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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Werkstatt am Rand irgendeiner texanischen Kleinstadt.«
    »Er hatte eine Autopanne gehabt?«
    »Ja, und damals gab’s natürlich noch keine Handys. Mensch, du kannst dir nicht vorstellen, was wir durchgestanden haben, bis wir endlich die Nachricht bekamen. Wir haben gedacht, er wäre mit dem Auto in einen Wassergraben gefallen und ertrunken. Oder bei einem Überfall auf eine Tankstelle erschossen worden. Oder dass er vielleicht ein Doppelleben führte.«
    Ich nickte. »Ach, Joe, das kann ich gut verstehen.«
    Joe schwieg eine Weile und spielte mit seinem Besteck, ehe er von Neuem ansetzte. »Mein Dad hat gesehen, wie meine Mom litt, wie wir alle litten, und er sagte, er würde seinen Job an den Nagel hängen. Aber das konnte er nicht, wenn er weiter so für uns sorgen wollte, wie er sich das wünschte. Und dann, eines Tages, als ich im zweiten Jahr auf der Highschool war, hat er tatsächlich gekündigt. Ab da blieb er immer zu Hause.«
    Joe schenkte uns Wein nach, und wir tranken beide einen Schluck, während der Ober unsere Hauptspeisen servierte. Doch Joes stockende Stimme und die Ahnung, die in mir aufzusteigen begann, ließen mich das Essen völlig vergessen.
    »Was ist passiert, Joe?«
    »Er blieb zu Hause. Und wir gingen weg, einer nach dem anderen. Meine Eltern kamen jetzt mit weniger aus, und sie waren glücklicher damit. Sie sind immer noch glücklich. Und ich habe das gesehen und mir geschworen, dass ich meiner
Familie nie das antun würde, was mein Dad uns angetan hatte, dadurch, dass er immer weg war.
    Und dann habe ich dein Gesicht gesehen, als ich das letzte Mal hier aufgekreuzt bin und dir sagte, dass ich meinen Flieger nicht verpassen dürfte. Und auf einmal ist all das, was du immer gesagt hast, endlich zu mir durchgedrungen.
    Ich habe begriffen, dass ich, ohne es zu wollen, genau den Fehler meines Vaters wiederholt hatte. Und das ist die Neuigkeit, die ich unbedingt loswerden wollte, Lindsay. Ab jetzt bleib ich immer zu Hause.«

128
    Ich hielt Joes Hand, während er mir erzählte, dass er sich nach San Francisco hatte versetzen lassen. Ich hörte ihm zu, ich beobachtete sein Gesicht und sah darin all seine Liebe zu mir - doch in meinem Kopf begannen sich schon die Räder zu drehen.
    Joe und ich hatten viel darüber gesprochen, wie es wäre, wenn wir endlich beide zur gleichen Zeit am gleichen Ort wären. Und ich hatte mit ihm Schluss gemacht, weil es den Anschein gehabt hatte, dass wir allmählich nur noch redeten , anstatt konkrete Pläne zu schmieden, um den Worten Taten folgen zu lassen.
    Jetzt, als ich diesem Mann so nahe gegenübersaß, fragte ich mich, ob das Problem wirklich Joes Job gewesen war. Oder hatten wir uns gemeinsam verschworen, diese Beziehung auf Distanz zu halten - eine Beziehung, die ganz bestimmt das Zeug dazu hatte, echt und von Dauer zu sein?
    Joe nahm seinen Kaffeelöffel und steckte ihn in die Brusttasche - ich war mir ziemlich sicher, dass er ihn mit seiner Lesebrille verwechselte.
    Dann kramte er in seiner Innentasche und holte eine Schmuckschatulle hervor, ein Kästchen von fünf Zentimetern Seitenlänge, mit schwarzem Samt bezogen.
    »Ich hab da etwas für dich, Lindsay.«
    Er stellte die Vase mit dem Rosenbukett zur Seite und reichte mir das Kästchen.
    »Mach es auf. Bitte.«
    »Ich glaube, ich kann das nicht«, sagte ich.
    »Du musst einfach nur den Deckel anheben. Da hinten ist ein Scharnier.«
    Ich lachte über seinen Witz, doch als ich tat, wozu er mich aufforderte, verschlug es mir den Atem. In der Schatulle, gebettet
auf Samt, lag ein Platinring mit drei großen Diamanten und einem kleinen auf jeder Seite, die mich anfunkelten.
    Irgendwann schnappte ich nach Luft, weil ich einfach musste. Der Ring war im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend. Und dann blickte ich über den Tisch hinweg in Joes Augen. Es war fast, als ob ich in meine eigenen Augen schaute, so vertraut war er mir.
    »Ich liebe dich, Lindsay. Willst du mich heiraten? Willst du meine Frau werden?«
    Der Ober kam, sah und schwebte wortlos wieder von dannen. Ich klappte die Schatulle zu. Es gab ein leises Klicken, und ich hätte schwören können, dass es im Restaurant plötzlich dunkler wurde.
    Ich schluckte krampfhaft, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Die Räder in meinem Kopf rotierten immer noch, und jetzt hatte ich auch das Gefühl, dass der Raum sich drehte.
    Joe und ich waren beide schon einmal verheiratet gewesen.
    Und wir hatten beide eine Scheidung hinter uns.
    War ich
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