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Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt

Titel: Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt
Autoren: Jude Watson
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ganze Zeit gewesen. Wenn sie wie vor Angst erstarrt war, hatte sich Dan um alles gekümmert. Er war viel mutiger als sie.
    Er wurde einfach mit allem fertig.
    »Es gibt einen Grund, warum ich dir nicht vom Mord an Mama und Papa erzählt habe«, sagte sie zögernd. »Und der war nicht, dass ich dir nicht vertraut hätte. Es lag daran, dass ich mich an etwas erinnert habe, was ich getan habe. Ich wollte nicht, dass du es weißt. I-ich wollte nicht, dass du mir die Schuld gibst.«
    Er warf ihr einen fragenden Blick zu.
    »In jener Nacht, der Nacht des Brandes … war ich noch wach, als die Fremden kamen. Ich hörte sie unten reden. Ich horchte
an der Tür. Sie fragten Mama und Papa, wo sie gewesen waren. Sie haben sie immer wieder gefragt.« Amy schwieg kurz, doch dann sprudelten die Worte aus ihr heraus. »Ich hatte Angst. D-deshalb bin ich nach unten gelaufen. Eine Frau nahm mich hoch. Isabel. Sie sagte etwas von Teddybären auf meinem Nachthemd, und ich habe gesagt, das seien Koalas. So haben sie es alle erfahren.«
    Dann schüttelte den Kopf. »Was erfahren?«
    »Dass Mama und Papa in Australien gewesen waren, um nach Robert Cahill Henderson zu suchen. Und sie müssen herausgefunden haben, dass sie etwas gefunden hatten. Denn später, als sie draußen waren, sagte Isabel: Sie haben ihn in Australien aufgespürt, nicht wahr? Darum müssen wir uns heute Nacht noch kümmern .«
    »Glaubst du wirklich, dass sie etwas von ihrer Reise mitgebracht haben? Und dass Papa danach gesucht hat?«
    »Was machst du, wenn dein Haus brennt?«, fragte Amy.
    »Du rettest das Wertvollste, was du hast. Deshalb hat Mama uns gerettet und Papa hat etwas gesucht.«
    »Vielleicht hat jemand Feuer gelegt, um zu sehen, was geschieht. Vielleicht ist es schiefgegangen. Aber es hätte gar nicht gebrannt, wenn ich ihnen nicht verraten hätte, dass Mama und Papa in Australien waren! Wenn ich nicht so ein … Besserwisser gewesen wäre!«
    Amy vergrub das Gesicht in den Händen. Sie schluchzte. Ihre Schultern zuckten. Sie hatte das Gefühl, als müsse sie bis in alle Ewigkeit weiterweinen. Sie weinte all ihren Kummer und ihre Scham heraus, aber sie würden nie ganz verschwinden. Es würde nie ein Ende haben.

    »Amy. Standpauke. Sofort.«
    Sie hob den Kopf und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. »Was?«
    »Darf ich mal was klarstellen? Du sagst, weil du Koalas auf deinem Nachthemd hattest, sind unsere Eltern gestorben?«
    »Na ja …«
    »Das ist Blödsinn. Unsere Eltern sind gestorben, weil unser Haus gebrannt hat. Du hast es nicht angezündet. Einer unserer lieben, treu ergebenen Verwandten hat das getan. Du glaubst wahrhaftig, weil du das magische Wort gesagt hast, hast du alles entschieden? Wir reden hier über Cahills . Die hätten sich durch nichts und niemanden von ihren Plänen abbringen lassen.«
    Der Spott in Dans Stimme nahm Amy die Angst. Wenn Dan versucht hätte, sie zu trösten, wenn er sie beschwichtigt hätte, wäre sie wieder in Tränen ausgebrochen. Sein blasses Gesicht war noch immer rußverschmiert. Er sah müde aus, erschöpft, traurig. Und aufrichtig.
    »Du bist eine echt gruselig abgedrehte Schwester«, erklärte Dan.
    Am liebsten hätte sie ihn umarmt, aber sie wusste, dass ihn das auf die Palme gebracht hätte. Stattdessen zog sie die Knie an und umklammerte sie. Sie spürte, wie sich ihre Scham aufzulösen begann. Dan sah alles ganz klar. Wenn er nicht glaubte, dass sie schuld war … war sie es vielleicht auch nicht. Sie hatte die Worte ausgesprochen, sie hatte jede Erinnerung ausgegraben, und sie hatte sich nicht unterkriegen lassen.
    Anstatt alles schlimmer zu machen, wenn sie die Erinnerung laut aussprach, war genau das Gegenteil geschehen. Sie war jetzt stärker .

    »Irina hat im Tunnel noch etwas anderes gesagt«, fuhr sie fort. »Sie hat mich gefragt, warum Mama ins Haus zurückgerannt ist. War es nur wegen Papa? Was könnte wichtiger sein als ihre Kinder?«
    »Das Schicksal der Welt?«, scherzte Dan.
    Doch sein Grinsen erstarb, als er Amys ernsten Blick sah.
    »Das Schicksal der Welt«, wiederholte sie.
    Eine Minute lang sagten sie gar nichts. Es schien unmöglich, jetzt darüber nachzudenken, angesichts des rosafarbenen Horizonts und des immer heller werdenden blauen Meeres. Unmöglich, darüber nachzudenken, dass die Zukunft der großen weiten Welt um sie herum … von ihnen abhing.
    »Ich glaube, ich weiß, wonach sie gesucht haben«, sagte Dan schließlich. »Das Gedicht.«
    »Und Alistair hat es
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