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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja
Autoren: Otfried Preußler
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den Hofplatz
und stellten sich an die Fenster der Wohnstube.
    Grischa
und Sascha zogen unter den Holzprügeln hinter dem Schuppen zwei handfeste
Knüttel hervor.
    »Fertig,
Sascha?«
    »Ja,
fertig .«
    Zugleich
mit den Burschen des Dorfes blickte der Mond zu den Stubenfenstern herein,
Grischa und Sascha brauchten kein Licht zu machen, als sie den Raum betraten.
Für sie war es hell genug hier. Wanja lag bäuchlings auf seinem Ofenplatz.
Ruhig blickte er ihnen entgegen. Die Knüttel hinter dem Rücken, gingen sie auf
ihn zu.
    »Du
bist wach ?«
    Er
nickte.
    »Und
du verstehst, was wir sagen ?«
    Er
nickte abermals.
    »Gut,
dann gib acht !«
    Sie
zogen mit einem Ruck die Knüttel hervor.

    »Sieh
mal, was wir da haben, Brüderchen !«
    »Und
jetzt ‘runter mit dir vom Ofen, Faulpelz — und zwar sofort!« Sie stürzten sich
mit den Knütteln auf Wanja. Der aber streckte mit einer raschen Bewegung die
Arme aus. Blitzschnell packte er Grischa beim Gürtel und Sascha am Handgelenk.
Rupp! schleuderte er den einen unter die hölzerne Sitzbank im Stubenwinkel und
— schupp! — den anderen gegen den Türpfosten, daß es
nur so rumpelte. Dann verschränkte er ruhig die Arme und wartete, was die
beiden tun würden.
    Grischa
und Sascha hatten für diesmal genug. Leise fluchend krabbelte Grischa unter der
Bank hervor, stöhnend rieb Sascha sich Kopf und Schultern.
    Donnerwetter,
war dieser Wanja stark! Niemals hätten sie ihm das zugetraut!
    Ganz
verdattert schlichen die beiden zur Tür hinaus und verzogen sich auf den
Heuboden.
    Wanja
richtete nun den Blick auf die Dorfburschen vor den Fenstern. Sein Blick sei so
zornig und furchterregend gewesen, sagten die Burschen später, daß ihnen der
Atem gestockt habe. Deutlich hätten sie Wanjas Augen im Mondlicht aufblitzen
sehen. Da sei ihnen klargeworden, daß etwas mit ihm geschehen sein müsse, was
sie sich damals nicht zu erklären wußten. Jedenfalls flößte sein Blick ihnen
Angst und Schrecken ein.
    Und
es war ausgerechnet Aljoscha Rotschopf, der sich am meisten fürchtete und als
erster vom Fenster weglief. Er hatte wohl seine Gründe dafür.
     
    G rischa
und Sascha wurden seit jenem nächtlichen Vorfall von allen Leuten im Dorf
gehänselt. Wo immer sie sich zeigten, gleich waren die Spottvögel auf dem Plan.
Die Burschen, allen voran Aljoscha, machten sich lustig über ihr Mißgeschick;
die Mädchen kicherten hinter vorgehaltener Hand; und Nachbars Kolja hatte ein
neues Lied gedichtet, damit plärrten die Dorfkinder ihnen die Ohren voll:
     
    »Sascha,
Grischa — au, au, au!
    Der
Wanja haut euch grün und blau!
    Wann
haut er euch denn wieder,
    Ihr
beiden traurigen Brü-hü-hüüü-der?«
     
    Was
half es, daß Sascha den frechen Kolja einmal zu fassen kriegte und ihm ein paar
kräftige hinter die Ohren gab? Kolja hielt sich die Backe und sauste davon. Wenig
später tauchte er hinter dem nächsten Zaun wieder auf, streckte Sascha die
Zunge heraus und schimpfte aus vollem Hals:
    »Kleine
Jungen verhauen, das könnt ihr! Dazu seid ihr stark genug! Aber den faulen
Wanja? Vor dem habt ihr Angst, an den traut ihr euch nicht heran! Nicht mal
zwei gegen einen — bäh !«
    Sascha
hatte nicht übel Lust, über den Zaun zu springen und sich den Lausebengel noch
einmal vorzunehmen. Aber dann ließ er es doch lieber bleiben und wandte sich
ab.
    Auf
der anderen Seite der Dorfstraße lehnte an einem Pfosten Aljoscha Rotschopf. Er
lehnte da mit verschränkten Armen und lachte.
    Sascha
bekam einen roten Kopf.
    »Was
gibt’s da zu lachen ?« fragte er.
    »Recht
hast du«, sagte Aljoscha. »Eigentlich müßtet ihr einem ja leid tun, der Grischa
und du. Die Rotznase dort« — er deutete mit dem Daumen auf Nachbars Kolja —
»die Rotznase zählt nicht. Aber du weißt ja, daß euch auch andere Leute im Dorf
für Feiglinge halten — und das, finde ich, solltet ihr nicht auf euch
sitzenlassen !«
    Bis
hierher hatte Aljoscha mit ernster, bekümmerter Miene gesprochen, ein Bild des
Mitleids. Nun bekam er auf einmal ganz kleine Augen und einen schmalen Mund.
    »Dieser
Wanja hat Glück, daß er nicht mein Bruder ist! Glaub mir, dem würde ich’s
zeigen...«
    »Du ?« fragte Sascha. Nun war es an ihm zu lachen. »Grischa und
ich sind zwei schwere Brocken. Dich dürres Elend pustet er einfach weg, wenn du
ihm mit dem Knüttel kommst !«
    »Mit
dem Knüttel?« Aljoscha winkte verächtlich ab. »Bei dem nützt der dickste
Knüttel nicht, dem muß man ganz anders kommen. Mit Feuer zum
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