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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition)
Autoren: Matthew Quirk
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Henry Davies mit seinem Großvaterlächeln.
    »Schön, Sie zu sehen, Mike. Ich bin froh, dass Sie sich entschlossen haben, zu uns zurückzukommen.«
    Er wollte einen Deal. Er wollte wieder das Gefühl haben, dass er mich in der Hand hatte. Und genau das fürchtete ich mehr als alles andere – dass ich Ja sagen würde.
    »Ich weiß nicht, wie die Sache so aus dem Ruder laufen konnte«, sagte er. »Das mit Ihrem Vater … das tut mir leid.«
    Tot. Seit gestern Abend. Marcus’ Werk.
    »Wir hatten nichts damit zu tun.«
    Ich sagte nichts.
    »Vielleicht fragen Sie besser bei Ihren serbischen Freunden nach. Wir können Sie schützen, Mike, und wir können die Menschen, die Sie lieben, schützen.« Er sagte, ich solle mich ans Kopfende des Konferenztisches setzen, und kam ein bisschen näher. »Nur ein Wort, und die ganze Sache ist vergessen. Kommen Sie zu uns zurück, Mike. Ein Wort reicht: Ja.«
    Das war das Kranke an all seinen Spielchen, all der Quälerei. Letzten Endes war er tatsächlich der Überzeugung, dass er mir einen Gefallen tat. Er wollte mich zurückhaben, er betrachtete mich als seinen Sohn, als eine jüngere Version seiner selbst. Er musste mich korrumpieren, musste mich besitzen. Ansonsten wäre alles, woran er glaubte, seine ganze verkommene Welt, eine Lüge.
    Mein Vater wählte den Tod, anstatt Davies’ Spiel mitzuspielen. Lieber in Würde sterben als korrupt leben. Er hatte es geschafft. Glatt und sauber. Dieser Luxus wurde mir nicht zuteil. Meine Optionen waren nicht gut. Ich war hier, um dem Teufel die Hand zu schütteln.
    Ich legte den Umschlag auf den Tisch. Darin vermutete Henry Davies das Einzige, wovor er Angst hatte: Beweise für einen fast vergessenen Mord. Sein einziger Fehler. Die einzige kleine Nachlässigkeit in seiner langen Laufbahn. Ein Stück von ihm selbst, das ihm vor über vierzig Jahren abhandengekommen war. Und das wollte er zurück.
    »Das ist echtes Vertrauen, Mike. Wenn zwei Menschen die Geheimnisse des anderen kennen. Wenn sie sich gegenseitig in die Enge getrieben haben. Das Gleichgewicht des Schreckens. Alles andere ist sentimentaler Bockmist. Ich bin stolz auf Sie. Sie spielen das gleiche Spiel, das ich am Anfang auch gespielt habe.«
    Henry hatte mir immer gesagt, dass jeder seinen Preis hat. Meinen hatte er herausgefunden. Wenn ich Ja sagte, dann hätte ich mein Leben wieder – das Haus, das Geld, die Freunde, die ehrbare Fassade, die ich immer hatte haben wollen. Wenn ich Nein sagte, dann wäre alles vorbei. Für mich, für Annie.
    »Nennen Sie mir Ihren Preis, Mike. Ich bin einverstanden. Jeder, aus dem etwas geworden ist, hat auf seinem Weg nach oben so einen Deal gemacht. So läuft das Spiel. Also, was sagen Sie?«
    Es war ein altbekanntes Geschäft. Tausche Seele gegen alle Königreiche und allen Ruhm der Welt. Sicher, man würde noch um Details feilschen. Billig würde ich mich nicht verkaufen, aber das wäre schnell geklärt.
    »Ich gebe Ihnen die Beweise«, sagte ich und tippte mit dem Zeigefinger auf den Umschlag, »und garantiere, dass Sie sich darum nie wieder Sorgen zu machen brauchen. Dafür will ich, dass Rado verschwindet, dass die Polizei mich in Ruhe lässt, dass ich mein Leben zurückbekomme und dass ich gleichberechtigter Partner werde.«
    »Von jetzt an gehören Sie mir«, sagte Henry. »Gleichberechtigter Partner, auch bei der Drecksarbeit. Wenn wir Rado gefunden haben, schneiden Sie ihm die Kehle durch.«
    Ich nickte.
    »Dann sind wir uns einig«, sagte Henry. Der Teufel streckte die Hand aus.
    Ich schüttelte sie und übergab ihm, zusammen mit dem Umschlag, meine Seele.
    Aber das war Bockmist, nur ein weiteres Spielchen. Mit weißer Weste sterben oder korrupt das Leben auskosten. Ich entschied mich gegen beides. Ich hatte nichts in der Hand und versuchte einen Handel mit dem Teufel. Ich hatte nur eine Chance: Ich musste ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen.

1
    I ch war zu spät dran. Ich warf noch einen Blick in einen der riesigen vergoldeten Spiegel, die überall hingen. Unter den Augen hatte ich dunkle Ringe vom Schlafmangel und auf der Stirn eine frische Abschürfung. Ansonsten sah ich aus wie alle anderen aufstrebenden Ehrgeizlinge, die durch Langdell Hall hasteten.
    Das Seminar hieß Politische Strategie. Ich schlüpfte in den Raum. Sechzehn Plätze, Zulassung nur nach Anmeldung. Das Seminar stand im Ruf, ein Sprungbrett für zukünftige Führungspositionen in Finanzwirtschaft, Diplomatie, Militär und Regierung zu sein. Jedes Jahr bat
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