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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition)
Autoren: Matthew Quirk
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selbst hätte verwanzen dürfen. Er schaute zu seinem Bücherregal, wo die Kamera versteckt war, mit der er sicher Dutzende von Politikern erpresst hatte und die ihn jetzt selbst den Kopf kosten würde. Wahrscheinlich hatte er sich einfach nicht vorstellen können, jemals in diese Lage zu kommen.
    Er drückte auf einen Knopf seiner Telefonanlage. »Gerald!«, brüllte er in den Hörer. Aber Gerald war wohl nicht mehr erreichbar.
    Als ich Annie von meinem Plan für heute erzählt hatte, nervte sie mich wie eine kleine Schwester, dass sie mir helfen wolle. Aber ich wollte nicht, dass sie ihr Leben riskiert. Als sie dann sagte, dass sie einfach uneingeladen auf meiner kleinen Büroparty auftauchen würde, auch ohne einen Schimmer, welche Gefahren sie da erwarteten, wäre das ein größeres Risiko für sie gewesen. Nach ihrem Auftritt mit meinem Vater und mir im Wald, als sie vermeintlich einen Kinnhaken eingesteckt hatte, hatte sie gute Karten bei Henry. Als Mitglied der Mannschaft, die nach mir gesucht hatte, und als Komplizin bei seinen schmutzigen Spielchen würde es nicht weiter auffallen, wenn sie im gesicherten Bereich der Villa auftauchte.
    Als ich ihr erzählte, dass Gerald im Privatleben aller Angestellten der Davies Group herumschnüffelte, konnte Annie mit dem Namen zunächst nichts anfangen.
    »Großer Kerl, hat jede Menge Star-Wars-Figuren auf seinem Schreibtisch stehen.«
    Sie schaute mich angewidert an.
    »Tschuldige.«
    Die schlüpfrige Neugier, mit der Gerald im Gebäude herumschlich, war auch ihr aufgefallen. Heute brauchte sie nur die Jungfrau in Not zu spielen und ihn dazu zu bringen, dass er die Tür zu dem Raum öffnete, in dem er die überall montierten Kameras überwachte. Der Hunderttausend-Volt-Taser, den ich ihr mitgegeben hatte, erledigte den Rest. Sie fesselte Gerald (zwei Paar Double-Lock-Handschellen, nur für den Fall) und übertrug das Audio-Video-Signal aus Henrys Büro mittels einer drahtlosen Videosprechanlage aus dem Elektromarkt in Rados Range Rover.
    Sicher, als ich Ja sagte und Henry die Hand schüttelte, hatte er mich endlich am Haken. Aber als er den Mord an Irin und Haskins zugab, während er glaubte, ich feilschte nur um meinen Preis, hatte ich ihn in der Hand. Rado hörte zu, und mehr war nicht nötig, um seine Rachegelüste auf das richtige Ziel zu lenken: auf Henry Davies.
    Wieder waren Schüsse zu hören. Diesmal näher. Sie wurden erwidert von dem charakteristischen Rattern eines vollautomatischen Sturmgewehrs.
    Ich war natürlich kein großer Anhänger des Kriegsverbrechers Rado. Deshalb hatte ich zu Annie gesagt: Wenn Henry die magischen Worte gesprochen hat, mach dich sofort aus dem Staub. Dann hörte ich, wie Rados Männer über die geheimen Treppen und durch die geheimen Gänge der Villa stürmten. Ob Henry oder Rado den Kürzeren zog, war mir vollkommen egal. Ich wollte, dass Henrys Männer erledigt wurden, also hatte ich Rado einen groben Plan des Hauses geliefert. Allerdings wollte ich es ihm auch nicht zu leicht machen, weshalb ich ihm ein paar Dinge verschwiegen hatte. Um einen Spruch Kissingers zu zitieren: Mir kam es darauf an, dass beide Seite verloren, Henry und Rado. Ich wollte Tote, mehr als alles andere.
    Henry war alles andere als glücklich über die Invasion. Er ging zum Tisch und schaute finster auf den Umschlag. Sicher, er war wütend, dass es ihm an den Kragen ging, aber das war es nicht allein. Er roch Verrat.
    Hinter der Fassade aus Status und Macht war er ein einsamer Mann. Seine Frau hatte er mehr oder weniger gekauft. Keine Kinder. Außer Arbeit gab es nichts in seinem Leben. Er hatte keine Freunde, nur Komplizen. Vertrauen ergab sich seiner Erfahrung nach lediglich aus dem wackeligen, selbstmörderischen Pakt, dass zwei Menschen um die Leichen im Keller des anderen wussten. Er wollte einen Protegé, einen Sohn, aber niemals würde ich ihm in diese Hölle folgen.
    Er nahm das Kuvert vom Tisch.
    Die Katze im Sack ist eine der ältesten und einfachsten Trickbetrügereien. Man dreht jemandem etwas an, von dem der andere nicht weiß, was dahintersteckt. Ein riskantes und normalerweise ziemlich dummes Spiel. Aber ein paar Dinge sprachen für mich. Mein Vater hatte Marcus’ Grausamkeiten widerstanden und mit dem Tod bezahlt, um den Beweis zu schützen, weshalb Henry annehmen musste, dass ich wirklich etwas in der Hand hatte.
    Doch das war nicht das Einzige. Woran Henry glaubte, war sonnenklar. Wir Schwindler glauben eigentlich an gar nichts. Aber
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