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Die Abtruennigen

Die Abtruennigen

Titel: Die Abtruennigen
Autoren: Jenny Brunder
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reichte er mir ein Glas, ich nippte daran und zu meinem Erstaunen schmeckte es köstlich. So etwas Gutes hatte ich noch nie zuvor gekostet.
    Tyrok lachte auf. „Als Valdrac bist du in der Lage alles viel intensiver wahrzunehmen. Du kannst nicht nur besser sehen, hören und riechen, nein du kannst auch mehr schmecken. Alles wird jetzt viel besser oder schlechter schmecken. Ich glaube, du wirst daran ebenso deinen Spaß haben wie ich zu Anfang.“
    Gierig trank ich das Glas leer und überlegte, ob ich mir noch einen Schluck erlauben konnte. Ich hatte noch nie Alkohol getrunken, wusste daher nicht, wie schnell ich betrunken werden würde.
    „Werden Valdrac auch betrunken?“, fragte ich bei Tyrok nach. Er musterte mich belustigt.
    „Irgendwann sicherlich, doch wir vertragen eine ganze Menge mehr als Menschen, du kannst dir also ruhig noch ein Glas genehmigen.“ Damit goss er uns beiden noch einmal nach.
    Auf der Fahrt fragte Tyrok mich über meine Familie aus und wie ich aufgewachsen war. Ich stellte fest, dass er mich schon eine ganze Weile beobachtet hatte, bevor er den Entschluss gefasst hatte, mich zu einem Valdrac zu machen.
    Es schien ihm zu gefallen, wie nahe ich meiner Großmutter stand. Im Stillen fragte ich mich, was meine Eltern ihr wohl erzählen würden und wie sie darauf reagieren würde. Mir wurde bewusst, dass ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen würde, was mich ziemlich traurig machte.
    Irgendwann jedoch schlief ich ein, noch zu erschöpft von der Nacht. An unserem Ziel weckte Tyrok mich sanft.
    Es dauerte nur ein paar Augenblicke, bis ich wieder richtig wach war. „Oft genügen nur ein paar Stunden Schlaf und wir sind wieder für Tage fit. Je älter du wirst, umso weniger Schlaf wirst du benötigen“, erklärte mir mein neuer Mentor. Das machte mich neugierig.
    „Und wie alt bist du?“, wollte ich von ihm wissen. Seine Augen blitzten mich an. „Vierhundertsechzehn Sommer, seit ich verwandelt wurde. Davor wurde ich fünfundzwanzig Sommer alt. Also bin ich vierhunderteinundvierzig“, war seine Antwort.
    Ich pfiff durch die Zähne. Ganz schön alt, selbst für einen Valdrac, zumindest so weit ich das zu sagen vermochte. Es erschien mir einfach unwirklich, dass ich in der Lage sein sollte so ein langes Leben zu führen.
    Tyrok gab dem Kutscher kurz ein paar Anweisungen, dann nahm er mich an der Hand und zog mich zu einem größeren Haus. Dies musste unser Gasthaus sein.
    „Der Wirt hat einen Sohn, ihn kannst du dir vornehmen. Es schadet nicht, denn er hat noch einen jüngeren Sohn, der sein Haus fortführen kann.“
    Es erstaunte mich ein wenig, dass sich Tyrok Gedanken über das Erbe des Wirts zu machen schien. Fragend blickte ich ihn an.
    „Ich bin hin und wieder Gast hier und eigentlich recht zufrieden, warum sollte mir also daran gelegen sein, dass das Gasthaus schließen muss, wenn der Wirt zu alt ist?“, meinte Tyrok und das hatte eine gewisse Logik.
    Wir betraten gemeinsam das Gasthaus, in der Wirtsstube brannte noch Licht und einige Gäste unterhielten sich vergnügt.
    „Mario wird unser Gepäck nach oben bringen. Wobei im Moment handelt es sich dabei wohl eher nur um mein Gepäck. Wir werden morgen erst einmal ein paar Besorgungen machen müssen, denn so, wie du im Moment aussiehst, kannst du unmöglich weiter dein Unwesen treiben“, sprach Tyrok. Ich nickte nur, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.
    „Setz dich dort drüben hin, ich werde gleich nachkommen. Ich muss noch unsere Unterkunft bezahlen“, wies Tyrok mich an und deutete auf einen der freien Tische.
    Ich nahm Platz und schaute mich im Raum um. Ich konnte angsterfüllte Blicke sehen, die zu meinem Mentor wanderten, aber auch zu mir. Man schien ihn hier also zu kennen.
    Ein Junge trat an meinen Tisch heran. Er stellte mir ein Tablett mit Essen und Trinken auf den Tisch. Das überraschte mich, hatte ich doch gar nichts bestellt. Ich wollte mich erkundigen, was es damit auf sich hatte, doch der Junge war schon wieder weiter gegangen. Er hatte es wohl ziemlich eilig gehabt.
    Mein Blick fiel auf den Teller vor mir, Fleisch und Gemüse. Es handelte sich um Kaninchen, wie ich nach einem Bissen feststellte. Wie schon zuvor der Wein schmeckte auch das Fleisch außerordentlich gut, ich genoss jeden Happen.
    Als Tyrok zu mir an den Tisch kam, war ich gerade dabei den Rest des Gemüses zu vertilgen und blickte ihn lächelnd an.
    „Ich sehe, es schmeckt dir. Ich habe den Wirt angewiesen, dir etwas zu essen zu bringen,
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