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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus
Autoren: Osman Engin
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gespannt, wo seid ihr denn jetzt?«, fragt mein Kumpel Hans listig, als hätte er meinen Trick bereits durchschaut.
    »Hans, du hast uns in London erwischt, gerade habe ich den Beckhäm mit seiner Frau Speisgörl gesehen«, rufe ich geistesgegenwärtig und schnappe mir den Sohn von Bilal, der als Einziger in unserem Dorf Englisch kann.
    »Junge, labere ihn mit so viel Englisch voll, wie du kannst. Dafür kriegst du von mir eine Cola«, flüstere ich ihm zu.
    Als ich ihm nach einer Viertelstunde mein Händy aus der Hand reiße, hat Hans bereits aufgelegt …

4 Eine Woche später fahre ich mit meiner Frau ans Ägäische Meer in ein Ollinklusiv-Hotel, um in der prallen Sonne unsere Bäuche von innen vollzuschlagen und von außen knackig braun zu grillen.
    »Also für meinen Geschmack sind in diesem Jahr eindeutig zu viele Türken in der Türkei«, ruft meine Frau ziemlich genervt, während sie sich eincremt.
    »Wie bitte? Du meinst wirklich, dass es in der Türkei zu viele Türken gibt?«, frage ich ganz schön überrascht und denke, dass sie mit dieser Bemerkung wohl die wichtigsten Voraussetzungen für einen deutschen Pass erfüllt hat.
    »Ja, diese Menschenmassen am Strand machen mich wahnsinnig! Wie soll man sich denn so erholen können?«, meckert sie völlig verschwitzt mit hochrotem Kopf.
    »Eminanim, du hast recht, hier sind ja viel mehr Türken als in Deutschland.«
    »Ich mache nie wieder Urlaub hier!«
    »Aber ich warne dich, bevor du womöglich aus purer Verzweiflung deinen Urlaub in Griechenland verbringen willst: In Griechenland soll es angeblich viele Griechen geben! Obwohl die Hälfte von denen nach der Pleite des Staates ausgewandert ist.«
    »Osman, mach du dich nur lustig über mich. Siehst du nicht selber, wie voll dieser Strand plötzlich ist? Früher hatten wir diese Bucht ganz für uns alleine. Jetzt liegen wir hier wie die Ölsardinen. Ich kann mich auf meinem Badetuch nicht mal umdrehen, obwohl ich am Bauch bereits Verbrennungen dritten Grades habe!«
    »Mir geht’s doch genauso. Seit zwei Stunden traue ich mich auch nicht, mich umzudrehen, weil ich befürchte, den alten Opa neben mir plattzumachen.«
    Wir hatten uns vor 12 Jahren diesen winzigen Strand in Akçay ausgesucht, weil wir wenigstens im Urlaub keine Deutschen, keine Russen, keine Türken, besser gesagt, überhaupt keine Menschen mehr sehen wollten. Die ganzen Jahre war es herrlich – nur ein paar sturzbesoffene, knallrote Engländer und wir!
    »Und noch dazu tragen hier alle Männer so eine hässliche Wampe spazieren wie du«, motzt sie weiter. Wenn meine Frau erst mal in Fahrt kommt, ist sie schwer zu stoppen.
    »Eminanim, ein Mann ohne einen anständigen Bauch ist doch wie ein Haus ohne Balkon. Und wer will schon bei der Hitze ein Haus ohne Balkon haben?«
    »Du hast wohl einen Sonnenstich! Wenn ich die ganzen schwitzenden Kerle mit ihren dicken Bäuchen hier unbedingt mit irgendwas vergleichen müsste, dann käme ich wohl als Allerletztes auf ein Haus mit Balkon.«
    »Worauf kämst du als Erstes?«
    »Auf Hängebauchschweine!«
    Bei Allah, so unrecht hat Eminanim leider nicht!
    Seit einigen Minuten habe ich auch diesen schrecklichen Verdacht mit dem Sonnenstich. Habe aber tapfer die Zähne zusammengebissen und wollte es verdrängen.
    Bevor wir in die Türkei fuhren, hatte ich mich logischerweise über diese heimtückische Urlaubskrankheit Ictus solis und noch ein paar Dutzend andere landestypische Krankheiten ausführlich informiert und mehrere Tuben Creme mit Lichtschutzfaktor 50 gekauft.
    Der Volksmund nennt diese gemeingefährliche, extrem tödliche Krankheit salopp: Sonnenstich!
    Schuld daran sind nur die sich harmlos anhörenden Anzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühle usw.
    Aber das sind nur die Vorboten! Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine oder mehrere der von der höllischen Hitze aufgequollenen Adern im Gehirn qualvoll platzen und das ganze aufgestaute Blut danach aus mir herausströmt.
    Mein Herz rast – mir ist so was von schwindelig! Ich glaube, jetzt ist es so weit! Ich sehe meinen kostbaren Lebenssaft an meinem Gesicht förmlich herunterfließen!
    »Osman, bei dir fließt der Schweiß ja in Strömen, geh duschen«, ruft meine Frau gefühllos.
    »Duschen hilft nichts, das ist doch nicht die Krätze! Leb wohl«, röchele ich.
    »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dieses billige rote Käppy nicht kaufen. Die Farbe läuft bereits aus und du siehst wie ein außerirdisches Älien aus!«
    Zum
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