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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja
Autoren: Otfried Preußler
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anderen Morgen hätte er sich bei Sascha
bedankt.
    »Es
gibt nichts Gesünderes, Bruder, als wenn man von Zeit zu Zeit einmal tüchtig
schwitzen kann«, hätte er wohl gesagt. — Einige Monate später versuchte Grischa
sein Glück auf entgegengesetztem Weg. Eines Abends um den Dreikönigstag, als es
draußen besonders kalt war, ließ er in Wanjas Ofen das Feuer ausgehen, öffnete
dann in der Wohnstube alle Fenster und klemmte sie fest, so daß sie die Nacht
über offenstanden. Damit hoffte er Wanja von seinem Platz zu vertreiben.
    Am
anderen Morgen starrten der Backofen und die Wände der Stube von Reif,
desgleichen der Tisch und die Bank und der ganze Hausrat. Wanja aber lag
friedlich schnarchend unter den sieben Schafspelzen, ohne daß er sich von der
grimmigen Kälte, die in der Stube herrschte, und von den Eiszapfen an der Decke
im mindesten stören ließ.
    Mit
Hitze und Kälte war Wanja nicht beizukommen. Auch sonst gab es nichts, was ihn aus
der Ruhe oder zum Reden gebracht hätte. Da war, um ein Beispiel anzuführen, die
Geschichte mit Nachbars Kolja, dem frechsten Lausebengel im ganzen Dorf. Kolja
stiftete eines Tages die anderen Kinder an, mit ihm zu kommen und Wanja zu
foppen.
    »Ich
hab’ nämlich ein Lied auf ihn gedichtet«, verriet er ihnen. »Wenn wir ihm damit
schön laut die Ohren vollsingen, springt er vom Ofen ‘runter wie einer, den man
mit einer glühenden Nadel ins Sitzfleisch sticht — das werdet ihr sehen !«
    »Fein !« riefen alle Kinder, »das machen wir! Laßt uns dem faulen
Wanja ein Ständchen bringen !«

    Mit
Kolja zogen sie vor Wassili Grigorewitschs Haus. Sie blickten zum Stubenfenster
hinein und plärrten aus voller Kehle das Lied, das Kolja gedichtet hatte:
     
    »Wanja
auf dem Ofen —
    Buh,
buh, buh!
    Wanja
auf dem Ofen —
    Buh,
buh, buh!
    Komm
herunter, fauler Wanja!
    Fauler
Wanja, komm herunter!
    Buh,
buh, buuuh !«
     
    Dazu
klopften sie im Takt ans Fenster, und beim letzten »buuuh !« haute Kolja so heftig mit der Faust dagegen, daß es »klirr!« machte und die
Scheibe zersprang.
    Da
nahmen die Dorfkinder erschrocken Reißaus — aber wer ihnen nicht nachgelaufen
kam, um sie bei den Ohren zu nehmen, ja, wer nicht einmal hinter ihnen
dreinschimpfte: das war Wanja. Der blieb auf dem Backofen liegen, als ob ihn
die ganze Sache nicht das geringste anginge.
    Damit
war klar erwiesen, daß Nachbars Kolja sich von den Wirkungen seiner Dichtkunst
zuviel versprochen hatte. Aber die kleine Dascha von nebenan tröstete ihn und
sagte:
    »Mach
dir nichts draus! Wir dichten das Lied einfach auf den dicken Onkel
Flickschuster um — der ärgert sich ganz bestimmt darüber !«
     
    E in andermal schlichen des
Nachts zwei Diebe ins Haus des Bauern Wassili Grigorewitsch. Sie lockten den
Hund fort, dann kamen sie leise, leise über den Hof getappt und zur Tür herein.
Da im Haus alles schlief, hörte niemand die beiden kommen, auch Wanja nicht. Im
Schein einer Stallaterne hielten sie in der Wohnstube Umschau nach Beute.
    »Pst
— sieh mal !« Der eine Halunke hatte die Truhe im
Stubenwinkel entdeckt. »Mir scheint, da ist Geld drin...«
    In
diesem Augenblick wälzte sich Wanja im Schlaf auf die andere Seite und ächzte.
Die Spitzbuben fuhren entsetzt herum. Der eine ließ vor Schreck die Laterne
fallen. Laut polternd rollte sie über den Fußboden und erlosch.
    Nun
verloren die beiden den Kopf. Im Finstern hasteten sie zur Tür. Der eine stieß
gegen die Sitzbank, der andere riß aus Versehen das Wandbrett mit dem Geschirr
herunter. Es gab einen furchtbaren Lärm im Haus.
    Grischa
und Sascha kamen sofort herbeigestürzt, barfuß, im bloßen Hemd. Sie sahen
gerade noch, wie zwei Gestalten sich neben dem
    Hoftor
über den Zaun schwangen und in der Nacht verschwanden. Schade! Wenn sie die
Kerle erwischt hätten, denen wäre es schlecht ergangen!
    Ja
— wenn...
    Wütend
kehrten Grischa und Sascha ins Haus zurück. In der Wohnstube stellten sie Wanja
zur Rede:
    »Was,
zum Kuckuck, muß eigentlich noch geschehen, bevor du dich aus der Ruhe bringen
läßt! Konntest du die verdammten Strolche nicht aufhalten ?«
    Wanja
gab bloß ein unverständliches Knurren von sich. Das war alles, bevor er sich
mit dem Gesicht zur Wand drehte und weiterschnarchte.
     
    V on den Sonnenblumenkernen aß
Wanja mäßig: Ein Sack voll reichte ihm für ein ganzes Jahr, ohne daß es ihn
hungerte; und zu trinken verlangte es ihn überhaupt nicht mehr, seit er auf dem
Ofen lag. So verstrichen die Wochen, die Monate und
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