Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus
Autoren: Osman Engin
Vom Netzwerk:
Eltern.«
    Doch dann hatte ich eine tolle Idee und rief:
    »Aber danke für den tollen Tipp, mein Freund. Ich werde in diesem Sommer doch eine Weltreise machen. Wir fangen in London an, dann Paris, Madrid, Barcelona, Rom, und wenn wir noch ein paar Tage Zeit haben, dann nach Japan oder Amerika. Kommt drauf an, wo in der Woche vorher weniger Atomkraftwerke explodiert sind.«
    Aber anstatt über meine Weltreise voller Bewunderung große Augen zu machen, meinte der Hundesohn locker und listig wie immer:
    »Osman, bring mir doch bitte von überall ein kleines Andenken mit!«
    »Was für ein Andenken denn? Denkst du, bei so einer anstrengenden Reise werde ich Zeit haben, an dein Andenken zu denken?«
    »Nur eine Kleinigkeit eben!«
    »Ja gut, wenn du unbedingt willst, bekommst du«, riefich gönnerhaft und wusste schon in dem Moment, dass uns nach dem Urlaub eine Tasche am Flughafen geklaut wird. Und wie der Zufall so will, gerade die mit den 20 Kleinigkeiten aus allen Hauptstädten der Welt, die ich ganz speziell für Hans gekauft hatte …
    »Die Bordkarten bitte!«, reißt mich die uniformierte Dame aus meinen tiefschürfenden Gedanken.
    »Bordkarten? Wofür?«, stammele ich verwirrt.
    »Weil wir jetzt in ein Flugzeug einsteigen, Osman! Du hattest doch die Bordkarten«, wird meine Frau sofort hysterisch.
    »Meinst du? Hier habe ich eine deutsche Zeitung, hier eine türkische Zeitung, hier ist die große Packung Tabletten, die du mir wegen meiner Flugangst gekauft hast …«
    »Und Bordkarten?«
    »Wie sehen die denn aus?«
    Meine Frau macht auf der Stelle wütend kehrt und geht die Karten suchen.
    »Können wir denn nicht ohne Bordkarte fliegen?«, frage ich die Dame in Uniform.
    »Nein, Sie dürfen ja ohne Führerschein auch kein Auto fahren«, zischt sie vorwurfsvoll.
    »Ich will das Flugzeug doch nicht fahren, geschweige denn fliegen«, sage ich leicht ironisch.
    »Das mit dem Führerschein war kein guter Vergleich«, wird sie auch noch von ihrer Kollegin getadelt.
    »So schlecht war der Vergleich auch wieder nicht«, stehe ich ihr bei, damit sie mich doch ins Flugzeug lässt, »obwohl ›ohne Ticket ins Kino‹ wäre wohl etwas passender gewesen«, füge ich hinzu.
    »Woher soll ich denn wissen, dass Sie kein Terrorist sind«, kommt ganz schön gereizt als Antwort.
    »Sehe ich etwa wie ein Terrorist aus?«
    »Ja, genau so sehen Sie aus! Ich habe doch tagtäglich mit denen zu tun!«
    Kurz bevor sie mich festnehmen lässt, kommt zum Glück meine Frau mit den Bordkarten in der Hand eilig zurück.
    »Im Zeitungsladen hat mein Mann sie liegen lassen«, verkündet sie genervt, »irgendwann wird er sich noch selber irgendwo vergessen!«
    Weil ich ein Mensch bin, der in jeder noch so misslichen Situation grundsätzlich das Positive sehen will (außer es geht um schreckliche Krankheiten), freue ich mich darauf, dass dieser Vorfall sich beim Hinflug ereignet hat und nicht beim Rückflug, wo mein Onkel Ömer dabei sein wird. Das strahlende Bild seines allseits beliebten Neffen, der von allen Deutschen geradezu angehimmelt wird, würde wohl klitzekleine, unschöne Kratzer bekommen.
    Seit Jahren schwindle – ich meine – schwärme ich ihm vor, wie lieb mich doch die Deutschen haben. Ja, dass ich sogar wie alle türkischen Arbeiter in Deutschland regelrecht verehrt werde wie ein Popstar.
    »Osman, wegen deiner bescheuerten Flugangst hetzt du wie ein kopfloses Huhn durch die Gänge. Entspann dich doch ein bisschen«, versucht meine Frau mich zu beruhigen.
    »Ich glaube, ich muss noch ein paar Valium-Tabletten einwerfen«, stimme ich ihr zu.
    »Schau, was ich gerade für dich gekauft habe, damit du etwas zum Lachen hast«, kichert sie und reicht mir ein dickes Buch mit dem Titel ›Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt‹. »Das sind lustige Geschichten übers Fliegen!«
    »Wieso hast du mir nicht ein Buch über die lustigsten Flugzeugabstürze der letzten 2000 Jahre gekauft?«, frage ich leicht angefressen.
    »Oh, mein Gott, das ist aber witzig«, lacht sie kurze Zeit später, während ich mit zitternden Händen vergeblich versuche mich anzuschnallen. »Osman, hör dir das mal an: Vor dem Abflug sagte die Stjuardess: ›Da wir heute über Wasser fliegen, müsste ich Ihnen normalerweise noch Hinweise zur Wasserlandung geben. Laut Statistik beträgt die Chance, eine solche Landung zu überleben, weniger als ein Prozent. Daher spare ich mir heute die Gymnastik.‹ Hahaha …«
    »Wirklich sehr witzig, die Frau verschwendet als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher