiece. Er übergab Velmano das Telefon, der es auf den Schreibtisch stellte.
    »Das war Strider«, berichtete Cortz. »Sie sind in Kairo in der Penthouse-Suite irgendeines Hotels. Mattiece will nicht mit uns reden. Strider sagt, er ist übergeschnappt und benimmt sich höchst merkwürdig. Er hat sich in seinem Zimmer eingeschlossen und denkt natürlich nicht daran, auf diese Seite des Ozeans zurückzukehren. Strider hat gesagt, sie hätten die Jungs mit den Kanonen angewiesen, sofort aus der Stadt zu verschwinden. Die Jagd ist abgeblasen. Die Katze ist aus dem Sack.«
    »Und was tun wir jetzt?« fragte Wakefield.
    »Wir sind auf uns allein gestellt«, sagte Cortz. »Mattiece will von uns nichts mehr wissen.«
    Sie redeten ruhig und bedächtig. Das Anschreien hatte Stunden zuvor aufgehört. Wakefield hatte Velmano wegen des Memos Vorwürfe gemacht. Velmano gab Cortz die Schuld, weil er der Firma einen derart anrüchigen Mandanten zugeführt hatte. Das war vor zwölf Jahren, krächzte Cortz zurück, und seither haben wir seine dicken Honorare gern eingesteckt. Schwabe gab Velmano und Wakefield die Schuld, weil sie mit dem Memo so unvorsichtig umgegangen waren. Sie zogen Morgan wieder und wieder durch den Dreck. Nur er konnte es gewesen sein. Einstein saß in der Ecke und beobachtete sie. Aber das alles lag jetzt hinter ihnen.
    »Grantham hat nur mich und Sims erwähnt«, sagte Velmano. »Ihr anderen dürftet in Sicherheit sein.«
    »Weshalb verschwinden Sie und Sims nicht einfach aus dem Land?« fragte Schwabe.
    »Ich bin morgen früh um sechs in New York«, sagte Velmano. »Dann nach Europa für einen Monat von Ort zu Ort.«
    »Ich kann nicht verschwinden«, sagte Wakefield. »Ich habe eine Frau und sechs Kinder.«
    Sie hatten sich jetzt fünf Stunden sein Gejammer wegen seiner sechs Kinder anhören müssen. Als ob sie keine Familien hätten. Velmano war geschieden, und seine beiden Kinder waren erwachsen. Sie konnten damit fertig werden. Und er konnte damit fertig werden. Es war ohnehin Zeit, in den Ruhestand zu treten. Er hatte massenhaft Geld beiseite geschafft, und er liebte Europa, vor allem Spanien, deshalb hieß es für ihn adiós. Irgendwie tat Wakefield ihm leid, der erst zweiundvierzig war und nicht sonderlich viel Geld besaß. Er verdiente gut, aber seine Frau war eine Verschwenderin, die versessen war auf Kinder. Wakefield war ziemlich verstört. »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte Wakefield zum dreißigsten Mal. »Ich weiß es einfach nicht.«
    Schwabe versuchte, ihm ein bisschen zu helfen. »Ich finde, Sie sollten es Ihrer Frau sagen. Ich habe keine, aber wenn ich eine hätte, würde ich versuchen, sie darauf vorzubereiten.«
    »Das kann ich nicht«, sagte Wakefield kläglich.
    »Natürlich können Sie das. Sie können es ihr entweder jetzt sagen oder sechs Stunden warten, bis sie Ihr Foto auf der Titelseite der Post sieht. Sie müssen es ihr sagen, Sims.«
    »Das kann ich nicht.« Er weinte beinahe.
    Schwabe sah Velmano und Cortz an.
    »Und was wird aus meinen Kindern?« fragte Wakefield.
    »Mein ältester Sohn ist dreizehn.« Er rieb sich die Augen. »Nicht nervös werden, Sims. Nehmen Sie sich zusammen«, sagte Cortz.
    Einstein stand auf und ging zur Tür. »Ich fahre in mein Haus in Florida. Rufen Sie nicht an, wenn es nicht unbedingt sein muss.« Er ging hinaus und knallte die Tür hinter sich zu. Wakefield erhob sich matt und steuerte auf die Tür zu. »Wo wollen Sie hin, Sims?« fragte Schwabe.
    »In mein Büro.«
    »Weshalb?«
    »Ich muss mich eine Weile hinlegen. Sonst ist alles okay.«
    »Ich kann Sie heimfahren«, sagte Schwabe. Sie musterten ihn eingehend. Er öffnete die Tür.
    »Das ist nicht nötig«, sagte er, und er hörte sich kräftiger an.
    Er ging und machte die Tür hinter sich zu.
    »Glauben Sie, dass mit ihm alles in Ordnung ist?« fragte Schwabe Velmano.
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte Velmano. »Wir haben alle schon bessere Tage gehabt. Vielleicht sollten Sie in ein paar Minuten nachsehen, wie es ihm geht.«
    »Das werde ich tun«, sagte Schwabe.
    Wakefield steuerte zielstrebig auf die Treppe zu und ging eine Etage tiefer in den neunten Stock. Als er sich seinem Büro näherte, beschleunigte er seine Schritte. Er weinte, als er die Tür hinter
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