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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus
Autoren: Osman Engin
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1 »Mein Freund, komm bald wieder, Deutschland freut sich auf dich!«
    Mein Kumpel Deutschland, du brauchst mich darum nicht extra zu bitten, in vier Wochen stehe ich ohnehin wieder hier am Bremer Flughafen auf der Matte, besser gesagt, auf den frisch gebohnerten, blitzsauberen Fliesen!
    Aber es freut einen ungemein, dass man von Freunden mit Freude zurückerwartet wird. Selbst wenn dieses riesige, schicke Plakat in der Abflughalle vermutlich nicht ausschließlich für mich aufgestellt worden ist. Aber man könnte es glatt meinen, weil die bildhübsche blonde Dame auf dem Foto die ganze Zeit mit dem Finger unmissverständlich nur auf mich zeigt.
    Auf meinen Lieblingsonkel Ömer sollten sich Deutschland und diese Blondine auf jeden Fall freuen. Diesmal konnte ich ihn nämlich nicht abwimmeln, er will sich die ›tolle zweite Heimat seines Neffen Osman‹ unbedingt mal ansehen, bevor er sich seine Möhren für immer von unten anguckt, wie er mitleidheischend sagte. Er denkt, dass es meine zweite Heimat ist, ich persönlich würde Deutschland einen ganzen Platz weiter oben einstufen. Ich hätte wohl all die Jahre in der Türkei mit ›meinem‹ ach so hübschen, zivilisierten, demokratischen und Was-weiß-ich-noch-Deutschland nicht zu viel prahlen sollen! Aber woher sollte ich denn wissen, dass mein uralter Onkel Ömer sich mit seinen fast 70 Jahren noch der Tortur einer so langen Reise aussetzen würde?
    Okäy, für deutsche Verhältnisse ist 70 noch kein richtiges Alter!
    Hier sind die ganzen Diskos voll mit glatzköpfigen und dickbäuchigen 60- bis 70-Jährigen, die bis frühmorgens 14bis 15-jährige Tiinis anbaggern. Aber in der Türkei ist man in dem Alter normalerweise bereits seit 20 Jahren mit einem Bein im Grab und seit 10 Jahren mit eineinhalb Beinen! Und mit nur halbem Bein kann man selbstverständlich in Diskos keinen 15-jährigen Tiinis mehr hinterherlaufen. Besser gesagt, man kann überhaupt nicht mehr laufen. Dafür kauft man die armen Mädels einfach ihren Eltern ab, heiratet sie und lässt sie für sich laufen! Okäy, das ist viel mehr eine afghanische und arabische Spezialität – aber in der Türkei gibt es auch immer mehr Nachahmer dieser Mode.
    »Sie sollten unbedingt nach NewYork fliegen, um sich das World-Träit-Center-Denkmal aus der Nähe anzuschauen, damit Ihnen klar wird, was Ihre durchgedrehten Landsleute am 11. September dort Schlimmes angerichtet haben«, spricht mich in dem Moment irgendein Kerl unvermittelt von der Seite an, als ich gerade etwas verschämt durch den unangenehmen Nacktskenner will und dementsprechend kräftig meinen dicken Bauch einziehe, damit die beiden bildhübschen Polizistinnen, die auf der anderen Seite vor dem Computer hocken, meinen fetten Bauch nicht in vollem Umfang zu sehen bekommen.
    »Vielen Dank für den guten Tipp«, antworte ich etwas kurzatmig und ziehe meinen Bauch noch doller ein. Glücklicherweise habe ich auf dem Gebiet jahrelange Erfahrung! Auf dem Gebiet des ›kräftig Baucheinziehens‹ meine ich. Jeden Sommer in der Türkei am Strand muss ich diesen genialen Trick wegen der vielen Bikini-Mädels alle fünf Minuten vorführen.
    »Sie sollten trotzdem nach NewYork fliegen und sich das Werk Ihrer kranken Brüder mal aus nächster Nähe anschauen«,drängt mich mein neuer persönlicher Touristenführer weiter zu einer New-York-Reise.
    »Osman, jetzt geh doch endlich durch die verdammte Schranke! Du hältst den ganzen Verkehr auf! Du brauchst auch nicht die ganze Zeit die Luft anzuhalten«, motzt mich plötzlich von der anderen Seite auch noch mein Eheweib Eminanim an.
    »Das ist aber jetzt unfair! Zwei gegen einen«, stöhne ich. »Eminanim, lass mich doch erst mal diesem netten Mann antworten, der uns unbedingt in die USA einladen will!«
    »Du hast jetzt erst mal Sendepause, dem netten Herrn antworte ich für dich«, zischt sie und knöpft sich meinen armen, etwas beleibten Möchtegern-Reiseführer vor: »Mein Herr, besuchen Sie doch erst mal die hiesigen katholischen Internate und schauen Sie, was Ihre Priester-Brüder dort angestellt haben! Und wenn Sie damit fertig sind, dann fahren Sie nach Ostdeutschland und gucken Sie, was die dortigen Perversen alles in den DDR-Kinderheimen angestellt haben!«, ruft sie wie aus der Pistole geschossen. Und ich bin heilfroh, dass sie, aufgewühlt wie sie ist, nicht mit der richtigen Pistole geschossen hat, die die Polizistin neben ihr so locker an der Hüfte trägt.
    Warum sind eigentlich alle Polizistinnen in
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