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Die Abtruennigen

Die Abtruennigen

Titel: Die Abtruennigen
Autoren: Jenny Brunder
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vom Blut eines Menschen gekostet hast. Mach dir also keine Gedanken. Es liegt in unserer Natur ihr Blut zu trinken, genauso wie es in ihrer Natur liegt, Tiere zu schlachten und zu essen. Es gibt also keinen Grund sich deswegen schlecht zu fühlen.“
    Hatte er meine Gedanken gelesen? Ich wusste nicht, ob Valdrac tatsächlich dazu in der Lage waren, doch es erschien mir durchaus möglich. Ich spürte seine warme Hand auf meinem Oberschenkel.
    „Deine Gedanken sind für mich sehr offensichtlich, doch ich werde dich lehren, sie besser vor anderen zu verbergen. Es ist nicht gut, wenn du jedem so leicht Einblick in dein Innerstes gewährst“, sprach Tyrok und zeigte mir damit, dass er wohl tatsächlich meine Gedanken gelesen, oder zumindest so etwas Ähnliches getan hatte.
    „Warum hast du gerade mich ausgewählt und zum Valdrac gemacht?“, erkundigte ich mich bei ihm. Dieser Gedanke war in meinem Hinterkopf, seit mir klar geworden war, was ich jetzt war. Er hätte sicherlich auch jeden anderen Dorfbewohner haben können, warum also gerade mich? Was war so Besonderes an mir, dass ich es mehr verdiente als jemand anderes?
    „Ich habe dich beobachtet, nachdem ich bemerkt habe, dass du dich besonders stark für Valdrac interessierst. Nicht jeder Mensch kann so einfach zum Valdrac werden, man muss auch innerlich bereit dazu sein. Viele überleben nicht einmal die erste Nacht. Entweder werden sie von ihren eigenen Leuten getötet, weil sie zu schwach zum Fliehen oder Kämpfen sind, oder sie weigern sich Blut zu trinken und krepieren dann elendig. Bei dir jedoch war ich mir gleich sicher, dass du bereit dazu bist, soviel wie du über Valdrac wissen wolltest.“
    Also hatte mich meine Neugier doch ins Verderben gestürzt, ganz wie es mir meine Mutter prophezeit hatte. Bei diesem Gedanken musste ich lächeln. Beim Gedanken daran, dass meine Mutter bei jenen gewesen war, die mich hatten töten wollen, verflog dieses Lächeln so schnell wieder, wie es gekommen war.
    Ihre eigene Tochter hatten sie töten wollen, wie unmenschlich. Doch war ich überhaupt noch ihre Tochter? Immerhin war ich kein Mensch mehr. Ich war nun ein Valdrac und Valdrac waren böse, denn sie töteten Menschen, indem sie ihr Blut tranken. Also war es rechtens gewesen, dass sie versucht hatten, mich zu töten? Ich wusste nicht, was ich darüber denken sollte. Es war alles so neu für mich und es kam mir nicht wirklich nun böse vor oder von Mord- und Blutlust gepackt.
    „Mach dir nicht so viele Gedanken, meine Kleine. Du hast die Welt der Menschen hinter dir gelassen, du bist jetzt ein Valdrac und bald wirst du auch handeln wie einer. Wenn du eine gelehrige Schülerin bist, dann wirst du sehr mächtig werden, das kann ich spüren. Ich konnte dich unmöglich in deinem jämmerlichen Dasein zurücklassen, nachdem ich spürte, welche Macht in dir ruht.“
    Ich sagte nichts dazu. Was hätte ich auch sagen sollen? Ich konnte nichts Spezielles an mir entdecken, daher war ich mir nicht so sicher, ob ich es verdiente unsterblich zu sein, oder so unsterblich, wie ein Valdrac eben war. Es war immer mein Traum gewesen, aber jetzt, da es Realität war, wusste ich nicht zu sagen, ob ich damit klarkommen würde.
    „Kann ich auch einen Menschen zum Valdrac machen?“, fragte ich nach kurzer Zeit des Schweigens.
    „Jeder Valdrac, der stark genug ist, kann dies. Doch nicht jeder ist stark genug, so viel von seinem Blut abzugeben und nicht jeder findet den richtigen Menschen, um ihn zum Valdrac zu verwandeln. Bei manchen von ihnen schlägt es nämlich nicht an und sie sterben einfach, obwohl sie das Blut getrunken haben, weil entweder sie sich zu sehr dagegen sträuben, oder der Valdrac, der ihn zu erschaffen versucht, nicht stark genug dafür ist.“
    Das klang ziemlich kompliziert, wie ich fand. Besser an diesen Gedanken erst einmal keine Zeit zu verschwenden. Es gab viel wichtigere Dinge im Moment und da ich gerade erst verwandelt worden war, war es wohl kaum wahrscheinlich, dass ich einfach irgendwen verwandeln würde. Selbst wenn ich es gekonnt hätte, gab es doch niemanden, den ich zum Valdrac machen wollte.
    Tyrok öffnete ein kleines Schränkchen an der gegenüberliegenden Wand. Er holte zwei Gläser und eine Flasche heraus und goss in beide einen Schluck ein.
    „Der beste Wein in dieser Gegend. Obwohl wir nicht trinken oder essen müssen, genieße ich es sehr, es trotzdem zu tun. Nicht aus der Notwendigkeit, sondern schlicht und einfach aus Genuss.“
    Damit
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