Die 500 (German Edition)
sie auch damit gearbeitet. Ich glaube, die Nordvietnamesen sind dafür verantwortlich, dass Senator McCain heute nicht mehr über die volle Beweglichkeit seiner Arme verfügt.«
Nur eine Sache ist noch schlimmer als Folter: von einem Mann gefoltert zu werden, der sich langweilt. Immer wenn ich es geschafft hatte, in einen Zustand der Halbbewusstlosigkeit abzutauchen oder mich in mein glückliches Heim zu fantasieren, schlafend an einem kühlen Sonntagmorgen, neben mir Annies warmer Hintern, hatte Rado irgendeinen neuen Spaß auf Lager. Glücklicherweise hatten sie mir im Krankenhaus wegen meiner Verbrennungen ein paar hochtourige Schmerztabletten verpasst, von denen ich gleich nach meiner Flucht noch ein paar eingeworfen hatte. Ohne die hätte ich die Morde wahrscheinlich schon gestanden und mich von Rado umbringen lassen. Stattdessen wurden die Schmerzen nur dann unerträglich, wenn sich die Sehnen und Muskeln in meiner Schulter spannten und die Knochen in ihren Gelenken knirschten.
»Wenn man vorsichtig ist, hinterlässt es keine Spuren«, sagte Rado. »Aber es kann ziemlich leicht dazu führen, dass man für immer jegliches Gefühl in den Armen verliert.«
Ich war fast erleichtert, als er zu reden aufhörte und hinter meinem Rücken verschwand.
»Sie wollen Henry«, sagte ich. »Und Henry will mich.«
Rado kam mit einem Filetiermesser zurück, das so dünn und scharf wie ein Skalpell war. Mit schnellen Schnitten entfernte er einen Hemdknopf nach dem andern, durchschnitt dann den Stoff und entblößte meine Brust.
»Was Sie sagen, ist logisch. Aber wie Sie wissen, brauche ich eine Bestätigung für Ihre Aussage. Vertrauensseligkeit gehört nicht zu meinen Stärken.«
Mit der kalten Messerspitze piekte er mir ein paar Zentimeter über dem Bauchnabel in die Haut.
»Sie haben von der Herzgeschichte gehört?«, fragte er beiläufig.
»Ja«, sagte ich.
»Direkt durch die Brustplatte ist zu aufwendig.« Er schlug mir mit der Faust auf die Brustplatte, als hämmerte er gegen eine Tür.
»Das Opfer bleibt bei Bewusstsein und kann länger an dem Erlebnis teilhaben, wenn man unter dem Brustbein anfängt. Das nennt man subxiphoidaler Schnitt.«
»Ich biete Ihnen einen Deal an«, sagte ich. »Wir können uns gegenseitig helfen.«
»Abwarten«, sagte Rado und drückte mir das Messer in die Haut. Als er mit zwei Fingern der anderen Hand die Haut auseinanderzog, teilte sie sich sauber unter dem Messer.
Ich verbrachte eine lange Nacht mit Rado. Und das war nur die erste Station.
Am nächsten Tag, einem blauen Frühlingsmorgen, fuhren mich Rado und eine Handvoll seiner Lieblingslakaien zur Villa der Davies Group nach Kalorama, wo ich einen Termin bei Henry hatte. Ich glaube, das ist ungefähr der Zeitpunkt, als ich mit der Erzählung meiner Geschichte begonnen habe. Mein Herz war vorläufig noch intakt.
Als sie mich aussteigen ließen, zeigte mir Alex seine Sig Sauer. Als wäre der Wink mit der Knarre noch nicht genug, tupfte sich der auf der Rückbank sitzende Rado, der immer noch Appetit auf mein Herz hatte, mit einer Serviette die Mundwinkel ab, um zu unterstreichen, was für mich auf dem Spiel stand.
Sie warteten um die Ecke, während ich meinen malträtierten Körper zum Eingang der Villa schleppte. Die Davies Group hatte für das Feiertagswochenende geschlossen, anwesend waren nur Henry, Marcus und das Sicherheitsteam, das in den Teilen der Villa seiner Arbeit nachging, die der ehrbare Besucher nie zu Gesicht bekam.
Marcus empfing mich am Eingang. Ich sah die Zahnlücke, die mein Vater ihm beigebracht hatte, und unterdrückte ein Lächeln. Als ich durch den Metalldetektor ging, piepste es, und Marcus schaute mich interessiert an. Ich wurde gefilzt, dann musste ich mich ausziehen. Sie suchten nach Waffen und Wanzen. Henry war schlau genug, um sich nicht von elektronischem Gerät überrumpeln zu lassen.
Als Marcus meine Taschen durchsuchte, förderte er zwei gefälschte Zugangsausweise und noch etwas zutage, von dem ich gar nicht gewusst hatte, dass ich es bei mir trug: akkurat zusammengefaltete Pläne für ein Haus, die mein Vater, Taschenspieler bis zum Schluss, mir im Krankenhaus zugesteckt haben musste.
Sogar Marcus zuckte zusammen, als ich mein Hemd auszog. Der Schnitt war etwa zehn Zentimeter lang und die Haut um das Metall herum faltig. Rado hatte nicht tief geschnitten. Nachdem er die Wunde mit einem Bürohefter zusammengetackert hatte, hatte sie schnell aufgehört zu bluten.
Hinter mir lag eine
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