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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus
Autoren: Osman Engin
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wirklich ein Hammer ist: dass eine Sekunde nach Schließung der Wahllokale schon die Ergebnisse feststehen«, mische ich mich ein, damit sie mit dem Schwachsinn aufhören und sich auf unseren Ritt konzentrieren. »Ich weiß nicht, wiedie das schaffen? Ob das Ergebnis vielleicht vor der Wahl feststeht wie früher in der DDR? Aber sonst ist die ganze Veranstaltung so spannend wie eine tote Mücke, die an der Hotelwand klebt …«
    Aber die tote Mücke kriegt Nummer 2 nicht mehr mit, weil er schon brutal aufs Wasser geklatscht ist. Vor etwa zehn Sekunden hatte sich unsere Banane in Bewegung gesetzt und schon küsst er eine leere, weggeworfene Zigarettenschachtel im Meer. Das Letzte, was er von sich geben konnte, bevor er in hohem Bogen ins Wasser flog, war:
    »Alta, wenn du wüsstest, wie die Nazis ab…«
    Was wollte er mir denn mit Nazis sagen?
    »Alta, wenn du wüsstest, wie die Nazis ab… serviert worden sind?«
    »… ab… solut chancenlos waren?«
    »… ab… in die Wüste geschickt wurden?«
    »… ab… sackten?«
    Und schon landet auch der andere Möchtegern-Kauboy ziemlich unsanft im Wasser. Unser geldgieriger Abschleppdienst gibt sich alle Mühe und denkt sich sehr gemeine Tricks aus, um uns von seiner Plastikbanane wie lästige Parasiten abzuschütteln, damit er sich neue Deutschlinge aufladen kann. Denen sitzen die Euros nämlich viel lockerer in der winzigen Badehosentasche als den Einheimischen die türkischen Liras. Viele können sich nicht mal eine richtige Badehose leisten und springen mit schlabberigen Baumwollunterhosen ins Wasser.
    Aber ich wehre mich sehr tapfer gegen meinen drohenden Untergang und versuche, ihm das Geschäft so lange wie möglich zu vermiesen. Dabei kommt mir mein dicker Bauch sehr zu Hilfe, weil er die Banane nahezu manövrierunfähig macht.
    In diesem Moment sehe ich, wie die beiden Muttersöhnchen, die sich nur wenige Sekunden halten konnten, schon wieder auf eine andere Banane klettern.
    Sobald ich in deren Nähe bin, lasse ich mich gekonnt abwerfen und steige sofort bei den beiden auf, um den Satz mit den Nazis zu Ende zu hören.
    Aber bevor ich sie befragen kann, hat der Erste nach sieben Sekunden einen erneuten Bananenwechsel hinter sich. Von unserer Plastikbanane hebt er hochkant ab und klatscht mit dem Gesicht zielsicher auf eine vergammelte Bananenschale im Wasser.
    Damit meine zweite Fahrt kein rausgeschmissenes Geld ist, brülle ich zu seinem Kumpel:
    »Junge, was wolltet ihr denn eben damit sagen, ›Alta, wenn du wüsstest, wie die Nazis ab…‹?«
    »Alta, lebst du auf dem Mond, oder was? Die ganze Welt redet doch seit zwei Tagen nur noch darüber, wie die Nazis abge…«
    Paaaatschh!! Na toll!!!
    Und schon vollzieht auch er den fliegenden Bananenwechsel. Wobei er mehr Geschmack beweist und sich als Landeplatz anstatt einer vergammelten Bananenschale lieber eine relativ hübsche Frau ausgesucht hat – und von der sofort eine gescheuert kriegt.
    Er hat Glück im Unglück und kann froh sein, dass ihre 7 Brüder wohl gerade selber damit beschäftigt sind, andere Frauen zu belästigen.
    Dieser Idiot hat doch tatsächlich nur eine einzige Silbe mehr rausbekommen als sein Kumpel. Meine ganze Investition hat sich ja überhaupt nicht gelohnt für zwei mickrige Buchstaben!
    Was wollte er denn sagen?
    »… wie die Nazis abge… straft worden sind?«
    »… abge… stürzt sind?«
    »… abge… kackt haben?«
    Ich hoffe, alles auf einmal!

6 Ich torkele wie ein Hürdenläufer zu meinem winzigen Handtuchplatz zurück, um mich zu den anderen schwitzenden Ölsardinen zu legen, und sehe schon von Weitem, dass mein Handtuch leider schon besetzt ist. Hier bekommt der Satz ›Schwimmen auf eigene Gefahr‹ eine ganz neue Bedeutung.
    Aber was ist denn das?
    Obwohl es an diesem Strand nicht mal für die lebendigen Zweibeiner ein bisschen Platz zum Sonnen gibt, haben sie für eine alberne, komische Statue mit dickem Hintern schon einen Platz gefunden – meinen nämlich!
    Eine dämliche Kunstfigur in gebückter Haltung, die Hände verkrampft nach oben gerichtet, was wohl demonstrativ signalisieren soll: ›Hallo, ich springe gleich ins Wasser!‹  – um auch dem letzten Dorftrottel klarzumachen, dass er sich hier an einem Badestrand befindet.
    Wie einfallsreich!
    Als würden das viele schmutzige Wasser, die schwitzenden Sardinen, die kreischenden Blagen, die halb nackten Weiber, die sabbernden Kerle und die brutalen Börek-Verkäufer nicht genügend Hinweise liefern.
    Bei
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