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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja
Autoren: Otfried Preußler
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Beispiel!«
    »Mit
— Feuer?«
    »Ja
doch! Was meinst du, wie rasch er vom Ofen springt, wenn ihr ihm das Haus überm
Kopf in Brand steckt !«
     
    S ascha wußte wie alle anderen
Leute im Dorf, was von Aljoscha Rotschopf und seinen Ratschlägen zu halten war.
Dennoch ging ihm das Gespräch, das sie auf der Dorfstraße miteinander geführt
hatten, nicht aus dem Kopf.
    »Dem
muß man mit Feuer kommen...«
    Je
länger er über die Sache nachdachte, desto vernünftiger fand er sie; und
nachdem eine gute Woche verstrichen war, sprach er mit Grischa darüber.
    Sie
waren an diesem Tag in den Wald gefahren, um ein paar Bäume zu fällen. Um die
Mittagszeit machte Grischa ein Feuer an, daran wärmten sie ihre Krautsuppe.
Sascha sah eine Weile den Flammen zu, wie sie am Kessel hochleckten. Er hörte
sie knistern und zischen, er spürte, wie ihn der Rauch in die Augen biß.
    »Ich
weiß nun, was wir zu tun haben«, sagte er unvermittelt. Dann erzählte er
Grischa von seinem Gespräch mit Aljoscha Rotschopf und fragte ihn, wie er darüber
denke.
    Grischa
tippte sich an die Stirn.
    »Du
bist nicht bei Trost, Sascha! Sollen wir wegen Wanja das Haus anzünden ?«
    »Warum
nicht ?« erwiderte Sascha. »Ich habe es satt, mich von
allen Leuten verspotten zu lassen. Einmal muß damit Schluß sein !«
    Er
holte den Suppenkessel vom Feuer und stellte ihn auf den Waldboden. Grischa
brach einen Kanten Brot in der Mitte durch und gab Sascha die eine Hälfte. Dann
zogen sie ihre Löffel hervor und begannen zu essen, langsam und schweigend wie
immer.
    Als
sie das Brot und die Suppe verzehrt hatten, kratzte Grischa den Kessel aus.
Sascha scharrte mit einem Stecken die Glut zusammen. »Die Gelegenheit«, sagte
er wie zu sich selbst, »wäre günstig — jetzt, wo das Tantchen weg ist...«
    Das
stimmte, auch Grischa hatte es schon bedacht.

     
    Tante
Akulina war vor zwei Tagen zu einer Nichte geholt worden, die auf eines der Nachbardörfer
geheiratet hatte. Der sollte sie bei der Geburt ihres ersten Kindes beistehen
und danach eine Zeitlang das Haus führen, eine Woche vielleicht oder zwei
sogar. Bis dahin mußten sie das, was mit Wanja zu tun war, getan haben.
    »Du
hast recht«, sagte Grischa. »Drohen wir ihm mit Feuer — dann nimmt er
vielleicht Vernunft an .«
    »Das
hoffe ich«, meinte Sascha.
    »Und
wenn nicht ?« fragte Grischa.
    Sascha
warf einen dürren Zweig auf die Glut, daß die Flammen prasselnd emporschlugen.
    »Dann«,
sagte er, »brennt das Haus .«
     
    A ls Grischa und Sascha am Abend
nach Hause kamen, saß Wassili Grigorewitsch auf der Bank vor dem Holzschuppen
und flickte ein Paar Bastschuhe. Es war ein freundlicher, stiller Abend. Ein
spätes Fuhrwerk rumpelte auf der Straße vorbei, weiter unten im Dorf sangen ein
paar Mägde ein trauriges Lied, von den Uferwiesen am Fluß klang das Quarren der
Frösche herauf.
    Grischa
und Sascha spannten die Pferde aus und versorgten sie.
    »Ihr
kommt spät heute«, sagte Wassili Grigorewitsch, legte die Bastschuhe aus der
Hand und erhob sich. »Hattet ihr Ärger im Wald ?«
    »Wieso ?« fragte Grischa unwirsch.
    »Weil
es euch im Gesicht steht. Was ist geschehen ?«
    Grischa
und Sascha wechselten einen finsteren Blick.
    »Geschehen
ist nichts«, meinte Sascha. »Außer daß wir beschlossen haben, mit Wanja zu
reden .«
    »Mit
— Wanja?«
    »Ja,
und es kann nicht schaden, wenn du dabei bist, Vater .«
    Nichts
Gutes ahnend, folgte Wassili Grigorewitsch seinen Söhnen ins Haus. In der
Wohnstube traten Grischa und Sascha vor Wanja hin, achteten aber darauf, daß
sie ihm nicht zu nahe kamen. »He, Faulpelz !« rief
Sascha mit lauter Stimme. »Wir haben mit dir zu reden !« Wanja schob die Schafspelze auseinander und blickte hervor.
    Grischa
und Sascha eröffneten ihm, was sie im Wald beschlossen hatten: Sechs Jahre lang
habe er nun gefaulenzt, das sei genug. Er möge gefälligst vom Ofen
heruntersteigen und in Zukunft genauso arbeiten wie sie alle. Sonst würden sie
ihm das Haus überm Kopf in Brand stecken. Bis morgen abend habe er Zeit, sich
die Sache zu überlegen.
    »Wenn
wir dann aus dem Wald zurückkommen«, sagte Grischa, »stehst du am Hoftor und
nimmst uns die Pferde ab — ist das klar ?«
    »Und
wenn nicht«, drohte Sascha, »ich meine, wenn du dann immer noch auf dem Ofen
liegst, brennt das Haus !«
    »Dies
ist«, bekräftigte Grischa, »so sicher, wie Ostern auf den Palmsonntag folgt .«
    Wassili
Grigorewitsch stand in der Stubenecke zwischen der Tür und dem Eßtisch
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